Mittwoch, 31.05.2023: Barfuß
In dieser Jahreszeit liebe ich es, Schuhe und Strümpfe auszuziehen. Barfuß über eine Wiese mit Moos zu laufen, fühlt sich an wie ein Teppich. Kies und Steine, der Rindenmulch wirken wie eine Massage. Laut Ärzten sollen Luft, Wasser, Untergrund den Füßen wohl bekommen.
Barfuß laufen - was sich heute wie ein Luxus anfühlt, ist in Antike und Mittelalter Zeichen von Armut oder auch von Demut. Im alten Griechenland dürfen nur freie Bürger eigene Schuhe besitzen. Rote Sandalen trägt allein der römische Kaiser. Als Barfüßer werden einige hundert Jahre später verschiedene klösterliche Orden bezeichnet, die in einfachster Weise dem Leben Jesu nachspüren. Eine Nonne des 13. Jahrhunderts heißt Hedwig. Sie wird später Fürstin von Schlesien. Noch heute gilt sie als Schutzpatronin der Stadt Görlitz. Nächstenliebe will sie damals ganz praktisch leben. So unterstützt die irgendwann gut betuchte Hedwig die Kirche und hilft den Armen. Sie soll jedoch immer, selbst im Winter, barfuß gegangen sein. Erzählt wird, dass ihr Beichtvater sie ermahnt, Schuhe zu tragen. Woraufhin sie die Schuhe in die Hand nimmt. Vielleicht hat Hedwig in diesem Moment an Jesus gedacht. Auch er empfiehlt seinen Anhängern, keine Schuhe zu tragen, wenn sie durch die Lande reisen und von ihm erzählen. Denn Jesus verachtet alle äußeren Symbole der Macht. Um ein glänzendes, herrschaftliches, machtvolles Erscheinungsbild geht es ihm nie. Stattdessen um eine unmittelbare Verbindung zu den anderen Menschen, ja, zu allem, was ihn umgibt.
Wer barfuß läuft, weiß: Auftrumpfen, aufstampfen mit der nackten Fußsohle kann man vergessen. Und glücklicherweise auch das Umknicken. Behutsames Ertasten des Untergrundes stärkt Muskeln und Bänder des Fußes und führt zu neuer Verbundenheit mit der Schöpfung. Meine Empfehlung: diese Art Bodenständigkeit doch einfach einmal auszuprobieren.