Eine Brille liegt auf einem StapelBücher in einer Bibliothek
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Wissenschaftliche Bücher Unsere Buchempfehlungen des Jahres 2024

28. Dezember 2024, 13:00 Uhr

Von A wie Alchemie bis Z wie Zukunftstechnologien reichte die Themenpalette der (im weitesten Sinne) wissenschaftlichen Bücher, die 2024 erschienen sind. MDR Wissen hat viele davon gelesen. Hier sind unsere Empfehlungen.

Die Bucherscheinungen des Jahres 2024 für wissenschaftlich Interessierte waren thematisch genau so vielfältig wie die Wissenschaft selbst. Wir haben 24 neue Bücher gelesen und stellen sie hier thematisch-alphabetisch geordnet vor. Die ausführliche Rezension jedes Buches ist dann jeweils verlinkt.

A bis I: Alchemie, Antarktis, Fäkalien, Fotografie, Gewalt, Informationsnetzwerke

Am Anfang war die Alchemie. Dieser Satz taugt nicht nur wegen seiner vielen As für den Beginn einer alphabetisch geordneten Zusammenstellung, sondern ist, auf Wissenschaft und Kunst bezogen, gar nicht mal so falsch. Das ist nämlich eine der Erkenntnisse aus "Die Kunst der Alchemie – Eine Weltgeschichte", einem Buch, das sich anfühlt wie ein Gang durch eine Ausstellung, mit faszinierenden Bildern und faktenreichen Texten zur Historie der Alchemie. Am Ende entsteht das Verständnis, dass Alchemie lange Zeit kein Teufelszeug war, sondern viel Wissenschaft und Kunst beinhaltete.

Die Antarktis ist faszinierend. Aber dort leben? Mehr als ein Jahr? Es gibt Forscherinnen und Forscher, die das tun. Aurelia Hölzer ist eine von ihnen. Sie hat 54 Wochen in der Antarktis verbracht und dabei die Neumayer-Station des Alfred-Wegener-Instituts auf dem Eiskontinent geleitet. Ihr Buch "Polarschimmer: Eine Welt aus Eis und Licht" ist der Bericht der Überwinterung der Chirurgin und ihres Teams im – hoffentlich – ewigen Eis des unbewohnten Südkontinents. Dabei gibt Hölzer einen tiefen Einblick in das, was man als Wissenschaftsinteressierter selten zu sehen bekommt: den Alltag.

"Selten habe ich mich so intensiv und ohne Ekel mit Fäkalien beschäftigt", schreibt unsere Autorin in ihrer Rezension eines Buches, das ihrer Meinung nach die biologischen Prozesse, die unsere Welt braucht, auf den Punkt bringt: Mit "Fressen, Kacken, Sterben" könnte man den Buchtitel übersetzen, der aber auf Englisch deutlich knackiger klingt. "Eat, Poop, Die – Wie Tiere unsere Welt verändern" ist ein Buch für alle, die einen unterhaltsamen und gleichzeitig wissenschaftlichen Blick auf die biologischen Prozesse des Lebens auf unserem Planeten wertzuschätzen wissen.

Ein Einstieg in ein schwieriges Thema gelingt oft gut über Bilder. Und die Gewalt in der Nazizeit ist ganz gewiss ein schwieriges. Das Buch "Fotografie und Gewalt im Nationalsozialismus" zeigt eindrücklich, welche Antworten Fotos geben können und warum Herkunft und Kontext sorgfältig recherchiert werden müssen. In den überlieferten Bildern fehlen oft die Angaben zur Aufnahmezeit, den abgebildeten Orten und Menschen. Die Autoren des Buches schaffen es mit hervorragender Präzision, Hintergründe und Zusammenhänge verschiedener Bildquellen zu zeigen. Und als Leser bekommt man einen Eindruck, warum es oft um Macht, Gewalt und Ausgrenzung geht, auch wenn dies auf den Fotos oft nicht zu sehen ist.

Gewalt steht auch im Mittelpunkt eines weiteren Buches, nach dessen Einleitung klar ist: "Das lege ich so schnell nicht mehr aus der Hand", wie unser Rezensent schreibt. "Die Evolution der Gewalt. Warum wir Frieden wollen, aber Kriege führen", heißt das Werk, in dem ganz unterschiedliche Fachleute aus Archäologie, Biologie und Wissenschaftsjournalismus auf beeindruckende und nachvollziehbare Weise zu einer eindeutigen und vielleicht unerwarteten Aussage gelangen: Nein, wir Menschen sind keine aggressive Spezies. Der Krieg steckt nicht in unseren Genen. Eigentlich sind wir der friedlichste Affe.

