Bäume im Klimawandel Ist der Götterbaum der Baum der Zukunft?
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02. Dezember 2022, 12:34 Uhr
Während sich bei vielen Laubbäumen die Blätter langsam bunt färben, sieht man einigen von ihnen an, dass ihnen Hitze und Trockenheit zugesetzt haben. Bei manchen hatte sich das Blätterkleid sogar schon vor dem Herbst gelichtet. Ein Baum allerdings fällt auf: Der so genannte Götterbaum. Er scheint den Verhältnissen zu trotzen. Gerade in den Städten sieht man ihn überall. Seine Blätter sind intakt, erscheinen immer noch grün. Was ist da los? Ist der Götterbaum der Baum der Zukunft?
Wenn man einmal weiß, wie der Götterbaum aussieht, dann sieht man ihn auf einmal überall:
Zwischen Pflastersteinen, auf Parkplatzflächen, in Kellerfensterschächten. Es gibt anscheinend keinen Fleck in der Stadt, den er nicht besiedeln kann. Auch im Park ist er zu finden, zum Beispiel im Stadtpark in Halle an der Saale. Vivian Ryll vom unabhängigen Institut für Umweltfragen weiß, wie man den Götterbaum von einem ähnlichen Waldbewohner unterscheidet:
"Verwechslungsgefahr besteht meiner Ansicht nach mit dem Essigbaum. Der hat eher so matschige Früchte, die dann auf dem Weg rumliegen. Und er hat nicht so eine starke Herbstfärbung. Das ist auch ein Kennzeichen." Wenig freundlich wird der Götterbaum auch als "Ghettopalme" bezeichnet. Ein bisschen wie eine Palme sieht er aus, mit seinen langen Fiederblättern. Und: Alleine kommt der Götterbaum selten. Wo einer ist, sind meist schon viele andere. Denn der Baum vermehrt sich mit allen Mitteln, die die Natur bereithält: "Das ist eine sehr wuchernde Pflanze, der Götterbaum vermehrt sich über Aussaat, Wurzelausläufer und Stockausschlag."
Der Götterbaum ist kein kuschliger Nachbar
Während andere Bäume an der Trockenheit zu knabbern haben, läuft der Götterbaum zu Höchstform auf. Er mag es warm, trocken und gedeiht buchstäblich auf Schutt und Asche, was ihm nach dem Zweiten Weltkrieg den Spitznamen "Trümmerbaum" einbrachte.
Sein echter Name, Götterbaum, ist wohl darauf zurückzuführen, dass er sprichwörtlich bis zu den Göttern wächst, das soll heißen: unglaublich schnell. Seine Konkurrenz in der Nachbarschaft drängt er weg, indem er auch noch Gift in den Boden absondert. Ihm selbst wiederum machen zum Beispiel Pflanzengifte kaum etwas aus, auch Streusalz und Abgase kann er locker verkraften und Schädlinge hat er hier zu Lande so gut wie keine, weiß die Biologin: "Es gibt ein paar Milbenarten. Ansonsten hat er jetzt nicht so viele Schädlinge." An den giftigen Blättern des Götterbaums wird eben nicht gerne genagt. Gerade mal die Honigbiene erfreut sich an dem Nektar. Die hiesige Insektenwelt kennt den Baum eben noch nicht so lange.
Es war einmal ... Wie der Götterbaum nach Europa kam
Der Götterbaum kommt nämlich eigentlich aus China, erklärt Vivian Ryll: "Man hat ihn damals als Ziergehölz in Parks und Gärten geholt, also im 18. Jahrhundert. Damals gab es Bestrebungen, ihn zur Seidenspinnerzucht zu verwenden, zur Seidenherstellung in Österreich und Frankreich. Ich glaube, die Seide war qualitativ nicht hochwertig genug, auf jeden Fall hat's nicht geklappt."
Und heute haben wir den Salat. Eine Baumart, die man nicht wieder los wird. Der Götterbaum entpuppt sich als Teufelszeug. Kappt man ihn, wachsen ihm einfach neue Köpfe, wie bei einem Monster aus der Mythologie. Doch es gibt eine Methode ihn loszuwerden, die sei aber sehr aufwändig, erzählt Vivian Ryll: "Es gibt die Methode des Ringelns. Man kann in den Stamm bis zum Kernholz einmal rundherum schneiden und den Saftstrom unterbinden, dann gibt es keinen Stockausschlag und keine weiteren Wurzelläufer. Dann muss man ein/zwei Jahre warten und dann kann man ihn entfernen. Man müsste, wenn man ihn entfernen will, auch das ganze Wurzelgeflecht, was sehr ausgeprägt ist, mit entfernen. Also es ist sehr aufwändig ihn wieder loszuwerden.“ Aufwändig bis hin zu unmöglich.
Warum der Götterbaum als Zukunftsbaum nur bedingt taugt
Der Götterbaum ist also definitiv ein Baum der Zukunft, ob man das will oder nicht. Aber vielleicht kann man dem Ganzen ja etwas Positives abgewinnen? Mit Blick auf den Klimawandel könnte man ja sagen: Lieber dieser Baum als gar keiner? Vivian Ryll ist da skeptisch: "Das Problem ist, dass er sich nicht an Parkgrenzen oder Stadtgrenzen hält. Er breitet sich auch auf naturschutzfachlich wichtigen Flächen aus, wo sehr konkurrenzschwache Pflanzen sind. Da kann der Götterbaum dann die Biodiversität negativ beeinflussen." Namentlich sind solche Flächen Magerwiesen wie Heiden: Sie sind der Lebensraum für einen Großteil der Kriechtiere, Tagfalter, Heuschrecken und Bienen. Wie wichtig diese Insekten und damit solche Magerflächen für die Artenvielfalt sind, wird immer deutlicher. Macht sich hier der Götterbaum breit, wäre das das Ende einer Vielzahl von Arten. Man sollte also jetzt lieber alle Kraft investieren, dass der Baum gar nicht erst dorthin gelangt, denn ist er einmal angekommen, geht er so schnell nicht wieder weg.
Korrektur (2.12.): In einer ersten Fassung hatten wir ein falsches Bild vom Stamm und der Rinde des Baumes. Das haben haben wir nach einem Hinweis an unseren Publikumsservice geändert. Danke für den Hinweis.
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