Wissen-News Neue Analyse: Forschende entdecken einmaligen Urvogel-Schädel in Geiseltalsammlung
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22. Januar 2025, 15:10 Uhr
Millionen von Jahren lag ein Fossil im Gebiet des Geiseltals. In den 1950ern wurde es dort gefunden – aber falsch eingeordnet. Jetzt ist klar: Es handelt sich um einen seltenen Schädel eines riesenschnabligen Laufvogels.
Vor etwa 45 Millionen Jahren streifte ein etwa 1,40 Meter großer Laufvogel durch den Süden des heutigen Gebiets von Sachsen-Anhalt. Diatryma war der größte Laufvogel in seinem Lebensraum, ein Pflanzenfresser mit einem gigantischen Schnabel. Ein Fossil des Tiers wurde vor 70 Jahren ausgegraben, als im Braunkohlegebiet nach Brennbarem geschürft wurde. Es gehört zur 50.000 Objekte umfassenden, als nationales Kulturgut geschützten Geiseltalsammlung der Martin-Luther-Universität Halle (MLU). Und eine echte Rarität, die erst jetzt als solche erkannt wurde.
Verwechslung aufgeklärt, Rarität entdeckt
Rund um den Fundort herrschte vor Jahrmillionen ein tropisch-warmes Klima, es war ein Sumpfgebiet. Hier lebten Urpferde, frühe Tapire sowie Riesenschildkröten, Eidechsen, flugunfähige Vögel und große landlebende Krokodile.
Zwischen den beiden letzteren kam es bei der ersten Einschätzung eines Schädelfossils zu einer Verwechslung. "Der Fund wurde zunächst fälschlicherweise als Krokodilschädel identifiziert", sagt Michael Stache, Präparator am Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen der MLU. Vor einigen Jahren stieß er zufällig wieder auf das Fossil, erkannte den Fehler und begann mit seiner Arbeit. Er restaurierte und untersuchte das Schädelstück. Durch das Zusammenfügen zweier zuvor getrennter Teilstücke konnte er einen nahezu vollständigen Schädel rekonstruieren. Und dessen Analyse durch Gerald Mayr vom Senckenberg Forschungsinstitut in Frankfurt/Main zeigte: Es handelt sich um die Überreste eines Kopfs des Laufvogels Diatryma. Weltweit ist nur ein weiterer vollständig erhaltener Schädel bekannt, der im American Museum of Natural History in den USA liegt.
Weitere Funde lange nach der Grabung?
"Das zeigt einmal mehr, dass in der Paläontologie viele der interessantesten Entdeckungen in Museumssammlungen passieren. Noch vor wenigen Jahren hätte niemand gedacht, dass die Geiseltalsammlung derartige Überraschungen bereithält", sagt Mayr. Das wissenschaftliche Interesse an den Fossilien ist groß, berichtet auch Michael Stache. Immer wieder kommen Forschende aus dem In- und Ausland an die MLU, um die Exponate zu untersuchen. "Diese Forschungsarbeiten erweitern unser Verständnis vom eozänen Geiseltal, auch wenn die Grabungen längst abgeschlossen sind", sagt Michael Stache. Bis vor zehn Jahren ging man zum Beispiel davon aus, dass Diatryma Urpferdchen im Geiseltal jagte. Erst damals zeigten neuere Untersuchungen, dass der Vogel ein Pflanzenfresser war.
Link zur Studie
Gerald Mayr und Kollegen haben die Studie "Resurrecting the taxon Diatryma: A review of the giant flightless Eocene Gastornithiformes (Aves), with a report of the first skull of Diatryma geiselensis" in der Zeitschrift "Palaeontologia Electronica" veröffentlicht.
idw/jar
Dieses Thema im Programm: MDR S-ANHALT | Sachsen-Anhalt heute | 23. Januar 2025 | 19:00 Uhr
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