Donnerstag, 01.06.2023: Ganz klein
Im Erste Hilfe-Kurs: eine Gruppe Männer. Zwischen muskulös und stiernackig. Gepierct, tätowiert, hartgesotten. Die ganze Zeit bringen sie Sprüche, grinsen und lachen. Auch an ungemessenen Stellen. Bis der Kursleiter den Dummy eines Säuglings bringt. Wir sollen ein Baby reanimieren. Plötzlich ist es ganz leise im Kurs. Auch den Muskelprotzen sind die Kommentare abhandengekommen. Gerät ein Kind in Gefahr, lässt das keinen kalt. Warum? Warum greift uns das an?
Es gibt das sogenannte Kindchenschema. Große Augen, zarter Körper und schon will man es beschützen. Kleine Kinder mit ihren feinen Gliedmaßen, dem seidigen Haar, der süßen Stimme und ihrem vertrauensvollen Blick in die Welt können sich noch nicht selbst verteidigen oder rundherum für sich selbst sorgen. Aber da ist noch mehr. Das Wunder des Lebens, aber auch seine Unverfügbarkeit zeigt sich in Babys und Kleinkindern besonders. Wenn ein Baby ersehnt und schließlich geboren wird, empfinden das viele Familien als Geschenk. Neues Leben. Ein Anfang. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Und auch ganz viel Potential. "Alles muss klein beginnen", heißt es in einem Lied von Gerhard Schöne.
Dem Kleinen wohnt eine Kraft inne. Ein Potential, das wir vielleicht nicht immer sehen, aber worauf wir hoffen. Kinder verkörpern das. Und zugleich ist da die Sorge um dieses zarte Wesen. Denn sein Dasein, sein Wohlergehen sind nicht selbstverständlich.
Trotzdem glaube ich, dass Gott das Leben will und jedes Leben fördert. Und dass er auch jedem von uns den Respekt vor dem Leben hineingegeben hat. Die Männer im Erste-Hilfe-Kurs jedenfalls gehen ungemein zärtlich mit der Baby-Puppe um.