Yuval Noah Harari ist Historiker und Bestsellerautor. In seinem neuesten Werk geht es um Informationsnetzwerke früher, heute und in Zukunft. Das Buch "Nexus – Eine kurze Geschichte der Informationsnetzwerke von der Steinzeit bis zur künstlichen Intelligenz" sei für all jene, die sich für Geschichte interessieren, um daraus etwas für unsere Gegenwart und die Zukunft zu lernen, schreibt unsere Rezensentin. Yuval Harari leitet aus der historischen Entwicklung unmittelbare Prognosen ab. So beschreibt er künstliche Intelligenz als eine "existentielle Gefahr", allerdings "nicht wegen der Böswilligkeit der Computer, sondern wegen unserer eigenen Unzulänglichkeiten".

K bis N: Künstliche Intelligenz, Liebe, Migration, Mittelalter, Mysteriversum, Neandertaler

Alle reden über KI, aber Sie verstehen kein Wort? Ein Buch in Gestalt einer Graphic Novel kann dabei helfen, von Grund auf zu verstehen, wie Künstliche Intelligenz funktioniert, findet unsere Rezensentin. Was "Künstliche Intelligenz – Unser Leben zwischen Realität und Illusion" besonders mache, sei die ein wenig schräge und humorvolle, aber immer sehr kreative Art. Hier haben sich drei echte Profis Gedanken darüber gemacht, wie man solche Informationen am besten vermitteln kann. Man wird nicht nur Dinge über KI lesen, sondern diese auch endlich mal verstehen.

Wenn ein Ehepaar gemeinsam ein Buch schreibt, ist es nicht verwunderlich, dass es um Liebe geht. Wenn beide Biologie studiert haben, darf es aber auch niemanden verwundern, wenn es im Buch nicht nur um Liebe, sondern in gehörigem Maße um Sex geht. "Liebe, Sex & Erblichkeit" ist, wie schon sein Untertitel sagt, "ein Streifzug durch die kuriosesten Schlafzimmer der Natur". Wenn Sie denken, Sie wissen alles über Sex, lesen Sie das Buch! Wenn Sie aber erst wenig Ahnung haben, dann erst recht, meint unser Rezensent.

Migration ist für viele ein Reizwort. Diskussionen dazu werden allerdings oft emotionsgetrieben und nicht faktenbasiert geführt. Anders im Buch "Migration. Von den ersten großen Wanderungen bis zu Flucht und Vertreibung im 21. Jahrhundert". Ein Buch für Menschen, die den Überblick schätzen und in der Kürze weltumspannende Zusammenhänge verstehen wollen, die sich an komprimierten Daten und Fakten erfreuen. Es ist aber auch Lektüre für Reiselustige und Weltenbummler, führt dieses Buch doch in einige der großen Metropolen und in faszinierende Landstriche auf diesem Planeten.

Alles andere als dunkel war das Mittelalter, lernt man in "Gründerzeit 1200 – Wie das Mittelalter unsere Städte erfand". Hinter dem eher nüchternen Titel verbergen sich hochspannende Einblicke. Erzählt wird die "urbane Revolution", die den Grundstein legte für die Städte, in denen wir heute leben: Zwischen 1240 und 1300 wurden jährlich (!) etwa 300 neue Städte gegründet. Ein gewisses Geschichtsinteresse ist bei Leserin oder Leser zwar von Vorteil, aber laut unserem Rezensenten ist das Buch auch "unschlagbar als Lieferant für Fun Facts und partytaugliche Anekdoten".

Zugegeben, Mysteriversum ist kein echtes deutsches Wort. Trotzdem kann man sich sofort etwas darunter vorstellen. Das gilt auch für den Inhalt von "Willkommen im Mysteriversum – 60 Geheimnisse über den Menschen, die Natur und das Universum", einem Buch, das für Kinder (ab etwa zehn Jahre) gedacht ist und das seinen jungen Lesern zeigt, dass nicht immer alles eindeutig ist in der Welt. Damit wird Verständnis geweckt für die Herausforderungen der Wissenschaft.

