Montag, 20.03.2023: Schwerter zu Pflugscharen
In diesen Tagen fiel mir ein Aufnäher in die Hand. Rund. Auf Flies gedruckt. Ende der 1970er Jahre hatte ich mir so ein Ding auf den Ärmel meiner Jacke genäht. Das provozierte in der 10. Klasse einigen Ärger. Ich musste zum Rapport beim Schuldirektor. Er erklärte mir, dass es nicht erwünscht sei, diesen Aufnäher in unserer Schule zu tragen. Ich sagte, das verstehe ich nicht. Schließlich war darauf eine Skulptur des sowjetischen Künstlers Jewgeni Wiktorowitsch Wutschetitsch zu sehen. Die Skulptur zeigt einen muskulösen Mann, der mit einem Hammer aus einem Schwert eine Pflugschare schmiedet. Ein Geschenk der Sowjetunion an die Vereinten Nationen. Seit 1959 aufgestellt im Garten des UNO-Hauptquartiers in New York. Der Direktor antwortete, ist ja gut und schön, aber der "Frieden muss bewaffnet sein." Es war die Zeit des kalten Krieges.
Ich glaubte ihm nicht. Schließlich ließen mich der Direktor und die Lehrerschaft gewähren. Ich trug das Symbol weiterhin. Mit blauem Bild auf weißem Hintergrund und der schwarzen Schrift "Schwerter zu Pflugscharen" mit dem Vermerk "Micha 4" – also ein Wort der Bibel. Als ich es dieser Tage betrachtete, dachte ich, es passte damals nicht und irgendwie auch heute nicht. Es stellt alle in Frage und stellt ein Ereignis in Aussicht. Es wird einmal sein, dass alle Völker auf Gott hören und ihre Waffen niederlegen, so heißt es im Propheten Micha. Und das ist das Besondere: Alle tun sie das gleichzeitig. Das ist so etwas wie der Schlüssel des Friedens. Dieses "Alle" und dieses "Gleichzeitig". Und sie verlernen Krieg zu führen. Was für eine wunderbare Ansage. Zu schön um wahr zu sein. Und doch eine Hoffnung, die mich damals begeisterte und für mich auch heute noch zu den schönsten Worten der Bibel gehört. Ach lieber Gott, wenn es doch endlich soweit wäre, ist mein Stoßgebet. Er antwortet nicht. Aber er hat ja auch schon alles gesagt: "Gleichzeitig" und "Alle".