Ein Arzt spricht mit einem Patienten
Eine neue Studie zeigt: Wer 2020 an Corona erkrankte, hat auch zwei Jahre später noch mehr Gesundheitsprobleme als jemand, der damals nicht erkrankte. Bildrechte: IMAGO / Pond5 Images

Nach Covid-19 Frühe Corona-Patienten haben auch zwei Jahre später mehr Gesundheitsprobleme

27. August 2023, 09:57 Uhr

US-Daten deuten an: Viele Corona-Infektionen, besonders zu Beginn der Pandemie, haben die Gesundheit der Betroffenen langfristig geschädigt. Die Belastungen für die Gesundheitssysteme könnten größer sein als bei Krebs.

Autorenfoto von Clemens Haug
Bildrechte: Tobias Thiergen/MDR

Eine schwere Virusinfektion kann die Gesundheit langfristig beeinträchtigen, besonders dann, wenn es einem Menschen schon zuvor nicht gut gegangen ist. Viele Wissenschaftler befürchteten deshalb schon früh, dass die Corona-Pandemie langfristige Folgen für die Gesundheitsversorgung haben würde.

Nun, knapp dreieinhalb Jahre nach der weltweiten Verbreitung von Sars-CoV-2, wird das Bild etwas deutlicher. Zumindest für bestimmte Bevölkerungsgruppen wie ältere Männer geben die vorhandenen Daten deutliche Hinweise: Eine Covid-19 kann auch lange nach dem Ausheilen der Infektion das Risiko verschiedener Erkrankungen deutlich erhöhen. Neben den mit Long-Covid verbundenen Symptomen wie Fatigue oder Konzentrationsschwierigkeiten sind das auch Diabetes, Depressionen oder Herzattacken.

Analyse von Veteranen, die 2020 an Corona erkrankt waren

Das Team um den Epidemiologen Ziyad Al-Aly von der Washington University in St. Louis hat die Datenbank des US-Veteranensystems ausgewertet. Wer in den USA beim Militär gedient hat, ist darüber ein Leben lang krankenversichert. Und da dieses System alle Diagnosen speichert, ist der Datensatz eine ergiebige Quelle, um verschiedene Gesundheitsfragen statistisch auszuwerten.

Für die Studie, die jetzt in Nature Medicine erschienen ist, betrachteten Al-Aly die Gesundheitsakten von rund 140.000 Personen, die im Jahr 2020 eine offiziell nachgewiesene Sars-CoV-2-Infektion hatten. Dabei interessierten sich die Forschenden für insgesamt achtzig Diagnosen verschiedener Krankheiten von Fatigue über Herzkrankheiten und Alzheimer bis ganz allgemein zum Risiko, in einem Krankhaus behandelt zu werden.

Für diese 140.000 Menschen (Altersschnitt über sechzig Jahre, neunzig Prozent Männer) suchten die Forschenden im Datensatz nach sechs Millionen Vergleichspersonen, deren Alter, Geschlecht und andere Merkmale übereinstimmten – bis auf den Umstand, dass bei diesen Menschen im ersten Jahr der Pandemie kein Corona diagnostiziert wurde.

Auch zwei Jahre nach Corona deutlich häufiger Diagnosen weiterer Erkrankungen

Der Vergleich zeigte, dass die Covid-19 Patienten in den drei Monaten nach der Infektion ein deutlich erhöhtes Risiko hatten, mentale und psychische Probleme zu bekommen, darunter Depressionen. Sie erlitten häufiger Herzversagen, erkrankten an Diabetes oder an der Alzheimer-Krankheit und starben insgesamt auch häufiger.

Auch zwei Jahre nach der Diagnose gab es in der Gruppe der Corona-Patienten mehr Menschen mit Gesundheitsproblemen als in der Kontrollgruppe. Diejenigen, die wegen Covid-19 im Krankenhaus behandelt worden waren, hatten bei über zwei Dritteln der achtzig Krankheitsbilder ein erhöhtes Risiko auf eine positive Diagnose. Darunter war eine fünfzig Prozent größere Wahrscheinlichkeit, eine Herzattacke erlitten zu haben und sogar ein doppelt so großes Risiko, an Alzheimer zu erkranken.

Studienautoren: Belastung für Gesundheitssysteme bis zu 50 Prozent höher als bei Krebs

Bei Personen, deren Corona-Infektion nicht im Krankenhaus behandelt wurde, waren die Risiken immerhin noch bei einem Drittel der insgesamt achtzig Diagnosen erhöht. Hierzu gehörte unter anderem ein 13 Prozent höheres Risiko, Diabetes zu entwickeln.

Aus ihrer Analyse ziehen die Forschenden den Schluss, dass die aktuelle Belastung der Gesundheitsversorgung um bis zu fünfzig Prozent größer sein könnte als durch Krebs- oder Herzerkrankungen. Forschende, die nicht an der Studie beteiligt sind, warnten allerdings vor diesem Schluss.

Unabhängige Forscher: Daten aus Studie nicht direkt übertragbar auf Allgemeinheit

So seien die statistischen Daten zwar sauber analysiert worden, berichtet Science News. Aber die Gruppe der Veteranen sei aufgrund ihrer Struktur (vor allem ältere Männer) nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. Noch schwerer wiege, dass hier nur solche Patienten betrachtet wurden, die zu Beginn der Pandemie erkrankten und deshalb einerseits keinen Impfschutz hatten, andererseits mit der damals noch viel gefährlicheren Wildtyp-Variante des Virus infiziert waren.

Wahrscheinlich ist deshalb, dass Langzeitfolgen durch eine Erkrankung im Lauf der Pandemie immer weiter abgenommen haben. Darauf deutet auch eine weitere Auswertung von Daten des US-Veteranensystems hin, die jetzt im Fachmagazin JAMA Internal Medicine erschienen ist.

Zweite Studie: Allgemeines Sterberisiko zwei Jahre nach Corona wieder normal

Theodore Iwashyna und Team verglichen dafür über 200.000 Personen, die sich zwischen März 2020 und April 2021 mit Covid-19 angesteckt hatten, mit einer Kontrollgruppe von etwa einer Millionen Patienten ohne Corona-Diagnose in diesem Zeitraum. Dabei zeigte sich, dass die allgemeine Sterblichkeitsrate bei den Betroffenen mit 8,7 Prozent etwa doppelt so hoch lag wie bei den nicht Erkrankten (4,1 Prozent). Doch die allermeisten dieser zusätzlichen Todesfälle ereigneten sich in den ersten drei Monaten nach der Infektion. Danach nahm das Risiko immer weiter ab und war nach einem halben Jahr bis zwei Jahre nach der Erkrankung wieder ähnlich wie bei der Kontrollgruppe.

Links/Studien

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 12. Juli 0023 | 14:41 Uhr

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