Covid-19 Corona-Impfstoffrennen: Mainzer RNA-Mittel zu 90 Prozent wirksam
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16. November 2020, 13:31 Uhr
Es klingt nach einem Durchbruch im Rennen um einen Impfstoff gegen das neue Coronavirus: Die deutsche Firma Biontech aus Mainz und ihr US-Partner Pfizer melden, ihr RNA-Impfstoff sei zu 90 Prozent wirksam. Was genau heißt das und wie werten andere Spezialisten die Mitteilung aus dem Hause Biontech/Pfizer?
Ein Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus scheint in greifbarer Nähe zu sein. Wie die Mainzer Firma Biontech und der US-Pharmakonzern Pfizer mitteilten, ist der Impfstoffkandidat BNT162b2 bei 90 Prozent der Probanden ohne vorherige Sars-Cov2-Infektion wirksam. Demnach war 28 Tage nach der Verabreichung des Stoffes, der in zwei Dosen gegeben wird, ein Virusschutz nachweisbar. Obwohl es sich nur um eine Zwischenergebnis handelt, spricht man bei Pfizer und Biontech von einem Durchbruch. Die Phase-3-Studie, also der letzte Schritt für die Entwicklung zu BNT162b2, hatte Ende Juli begonnen. Seither haben 38.955 Personen die zweite Dosis des Impfstoffs erhalten.
In insgesamt 120 Studienzentren wurde dazu der Stoff an Menschen zwischen 18 und 85 Jahren ausgegeben. Das neue am Ansatz der Mainzer Firma: Es handelt sich um einen RNA-Impfstoff, der nicht mit abgeschwächten Erregern, wie zum Beispiel bei Masern-Impfungen, arbeitet, sondern mit Virus-Erbinformation.
Das Forschungsprotokoll mit dem Stand vom November 2020 ist hier nachzulesen.
Reaktionen aus der Wissenschaft
Als "Silberstreifen am Horizont" wertet Prof. Dr. Clemens Wendtner, Chef der Infektiologie und Tropenmedizin der München Klinik Schwabing die Mitteilung. "Basierend auf knapp 39.000 auswertbaren Probanden, die zwei Impfdosen in Form eines Verums (in klinischen Studien verabreichte Arzneimittelprobe, Anm.d.R.) beziehungsweise eines Placebos im Abstand von drei Wochen erhielten, zeigte sich eine Woche nach der zweiten Gabe eine deutliche Reduktion einer Sars-CoV-2-Infektion im Bereich von über 90 Prozent. Neun von zehn Menschen können durch die Impfung vor einer Infektion geschützt werden." Für ihn ist damit eine Effektivität nachgewiesen, allerdings räumt er ein, dass die Langzeitwirkung des Mittels und auch langfristige Nebenwirkungen beobachtet werden müssten. Wendtner geht davon aus, dass noch im November eine Notfallzulassung bei der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA beantragt werden wird. Ähnlich sieht das Prof. Florian Krammer, Professor für Impfstoffkunde am Mount Sinai, New York.
Ehrlich gesagt, ist das die beste Nachricht, die ich seit dem 10. Januar erhalten habe.
Prof. Dr. Marylyn Addo, Infektiologie-Chefin am Zentrum für Innere Medizin an der Uniklinik Hamburg-Eppendorf, ist genau wie ihr Fach-Kollege Prof. Dr. Bernd Salzberger von der Uniklinik Regensburg skeptischer. "Das sind interessante erste Signale, die allerdings erneut nur in einer Pressemitteilung mitgeteilt werden", kritisierte Addo. Jetzt müsse man auch erst die exakten Daten zur abschließenden Einschätzung abwarten, sowie eine Peer-Review-Publikation. Beide Spezialisten sagen, man brauche noch Details der genauen Daten bezüglich verschiedener Altersgruppen und in welchen Gruppen die 94 Infektionsfälle aufgetreten sind.
Prof. Dr. Leif-Erik Sander, Leiter der Forschungsgruppe Infektionsimmunologie und Impfstoffforschung der Charité Berlin, sieht das entsprechend: "Es muss sich auch noch zeigen, ob der Impfstoff auch in verschiedenen Bevölkerungsgruppen, insbesondere in Risikogruppen wie älteren Menschen, ebenso effektiv ist." Außerdem sei es enorm wichtig zu untersuchen, "ob diese Impfung vor schweren Verläufen von Covid-19 schützt. Zudem muss sich zeigen, wie lange der Impfschutz anhält." Sander sieht die Analyse jedoch trotz aller Einschränkungen als ausgesprochen positiv. 90 Prozent Schutz seien "eine unerwartet hohe Impfeffizienz, die mit vielen der routinemäßig eingesetzten Impfstoffe, wie zum Beispiel gegen Influenza, nicht erreicht wird".
(lfw/smc)
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