Forschungsdebatte Umstritten: Corona-Nachweis in Barcelonas Abwasser im März 2019
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01. Juli 2020, 17:42 Uhr
Hätte man das Sars-Cov-2-Virus Anfang 2019 schon gekannt, hätte man es schon im März 2019 in Spanien finden können, vielleicht aber auch in anderen großen Weltmetropolen. Eine Studie aus Barcelona legt das nahe. Die Forschungsarbeit ist aber in der Wissenschaftswelt ziemlich umstritten.
Zirkulierte das neuartige Corona-Virus schon im März 2019 in Barcelona und anderen Metropolen weltweit? Ein Forschungsteam der Universität Barcelona hält das für denkbar, nachdem es archivierte Abwasserproben auf das Sars-Cov-2-Virus getestet und in einer Probe vom März 2019 Spuren des Virus gefunden hatte. Veröffentlicht wurde der Fund im Fachmagazin "Medrix-Repository". Bislang - Stand 1. Juli 2020 - ist die Studie aber noch nicht den üblichen wissenschaftlichen Überprüfungsverfahren unterzogen worden. Stimmen die Funde aus Barcelona, wären sie die ersten Nachweise des neuartigen Coronavirus weltweit. Allerdings wird um den Corona-Nachweis im Abwasser aus Barcelona gestritten, besonders in Spanien.
Was wurde untersucht?
Was genau wurde für diese möglicherweise spektakuläre Veröffentlichung untersucht? Es waren archivierte, gefrorene Abwasserproben. Diese stammten aus dem Januar, Februar, März 2018; und 2019 aus den Monaten Januar, März, September bis Dezember, sowie Januar bis März 2020. Und in exakt einer Stichprobe im März 2019 waren demnach einfache Chromosomensätze des Sars-CoV-2 Virus in niedriger Konzentration mittels PCR-Test nachweisbar. Diese konnten jedoch nicht sequenziert werden, sagt Albert Bosch im Interview mit dem Sender RTV. Trotzdem belege die Probe dem Mikrobiologen zufolge, dass das Virus bereits im März 2019 zirkulierte: "Wenn es im Abwasser gefunden wurde, dann deshalb, weil es von der Bevölkerung ausgeschieden wurde." Aber warum blieb es dann unentdeckt? Dazu zitiert der öffentlich-rechtliche Medienanbieter RTE Bosch wie folgt: "Die Werte, die wir in dieser Probe gefunden haben, ähneln denen, die wir auch jetzt in den Abwässern von Barcelona finden". Bosch erklärt weiter: "Hätte es die Pandemie nicht gegeben und die Werte entsprächen denen, die wir jetzt haben, dann wären sie ohne die schweren Covid-19-Fälle gar nicht bemerkt worden." Oder mit den Symptomen einer Grippe verwechselt worden.
Was die Wissenschaft über das Forschungspapier aus Barcelona sagt
Genetiker Fernando González von der Universität Valencia zum Beispiel widerspricht Bosch: Die erhobenen Daten bedürften einer unabhängigen Prüfung. Die nachträgliche Abwasseranalysen keiner anderen Stadt mit ähnlichem internationalen Tourismusaufkommen wie Barcelona hätten Spuren von Sars-CoV2-Viren nachgewiesen. Anders argumentiert Damià Barceló, der am katalanischen Institut für Wasserforschung ICR forscht. Es sei gar nicht bekannt, ob das Virus in so alten Wasserproben zu finden sei, sagt er. Zudem gebe es keine standardisierte Methodik wie bei Blutabnahmen, es gebe viele verschiedene Nachweismethoden für Covid im Abwasser. Demzufolge liefere jede Methode andere Ergebnisse.
Virologin Pilar Domingo vom spanischen Gesundheitsministerium wertet das Probenergebnis als Einzelfall, anderen Prüfverfahren wäre der Virusgenom-Nachweis möglicherweise durch die Lappen gegangen. In den Niederlanden, die als erste in Abwasser nach dem Virus gesucht hatten, wird der Nachweis in Barcelona ebenfalls kritisch betrachtet. Professorin Ana Maria de Roda Husman, Mikrobiologin an der Universität Utrecht, sagt, ohne eine Analyse der Virus-Gensequenzen sei es sehr schwer zu sagen, ob in der katalanischen Abwasserprobe tatsächlich das neuartige Coronavirus gefunden wurde.
(lfw)
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