Donnerstag, 27.06.2024: Über Meere reisen?
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber für mich ist der Sommer die schönste Zeit des Jahres. In den Schulen sind Ferien. Die Tage sind lang. Und gleichzeitig scheinen die Uhren etwas langsamer zu gehen.
Wer die Möglichkeit hat zu verreisen, freut sich auf Erholung und neue Erlebnisse. Eine willkommene Gelegenheit, Neues kennenzulernen und dabei zugleich etwas mehr über sich selbst und vielleicht auch über die ganz großen Fragen des eigenen Lebens zu erfahren. Den Wagemutigsten genügt es dabei nicht, lediglich in den Dschungel einer Großstadt einzutauchen. Sie streifen durch einsame Wälder, erklimmen Berggipfel, segeln im Ozean zu entlegenen Inseln.
Wer allerdings glaubt, auf der Suche nach sich selbst oder nach Gott große Sprünge machen zu müssen, für den hatte der frühe Zisterzienserabt Bernhard von Clairvaux einen einfachen Rat auf Lager: "Du musst nicht über die Meere reisen, musst keine Wolken durchstoßen und nicht die Alpen überqueren. Der Weg, der Dir gezeigt wird, ist nicht weit. Du musst Deinem Gott nur bis zu Dir selbst entgegengehen."
Ja, es soll Menschen geben, die haben die halbe Welt bereist. Und doch hat es in ihrem Inneren keinen Niederschlag gefunden. "Reisen bildet" – doch worin, das muss jeder für sich selbst herausfinden. Wer nur auf das Frühstücksbuffet und den kostenlosen Internetzugang schielt, der verpasst womöglich das Kennenlernen anderer Kulturen, den Blick auf die Schönheit der Schöpfung Gottes und die Offenheit für den Wunsch, andere verstehen zu wollen.
Der Schriftsteller Marcel Proust hat es einmal so auf den Punkt gebracht: "Die besten Entdeckungsreisen macht man, indem man die Welt mit anderen Augen betrachtet."
Eine hilfreiche Haltung – ob man den Sonnenaufgang nun in der Wüste oder bloß vor der eigenen Haustür bewundert.