Smarte Ideen gegen den Klimawandel Das Gewächshaus der Zukunft
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07. April 2022, 16:23 Uhr
Unsere Ernährung hat einen großen Einfluss aufs Klima: Das Steak aus Argentinien – ein Klimakiller, ohne jeden Zweifel. Also besser Obst und Gemüse! Und wer aufs Klima achtet, greift dann gerne zu Ware aus der Region. Denn, was von hier kommt, hat die kürzeste Anreise – und damit die beste Klimabilanz, oder?
Nun ja, weit gefehlt: Wer beispielsweise außerhalb der Saison Tomaten essen will, muss das Gewächshaus beheizen, weil es sonst hier zu kalt ist. Und das macht einen riesigen Unterschied in der CO2-Bilanz: Ein Kilogramm Tomaten hat dann eine CO2-Bilanz von circa 9,2 kg. Zum Vergleich: Die saisonale Tomate ohne zusätzliche Wärme sorgt für 85 Gramm CO2. Alleine durch das Beheizen des Gewächshauses wird also mehr als hundert Mal so viel CO2 ausgestoßen! Damit liegen die Gewächshaus-Tomaten von hier zwar immer noch unter eingeflogenen Tropenfrüchten wie beispielsweise Ananas – haben aber dennoch einen beachtlichen ökologischen Fußabdruck.
1926: das erste Abwärme-Gewächshaus
Wer also Wert auf eine lupenreine CO2-Bilanz legt, muss auf viele Obst- und Gemüsesorten im Winter verzichten – eigentlich! Es geht nämlich auch anders. Bereits 1926 gab es in Deutschland das erste Gewächshaus, das auf klimafreundliche Synergieeffekte setzte. Und zwar, indem man es direkt neben ein Kohlekraftwerk baute. Die Abwärme des Kraftwerkes versorgte nicht nur die umliegenden Wohnblocks mit Wärme, sondern auch ein 10.000 Quadratmeter großes Gewächshaus – das immerhin bis 1975 den Anbau von Gurken, Tomaten und Blumen möglich machte.
Die Idee kommt wieder in Mode
Heute nimmt diese Idee wieder Fahrt auf – weil sie eine praktische Möglichkeit darstellt, CO2 einzusparen. Und das ist vor dem Hintergrund der globalen Klimaveränderungen wichtig wie nie. 2019 kündigte der Energieinvestor "Greencoat Capital“ in Großbritannien an, zwei neue, gigantische Gewächshäuser zu bauen, die auf einer Fläche von 47 Fußballfeldern besonders energiesparenden Gemüseanbau ermöglichen.
Das Prinzip: Abwärme aus dem benachbarten Wasserrecycling-Zentrum sorgt in den Gewächshäusern für wohlige Wärme. Ein cleveres Projekt – das damals stolz als "Weltneuheit“ angekündigt wurde. Das mag hinsichtlich des gigantischen Ausmaßes der Gewächshäuser sicher stimmen – das Prinzip an sich ist aber nicht ganz so neu. In Sachsen-Anhalt beispielsweise kennt man das schon länger.
Innovation aus Sachsen-Anhalt
Hier steht nämlich das größte Tomatengewächshaus Mitteldeutschlands – in Lutherstadt Wittenberg. Auf 15 Hektar Fläche wachsen hier mehr als 500.000 Tomatenpflanzen. Die nötige Wärme kommt direkt vom Nachbarn: dem Stickstoff-Werk Piesteritz. Um diesen Synergieeffekt zu nutzen, hat man das Gewächshaus extra dort gebaut, wo es heute steht.
Das Prinzip ist eigentlich einfach: Über einen Wärmetauscher wird die Abluft aus dem Stickstoff-Werk für die Tomaten im Gewächshaus genutzt – die brauchen es nämlich idealerweise bis zu 24 Grad warm. Und das Wittenberger Gewächshaus macht sich sogar noch einen weiteren Spezialeffekt zu Nutze: Das im Stickstoff-Werk entstandene CO2 wird ebenfalls nachgenutzt. Mittels perforierter Schläuche wird es zu den Tomaten geleitet – wo es für gutes Wachstum sorgt. Dank der Partnerschaft sind die Luthertomaten aus Wittenberg mittlerweile CO2-neutral – laut Angaben der Betreiber.
Das können wir aus dem Projekt lernen
Mit ihrem cleveren Beheizungssystem stehen die Luthertomaten nicht alleine da – derartige Konzepte gibt es mittlerweile auch in vielen anderen Gewächshäusern. Und: Sie werden dringend gebraucht! In den Niederlanden beispielsweise verpflichtete sich der gesamte Gartenbausektor, bis 2040 klimaneutral zu werden. Ein extrem ambitioniertes Ziel, das sich alleine durch Wärmetauscher nicht erreichen lässt. Das Beispiel aus Sachsen-Anhalt zeigt aber: Manchmal kann es so einfach sein! Durch die clevere Nutzung von Synergieeffekten lässt sich unglaublich viel CO2 einsparen – und das auf budgetfreundliche Weise. Diese Idee einer Kreislaufwirtschaft, in der alle Abfälle wiederverwertet werden, lässt sich übrigens hervorragend auf andere Wirtschaftsbereiche übertragen.
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