Eine Collage der europäischen Lisa-Mission und von Karsten Danzmann vom MPI für Gravitationsphysik. 2 min
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Die Esa plant mit den drei Lisa-Satelliten das größte Observatorium der Menschheit im Weltall zu errichten. Es soll nach Gravitationswellen suchen. Karsten Danzmann erklärt, wonach Lisa sucht.

Do 25.04.2024 14:19Uhr 01:41 min

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Lisa Die Esa plant einen gigantischen Weltraum-Gravitationswellen-Detektor

04. Mai 2024, 15:59 Uhr

Das Weltraum-Observatorium LISA wird ein Projekt der Superlative: Drei Satelliten werden ein riesiges Dreieck mit 2,5 Millionen Kilometer langen Seiten bilden. So soll das Schwingen des Weltraums selbst sichtbar werden.

Porträtfoto von Patrick Klapetz
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Im Jahr 2015 haben internationale Wissenschaftler zum ersten Mal Gravitationswellen nachweisen können – 100 Jahre nach der von Albert Einstein im Jahr 1915 formulierten Allgemeinen Relativitätstheorie. Einstein hatte in seiner Theorie vorausgesagt, dass der Raum selbst wackeln kann, allerdings in absolut winzigem Maßstab, so dass die sogenannten Graviationswellen unglaublich schwer zu messen sind.

Registriert wurde das Signal von den beiden Detektoren des Gravitationswellen-Observatorium Ligo (Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory) in Hanford (Washington, USA) und in Livingston (Louisiana, USA). Die beiden Observatorien befinden sich etwa 3.000 Kilometer voneinander entfernt. Das Licht kommt mit zehn Millisekunden Verzögerung an beiden Stationen an. Durch mehrere auf der Erde verteilte Detektoren kann die genaue Positionsbestimmung von stellaren Objekten bestimmt werden und irdische Störung wie etwa Vibrationen durch Verkehr oder Erdbeben als mögliche Quelle können dadurch ausgeschlossen werden.

Doch das ist gar nichts im Gegensatz zu dem, was die europäische Raumfahrtbehörde Esa vorhat. Mit den drei Satelliten des Lisa-Projekts (Laser Interferometer Space Antenna) planen sie eine gigantische Weltraumwarte aufzubauen. Diese Satelliten bilden ein gleichseitiges Dreieck mit einer Kantenlänge von jeweils 2,5 Millionen Kilometern.

Portrait von Karsten Danzmann, dem Direktor vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik.
Portrait von Karsten Danzmann, dem Direktor vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik. Bildrechte: IMAGO / Eventpress

MDR WISSEN hat mit Karsten Danzmann, dem Direktor des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik und dem Begründer des Unterfangens, gesprochen. Anders als bei Teleskopen wie Hubble oder James Webb, wird das Universum mit Lisa nicht nach Licht abgesucht: "Das Universum ist dunkel, der größte Teil der Welt ist dunkel, und zwar mehr als 99 Prozent unserer gesamten Welt strahlt kein Licht aus, keine Radiowellen, keine Röntgenstrahlung, gar nichts." Lisa wird stattdessen das Schwingen des Universums selbst messen: Die Gravitationswellen, die sich durch den Weltraum ausbreiten.

Gravitation ist keine Kraft, sondern eine Krümmung von Raum und Zeit

"Denn Gravitationswellen verzerren den Raum – so wie Schall. Der breitet sich aus. Nur das hier ist nicht irgendwelcher Schall, der sich ausbreitet, sondern der Schall ist der Raum selbst", erklärt der Astrophysiker Danzmann. Denn Raum "wird von der Gravitation verzerrt, und zwar von allem, was" sich in diesem Universum befindet.

Um die Gravitationswellen zu hören, wird eine Art Mikrofon benötigt. Im Fall von Lisa ist das ein Laserinterferometer, mit dem man die Überlagerungen von Wellen hochpräzise messen kann . Vereinfacht gesagt handelt es sich um eine Art Laser-Zollstock. Solche Geräte kommen neben der Raumfahrt auch in der Medizin oder bei der Herstellung von Computerchips vor – überall dort, wo präzise Abstandsmessungen durchgeführt werden müssen. 

Künstlerische Darstellung des Konzepts eines Raumfahrzeugs für die Laser-Interferometer-Weltraumantenne (Lisa)
Künstlerische Darstellung des Konzepts eines Raumfahrzeugs für die Laser-Interferometer-Weltraumantenne (Lisa). Bildrechte: AEI/Milde Marketing/Exozet

"Und je größer solche Laserinterferometer sind, desto empfindlicher sind sie", erklärt Danzmann. Jedoch kommt es nicht nur auf die Empfindlichkeit, sondern auch auf die Frequenz an. Auch auf der Erde können wir Gravitationswellen messen, jedoch nur im hohen Frequenzbereich von einigen Hertz bis zu ein paar Kilohertz.

Die rauschende Erde

Da auf der Erde alles wackelt, rauscht es immerzu. "Bei hohen Frequenzen kann man das einigermaßen weg isolieren – Vibrationsisolation nennt man das", erörtert Danzmann. Die langwelligen Signale von Objekte mit mehreren Tausend bis Milliarden Sonnenmassen können wir jedoch nur im niedrigen Frequenzbereich hören, weil sie ganz langsam sind.

