Mittwoch, 24.07.2024: Namen
Je älter ich werde, desto schlechter fallen mir Namen ein. Ich möchte jemanden ansprechen, kenne diesen Menschen bereits von einigen Begegnungen, aber ich komme partout nicht auf seinen Namen. Auch wenn mein Gegenüber dann Verständnis zeigt und meint, das sei doch kein Beinbruch, mich bringt es etwas aus der Fassung, denn das Treffen beginnt mit einem Beziehungs-Bruch.
Die Beziehung zu demjenigen, mit dem ich in Kontakt treten will, wird gestört durch die fehlende Namensbrücke, die zu ihm hinüber führt. Freilich gibt es Techniken, das Namensgedächtnis zu trainieren. Ich versuche das auch. Was mich allerdings jedes Mal wieder berührt, ist die biblisch verbürgte Tatsache der umfassenden Namenskenntnis unseres Gottes. Ein Bibelvers aus dem Prophetenbuch des Jesaja zählt zu meinen Lieblingsversen der Heiligen Schrift.
"Gott spricht: Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein." (Jesaja 43,1). Für mich ist das gewaltig. Der Schöpfer von Himmel und Erde kennt und nennt mich namentlich. Da entsteht eine Vertrautheit. Ein wenig wie im Wartezimmer. Dort ist ja meistens eine unbekannte Gemeinschaft des Schweigens versammelt.
Welche Anliegen die Einzelnen hergeführt haben, weiß keiner voneinander. Ich kenne nicht eine der Lebensgeschichten ringsum. Aber uns eint, dass wir alle beim Knacken im Lautsprecher gespannt sind, ob jetzt der eigene Name aufgerufen wird.
Und aufregend der Augenblick, da es passiert. Plötzlich ist etwas von dieser Anonymität gewichen. Du bist nicht die Nummer, die du zuvor am Automaten gezogen hast und die dann im Display aufleuchtet. Du bist genannt und bekannt. Jemand fragt nach dir. Ist da für dich. Hört dir zu und nimmt im besten Fall etwas von deinen Beschwerden ab.