Weltweit größte Anlage zur Luftabscheidung und Speicherung von CO" in Island
Die weltweit größte Anlage zur Luftabscheidung und Speicherung von CO2 in Island. Bildrechte: imago images/Cover-Images

CO2 abscheiden und verwenden Studie hält die meisten CCU-Technologien für ungeeignet, um Klimaziele zu erreichen

18. Februar 2022, 17:38 Uhr

CO2 abscheiden und verwenden. Das ist das Prinzip von CCU-Technologien. Sie gelten als eine Hoffnung in der Klimakrise. Doch nach einer niederländischen Studie sind nur wenige Verfahren mit dem Pariser Klimaschutzzielen vereinbar.

Als Carbon Capture and Usage (CCU) werden Verfahren bezeichnet, bei denen das bei Verbrennungsprozessen in Kraftwerken oder der Industrie freiwerdende Kohlendioxid abgeschieden und weiterverwendet wird. Das CO2 wird dabei mit Hilfe von Strom, Wärme oder Katalysatoren in ein neues Produkt umgewandelt. Synthetische Kraftstoffe wie Methanol können so hergestellt werden, aber auch chemische Rohstoffe wie etwa Harnstoff. CCU-Technologien werden deshalb als Teil der Lösung in der sich zuspitzenden Klimakrise diskutiert.

Nur zwölf von 74 Technologien geeignet

Diagramm zur Multifunktionalität einer CCU-Produktionskette
Dieses Diagramm veranschaulicht die Multifunktionalität einer CCU-Produktionskette und zeigt die Emissionen aus Primär- und Sekundärprodukten. Bildrechte: Kiane de Kleijne

Eine in der Fachzeitschrift "One Earth" erschienene Studie niederländischer Wissenschaftler kommt nun allerdings zu dem Schluss, dass viele der heute bekannten CCU-Technologien nicht geeignet sind, das 1,5-Grad-Ziel von Paris zu erreichen. Damit eine Technologie mit dem Pariser Abkommen vereinbar ist, muss sie laut dem Weltklimarat IPCC die Kohlendioxidemissionen bis 2030 halbieren und bis 2050 null Emissionen erreichen. Von den insgesamt 74 CCU-Verfahren, die das Forscherteam unter Federführung von Studien-Hauptautorin Kiane de Kleijne von der Radboud-Universität Nijmegen untersucht hat, erfüllen demnach nur insgesamt zwölf Technologien teilweise oder ganz diese Kriterien.

Acht erreichen Ziel für 2030

Nach Einschätzung von de Kleijne und Kollegen erreichen acht CCU-Technologien das IPCC-Ziel für 2030: Dazu gehören drei Karbonatisierungsprozesse von Stahlschlacke. Hier wird der im Hochofenprozess zugegebene und in der Schlacke enthaltene Kalk durch die Aufnahme von CO2 wieder zu Kalkstein mineralisiert. Auch die Produktion von Harnstoff, ein Stickstoffdünger und Ausgangsstoff der Chemieindustrie, gehört dazu. Dasselbe gilt für drei Technologien der Tertiären Ölgewinnung, bei der CO2 unter hohem Druck in ein Bohrloch verpresst wird. Dabei wird die Ölausbeute erhöht und das CO2 gleichzeitig im Boden gespeichert. Schließlich gehört noch die CO2-Anreicherung etwa in Gewächshäusern zu den acht CCU-Verfahren, die der Studie zufolge das IPCC-Ziel für 2030 erfüllen.

Vier erreichen Ziel für 2050

Das für 2050 vorgegebene Null-Emissionsziel erreichen laut de Kleijne und Kollegen hingegen nur vier CCU-Techniken: Dies sind drei Verfahren zur Herstellung synthetischer Gase sowie eine Verarbeitung von Stahlschlacke.

Die niederländischen Wissenschaftler bewerteten dabei nicht nur den erreichten Grad der CO2-Reduktion sowie dessen Dauer. Auch die technologische Reife der CCU-Verfahren wurde in die Bewertung mit einbezogen. Das heißt die Frage, wie nah die Technologie vor einer breiten Anwendung steht.

Wenn eine Technologie die Emissionen nicht sehr stark reduzieren wird und noch weit von der Kommerzialisierung entfernt ist, ist es vielleicht besser, die Finanzierung auf Technologien umzuleiten, die das Potenzial haben, die Emissionen wirklich drastisch zu reduzieren.

Kiane de Kleijne, Klimaforscherin, Radboud-Universität Nijmegen

Autoren favorisieren dauerhafte CO2-Speicherung

Vor dem Hintergrund ihrer Ergebnisse plädieren die Studienautoren dafür, vor allem den Ausbau von Technologien zu fördern, die nichtfossiles Kohlendioxid nutzen und Kohlenstoff dauerhaft speichern. Zugleich warnen sie davor, dass die Konzentration auf CCU-Technologien von wirksameren Methoden der Emissionsreduktion bzw. zur Verbrauchssenkung ablenken könnte.

Grüner Daumen für Baumaterial und Biomasse

Glühende heiߟe Schlacke aus der Eisenproduktion wird aus einem Pfannenwagen in eine Grube gekippt
In der Karbonisierung von Stahlschlacke sehen die Studienautoren großes Potential. Bildrechte: imago/Hans Blossey

Als vielversprechende CCU-Technologien bewerteten de Kleijne und Kollegen hingegen einige emissionsarme Verfahren, die Kohlenstoff langfristig speichern. So könne beispielsweise die Karbonatisierung von Stahlschlacke zur Herstellung von Baumaterialien große Mengen an Kohlenstoff dauerhaft binden. Auch in Verfahren, die atmosphärischen Kohlenstoff binden oder bei denen durch Photosynthese erzeugter Kohlenstoff in Form von Biomasse verbrannt wird, sehen die Wissenschaftler Potential.

Lob und Kritik aus Deutschland

Nach Ansicht der Expertin für Energiesysteme am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Dr. Jessica Strefler, zeigt die Studie, "dass nur CCU-Technologien, die fossiles CO2 langfristig speichern oder atmosphärisches oder biogenes CO2 nutzen, auch einen Nutzen für den Klimaschutz haben können." Allerdings greife die Schlussfolgerung zu kurz, dass Technologien, die 2050 nicht emissionsneutral sind, eine Exit-Strategie brauchen. "Wenn eine CCU-Technologie die einzige oder klimafreundlichste Option ist, ein bestehendes emissionsintensives Produkt zu ersetzen, dann ist jede Emissionsreduktion hilfreich, nicht nur eine vollständige Vermeidung", sagte Strefler.

Quellen: EurekAlert/Sience Media Center (dn)

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