Artikeltitel Die Neandertaler und wir
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Adventskalender, Türchen 13 Buchempfehlung: Die Neandertaler und wir

13. Dezember 2024, 05:00 Uhr

Wissen Sie, wie die DNA des Neandertalers eigentlich entdeckt wurde? Svante Pääbo, Nobelpreisträger und Forschungsdirektor in Leipzig erzählt davon in seiner Forscherbiografie, die Clemens Haug gelesen hat.

Die genetische Erforschung des Neandertalers – ein Vergnügen für Nerds

Svante Pääbos Lebens- und Forschungsgeschichte ist vor allem für Wissenschaftsfans spannend, also diejenigen, die schon ein paar kleine Schritte in Richtung Genetik unternommen haben. Hilfreich ist zum Beispiel, ein bisschen über die Haltbarkeit von Erbgut zu wissen. Denn DNA ist auf der einen Seite ein fragiles Molekül. Beim lebenden Menschen enthält sie rund 3,1 Milliarden Basenpaare. Nach dem Tod zerfällt sie rasch in viel kürzere Stücke. Diese kürzeren Abschnitte sind dann andererseits aber wieder bemerkenswert langlebig, wie man heute weiß.

Wer diese Hintergründe kennt, wird großes Vergnügen an Pääbos Geschichte finden. Der Biologe und Nobelpreisträger ist immerhin der Pionier auf dem Gebiet der Erforschung wirklich alter DNA.

Wie Svante Pääbo die Paläogenetik erfand

Professor Svante Pääbo
Svante Pääbo 1990 in Leipzig. Bildrechte: IMAGO / TT

Der aus Schwedens zweitältester Universitätsstadt Uppsala stammende Pääbo hat in "Der Neandertaler und wir" vor allem seine eigenen Erinnerungen aufgeschrieben. Wie er als angehender Mediziner Anfang der 1980er Jahre auf den Gedanken kam, alte ägyptische Mumien auf DNA-Rückstände zu untersuchen. Wie er davon träumte, mit dieser Methode den Stammbaum der Pharaonen und ihre Verwandtschaft mit den heutigen Ägyptern rekonstruieren zu können. Und warum er dann erst einmal kleine Brötchen backen und herausfinden musste, wie er Verunreinigungen seiner Proben mit fremder DNA möglichst ausschließen konnte.

Daneben geht es um Pääbos Leben und seine Stationen: Wie er aus Schweden nach Berkley abgeworben wurde und wie ihm danach die Münchner Universität den Hof machte, bevor er dann später Direktor des neu gegründeten Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig wurde.

Harte Fakten über eine ansonsten oftmals vieldeutige und trübe Vergangenheit

Svanete Pääbo
Svante Pääbo im Teich vor dem Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig: Kollegen hatten ihn nach der Nobelpreisverkündung ins Wasser geworfen. Der Preisträger nahm es mit Humor. Bildrechte: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Matthias Schrader

Spätestens für seine Entdeckung und Beschreibung von DNA-Fragmenten von Neandertalern ist Svante Pääbo endgültig berühmt geworden. Die Forschungswelt war – darf man seinen eigenen Ausführungen glauben – schon von seinen ersten Experimenten begeistert. Schließlich bietet DNA-Archäologie die Möglichkeit, harte, mathematisch und empirisch überprüfbare Daten zu Evolution und Verwandtschaftsbeziehungen zu gewinnen und damit langjährige Debatten in der Wissenschaft ein für alle Mal beenden zu können. Dazu gehört etwa die Frage, ob der moderne Homo Sapiens in Afrika entstanden ist (das war früher strittig) und ob sich die heute einzige verbliebene Menschenart mit anderen Frühmenschen gepaart hat (Auch dafür gibt es heute Belege).

Der persönliche Blick: Wer ist Svante Pääbo außerhalb des Labors?

Spannend ist, dass Pääbo nebenbei viel über sich selbst erzählt: Wie er in den 1980er Jahren das Pergamonmuseum in Ost-Berlin besuchen und dort Proben der größten Mumiensammlung der Welt nehmen durfte. Wie er seine Bisexualität entdeckte und auslebte und warum ihm deshalb die Einladungen in die Bundesrepublik Deutschland Angst machten: War er im Nachfolgestaat des nationalsozialistischen Deutschen Reichs wirklich sicher als Vertreter einer sexuellen Minderheit? Durch Ton und Erzählweise wird Pääbos quirliges Genie lebendig.

Zwischen Genie und Herausforderung

Der Leipziger Mediziner Svante Pääbo spricht im Labor am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie mit Mitarbeiterin Ayinuer Aximu über die Genomproduktion.
Pääbo mit einer Kollegin im Labor. Bildrechte: picture alliance/dpa | Jan Woitas

Svante Pääbo ist ein Professor wie aus dem Bilderbuch. Man ahnt, dass das Zusammenleben und Arbeiten mit ihm nicht immer einfach ist. Zum Beispiel, weil er sich im Weihnachtsurlaub am meisten darüber freut, endlich Zeit zu haben, seinen Forschungsbericht zu schreiben. Oder wenn er maximale Anstrengungen unternimmt, um Verunreinigungen der Proben zu vermeiden. Das geht soweit, dass der untersuchende Kollege praktisch allein in seinem Labor eingeschlossen wird, um zu verhindern, dass andere Menschen unabsichtlich DNA dort eintragen könnten. Aus Sicht der Wissenschaft notwendig und ein Glücksfall, dass Pääbo und Kollegen diesen Aufwand unternommen haben. Für das menschliche Miteinander mit dem Genie aber sicher herausfordernd.

Svante Pääbo erzählt live in Halle

Wer den Nobelpreisträger und seine Geschichte persönlich erleben möchte, hat dazu Gelegenheit am Freitag, den 13. Dezember. Dann wird Svante Pääbo um 18 Uhr zu Gast bei der Leopoldina, Deutschlands Nationaler Akademie der Wissenschaften in Halle (Saale) sein. Zur Anmeldung geht es hier.

Cover des Buches -  Die Neandertaler und wir
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Die Daten zum Buch Svante Pääbo: Die Neandertaler und wir – Meine Suche nach den Urzeit-Genen, DVA; Erweiterte Neuausgabe von 2024, 416 Seiten, 26 EUR, ISBN 978-3-421-07020-3.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 04. Dezember 2024 | 15:45 Uhr

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