Wir alle haben ein paar Neandertaler-Gene in uns, das haben die meisten sicher schon mal gehört. Dass wir heute viel mehr über das Zusammenspiel von Neandertalern und Homo Sapiens wissen als noch vor einigen Jahren, ist in hohem Maße einem Mann zu verdanken, der in Leipzig forscht und mit einem Nobelpreis geehrt wurde. Svante Pääbo erzählt in "Die Neandertaler und wir" von seiner Suche nach den Urzeit-Genen. Die außergewöhnliche Biografie eines außergewöhnlichen Forschers.

P bis S: Physik, Pilze Psychedelika, Psychologie, Rotze, Sterben

Dieses Buch ist etwas für Menschen, die sich für Physik interessieren, aber eher einen Sinn für bildende Kunst und klassische Literatur als für mathematische Formeln und abstrakte Herleitungen haben, schreibt unsere Rezensentin über "Die Illusion der Materie – Was die moderne Physik über unsere Welt verrät". Darin geht es um das, was die Welt im Innersten zusammenhält: Die elementaren Teilchen, aus denen sich die Atome und damit die gesamte sichtbare und unsichtbare Materie zusammensetzen: Quanten, Elektronen und deren zahlreiche Verwandte – geschildert mit wissenschaftlicher Präzision, aber leicht lesbarer und verständlicher Sprache.

Beim Suchen von Pilzen ist es ein bisschen wie beim Lesen dieses Buchs: Wenn man einmal anfängt, findet man plötzlich einiges, von dem man gar nicht wusste, dass man es finden will, das man aber ab sofort immer haben möchte. Beim Buch ist die Rede von "Fungipedia. Die erstaunliche Welt der Pilze", einem Werk auch für Menschen, die andere gern mit abseitigem (Pilz-)Wissen unterhalten.

A propos Pilze: Die spielen auch eine Rolle, wenn es um berauschende Wirkungen geht, also auch im Buch "Rausch – Eine Kulturgeschichte der Psychedelika". Es richtet sich längst nicht nur an Menschen, die Erfahrung mit Psychedelika haben. Auch wer sich für Medizingeschichte, Ethnologie oder die gesellschaftspolitischen Verhältnisse der 1960er- und 70er Jahre interessiert, wird durch dieses Buch angesprochen, das auch optisch eine Freude ist. Selbst wenn man mit dem Inhalt nichts anfangen kann, macht es einfach Spaß, darin zu blättern und die vielen, teils großformatigen Bilder zu betrachten.

Um das Jahrhundert der Psychologie (also das 19.) geht es in "Seelenzauber. Aus Wien in die Welt". Wie kam es eigentlich dazu, dass wir uns heute so selbstverständlich fragen, was uns "unbewusst antreibt"? Was hatte es mit der Traumdeutung auf sich, und wie kamen Männer auf die Idee, Frauen als hysterisch zu bezeichnen? Das Buch verbindet Geschichte und Theorie zu einem fesselnden Rundumbild, das große Denker wie Sigmund Freud, Carl Gustav Jung oder Alfred Adler nicht nur als Wissenschaftler, sondern auch als Persönlichkeiten zeigt, die mit ihren Ideen nicht nur den menschlichen Geist, sondern auch ihr eigenes Leben auf den Kopf stellten.

Rotze ist weder ein schönes Wort noch ein schönes Ding. Kotze ebenso. Also warum nicht ein Buch drüber schreiben? Endokrinologin Johanna Klement hat das getan. Sie erklärt in "Von Rotze bis Kotze – Die flüssigen Superkräfte deines Körpers" komplexe Funktionen unseres Körpers in bildhafter und kindgerechter Sprache. Körperflüssigkeiten gehören nun mal zum Leben dazu. Praktischerweise geht es im Buch um Prozesse, die Kinder alltäglich am eigenen Körper spüren und bei denen auch der eine oder andere Erwachsene Probleme hat, ihre Funktion (kindgerecht) zu erklären. Eltern können also ebenfalls etwas lernen!

Wer sich im Biologie-Unterricht immer ein wenig unterfordert gefühlt hat und das Faszinosum "menschlicher Organismus" endlich noch tiefer durchdringen will, liegt mit einem Buch richtig, in dem es um Altern, ewiges Leben und Sterben geht. "Warum wir sterben. Die neue Wissenschaft des Alterns und die Suche nach dem ewigen Leben" wurde von Nobelpreisträger Venkatraman "Venki" Ramakrishnan verfasst. Und er schreibt derart zugänglich, locker und unterhaltsam, dass selbst unsere Rezensentin, die nach eigenen Angaben schon in der Schule immer eher Team Physik statt Team Bio und Chemie war, dem Buch recht schnell verfallen ist.