"Das ganze Rauschen auf unserer Erde wird umso schlimmer, je niedriger die Frequenz ist", erklärt der Experte. "Das bedeutet, dass wir die Gravitationswellen bei Frequenzen unterhalb von einem Hertz wohl nie von der Erde aus detektieren können." Wer wissen will, wie das Universum entstanden ist und woraus es besteht, braucht riesige Observatorien wie Lisa und muss in den Weltraum raus. "Es gibt keine andere Möglichkeit dazu."

Die zu vernachlässigende Gefahr einer möglichen Kollision

Im Jahr 2035 sollen die drei Satelliten mit einer Ariane-6-Rakete ins All entstand werden. Dabei werden sie eine Position von etwa 50 Millionen Kilometern zur Erde einnehmen und entlang der Erdbahn die Sonne umkreisen. Dort draußen gibt es so gut wie nichts. Zumindest sind die Satelliten dort von dem Weltraumschrott der Erde geschützt. 

Künstlerische Darstellung der LISA-Satelliten im Sonnensystem bei der Beobachtung von Gravitationswellen aus einer fernen Galaxie 2 min
Bildrechte: University of Florida/Simon Barke
Künstlerische Darstellung der LISA-Satelliten im Sonnensystem bei der Beobachtung von Gravitationswellen aus einer fernen Galaxie 2 min
Bildrechte: University of Florida/Simon Barke

Jedoch könnte ein Meteorit einen der Satelliten treffen. Eine Ausweichfunktion gibt es nicht. Glücklicherweise werden die ganzen Gesteinsbrocken überwacht, sagt Danzmann. "Wir wissen, wie viele da sind. Es ist so vernachlässigbar, dass innerhalb von zehn Jahren einer dieser Brocken einen Satelliten trifft, dass wir gar nicht erst darüber nachgedacht haben."

Doch was passiert, wenn ein solcher Brocken den Laserstrahl zweier Lisa-Satelliten kreuzt? Geht das Signal dann komplett verloren? "Wenn zwischendurch ein Meteorit vorbeikommt, und der deckt ihn [den Laserstrahl] ab, dann ist es eben dunkel. Und ein paar Millisekunden später ist der Meteorit weg und dann ist das Licht wieder an. Das macht nichts", beruhigt Danzmann. Zudem ist dort draußen nichts, das das Signal großartig stören kann. Das Einzige, was passieren kann, ist, dass ein paar Photonen durch die Laserstrahlen fliegen – und das kann man laut dem erfahrenen Experten ganz einfach berechnen.

2,5 Millionen Kilometer Abstand – Wie wird die Kommunikation aufrecht gehalten?

Das Problem bei der Lasermessung auf der Erde ist, dass hier alles wackelt. Deswegen müssen diese Bewegungen ausgeglichen werden – umso schwieriger, je größer der Abstand zwischen Sender und Empfänger ist. Im Weltall wackelt aber nichts. Sobald die Satelliten die richtige Position haben und "sich auch anpeilen und den Laserstrahl hin und her" senden, lässt man sie in Ruhe, erklärt Danzmann.

Die Interferometer sind kleine Klötze, die vier Zentimeter groß sind. Jedoch produzieren gewisse Elektronikbauteile Magnetfelder, die die Interferometer stören könnten. "Deshalb haben wir dafür gesorgt, dass wir ein Metall benutzen, das kein magnetisches Feld sieht", so der Astrophysiker und führt fort: "Und das ist diese Verbindung aus 70 Prozent Gold mit 30 Prozent Platin." Diese haben nur eine verschwindende magnetische Anfälligkeit. Selbst wenn dort ein Magnetfeld ist, würde man es nicht sehen können. 

Künstlerische Darstellung der LISA-Satelliten im Sonnensystem bei der Beobachtung von Gravitationswellen aus einer fernen Galaxie
Künstlerische Darstellung der LISA-Satelliten im Sonnensystem bei der Beobachtung von Gravitationswellen aus einer fernen Galaxie Bildrechte: University of Florida/Simon Barke

Ein erster Demonstrationstest wurde bereits 2015 mit der Lisa Pathfinder Mission durchgeführt: "Wir haben die Massen fliegen lassen, nur eben nicht zweieinhalb Millionen Kilometer auseinander, sondern nur 38 Zentimeter. Damit können sie keine Gravitationswellen messen, aber alles andere konnten sie demonstrieren." Die ersten Daten der jetzigen Lisa-Mission werden die Erde vermutlich im Jahr 2037 erreichen.

 "Das schönste Geschenk wäre, wenn ich dann noch am Leben bin. Und wenn ich beim Start der Mission in Kourou bin und zuhören kann, wie die Rakete gestartet wird. Und dann natürlich, wenn wir die Daten reinbekommen", hofft der im Februar 1955 geborene Wegbeschreiter der Lisa-Mission. "Natürlich wollen wir alle zuhören, wie die Welt [das Universum] angefangen hat. Aber wir wollen es jetzt nicht zu weit treiben. Es reicht mir schon, wenn man ein paar Millionen Schwarze Löcher und Neutronensterne oder sonst irgendetwas" in den Daten erkennt.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Wie klingt der Urknall? | 20. Januar 2019 | 22:20 Uhr

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