Mittwoch, 22.03.2023: Blickrichtung
Umfragen wecken immer wieder mein Interesse. Was denkt die Gesellschaft, in der ich lebe. Politbarometer. MDR fragt. ARD Deutschland Trend. Und es gibt noch viele andere. Immer Interessant. Und dann kann ich mich selbst einordnen in die Prozente, die bunten Balken und Kreise, die das Meinungsbild zu einer bestimmten Frage darstellen. Manchmal bin ich bei der Mehrheit, manchmal bei der abgeschlagenen Minderheit oder bei denen, die sagen: "Ich weiß nicht."
Eine Frage beschäftigt mich immer wieder. Da und dort taucht sie auf. Es ist die Frage nach dem gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dieser wurde in den letzten Jahren arg auf die Probe gestellt. Und er kommt in der Regel in der Bewertung durch die Menschen nicht gut weg. Früher war er besser. Mitunter beklagen mehr als Zweidrittel der Befragten, dass es immer schwieriger würde und die Gesellschaft auseinandertriftet. Dabei sind gar nicht die großen Themen gemeint, an denen sich die Menschen polarisieren oder gar entzweien, sondern einfach das tägliche Miteinander.
Aufeinander achtgeben. Das wird immer weniger und vielleicht ist gerade diese gute Eigenschaft durch Spitzeleien in früheren Zeiten in Misskredit geraten. Dabei ist es so wichtig, dass sich Menschen kennen, austauschen, nicht nur nebenbei "Guten Tag sagen." Wo das fehlt, bleiben Menschen auf der Strecke, fühlen sich abgehängt, wie heutzutage gesagt wird. Leider weicht der Blick manchmal schon aus, wenn man sich auf der Straße begegnet.
Im biblischen Buch Hesekiel (34,16) gibt es eine interessante Aussage. Gott teilt dort seine Idee von einem gesellschaftlichen Zusammenhalt mit. Er sagt "Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken." Mit gefällt die Blickrichtung. Hier sieht jemand nicht auf sich selbst. Hier sucht jemand den anderen. Hier will jemand Beziehung. Hier will sich jemand kümmern. Ich hab mir gedacht, wenn mehr als zwei Drittel den fehlenden Zusammenhalt beklagen, dann sind das so viele, die ganz viel ändern könnten, einander suchen, einander begegnen, füreinander da sein.