T bis Z: Tiere, Transformation, Wasser, Wissen, Yanomami, Zukunftstechnologien

Können Tiere eigentlich denken? Wenn Sie unschlüssig sind, wie die Antwort lautet, hilft ihnen das Buch "Was Tiere denken. Intelligenz und Emotion in der Wildnis". Ein Buch für Menschen in Beziehungen, in denen einer der Erklärbär ist, der andere der Beziehungsbär. Beide Typen finden in dem Buch, was sie suchen. Der Beziehungsbär findet Tierporträts, bei denen man ins Träumen gerät: Was denkt der Kolkrabe, das Schwein, der Menschenaffe? Und der andere findet elegante Antworten auf die Frage aller Fragen in Beziehungen: Was denkst du gerade?

Das Dorf ist tot, lang lebe das Dorf! Getreu dem Motto "Probleme sind nur dornige Chancen" könnte es ja eine Zukunft geben, in der der ländliche Raum eine Transformation erlebt und Antrieb für eine bessere Zeit wird. Das Buch "Transformative Regionen. Neue Handlungsräume zwischen Land und Stadt" beschreibt eine solche Zukunft. Das Buch ist von Optimismus getrieben; statt Ende(n) gibt es Umwandlungen. Die thematische Bandbreite reicht von Arbeit über Bauen, Migration, Bildung, Politik bis hin zu Ernährung und Verwaltung. Und immer wird festgehalten, dass Stadt und Land nur zusammen funktionieren.

Unser Verhältnis zum Wasser muss sich in Zukunft verändern, davon ist Ökonom und Zukunftsforscher Jeremy Rifkin überzeugt. Er ist ein streitbarer Geist, der mit "Planet Aqua – Unser Zuhause im Universum neu denken" ein ebenso streitbares Buch vorgelegt hat. Dieses beschäftigt sich mit einem der drängendsten globalen Probleme unserer Zeit: der Wasserknappheit auf der Erde und den Auswirkungen des Klimawandels. Es geht letztendlich um das Überleben und die Entwicklung der Menschheit, meint Rifkin und beleuchtet, wie der Zugang zu Wasser in naher Zukunft nicht nur eine ökologische, sondern auch eine soziale und wirtschaftliche Frage von zentraler Bedeutung sein wird.

Jugendliche an Wissen und Wissenschaft heranzuführen, könnte mit einem Buch gelingen, das von seinen Comics lebt. 21 wissenschaftliche Themen oder Fakten werden in "Was wissen wir schon" jeweils in völlig unterschiedlich designten Comics präsentiert – und dadurch viel anschaulicher gemacht, als es der reine Text schaffen könnte. Die Texte wurden von 21 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geschrieben, die zusätzlich auch bei den Comic-Tafeln beratend zur Seite standen.

Die Yanomami sind ein Volk im venezolanisch-brasilianischen Grenzgebiet. Aber was haben knapp 1.000 Seiten Worte eines Yanomami-Schamanen mit Wissenschaft zu tun? Sehr viel, findet unser Rezensent, der in "Der Sturz des Himmels. Worte eines Yanomami-Schamanen" zahlreiche Verbindungen sieht zwischen den notwendigen Maßnahmen zum Schutz des Regenwalds und dem ganz alten Wissen. Das Buch biete einen tiefen Einblick in die Bedrohungen, denen Menschen in einem von kommerziellen Interessen geleiteten Raubbau täglich ausgesetzt sind.

Wie viel wissen Sie über Zukunftstechnologien wie Blockchains, Edge-Knoten oder Aerogelen? Wenn nicht viel, dann ist "Simply – Zukunftstechnologien" wahrscheinlich genau das Richtige für Sie. "Toll erklärt und auch noch kurz", schreibt unser Rezensent, der das Buch für eine Lektüre für wirklich jede Gelegenheit hält, denn das Praktische sei, dass man pro Kapitel nur eine Seite zu lesen braucht, um fertig zu sein. Und diese Seite hat immer ein großes Bild. Es geht um sich selbst reparierende Werkstoffe, um neue Gentechnik, um Laborfleisch und fliegende Taxis, um Gehirn-Computer-Schnittstellen, nachhaltige Batterien, intelligente Städte und Weltraumkolonien. Alles, was man halt so braucht für eine zünftige Zukunft.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 04. Dezember 2024 | 15:45 Uhr

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