Montag, 24.02.2025: Häretiker
Na, freuen Sie sich auch schon so sehr auf das 1.700-jährige Jubiläum des Konzils von Nicäa? Nein? Das überrascht mich jetzt. Dabei war das, was dort entschieden wurde, eine der größten Theologiedebatten der Kirchengeschichte!
Tauchen wir kurz ins Jahr 325 nach Christus ein. Kaiser Konstantin berief das erste große Konzil der Kirche ein. Das Ziel: endlich klären, wer Jesus Christus wirklich ist. Und da gab es eine hitzige Diskussion! Ein Mann namens Arius behauptete, dass Jesus zwar von Gott gezeugt, aber nicht ewig sei. Damit wäre er also nicht göttlich im eigentlichen Sinn - eine Idee, die viele Theologen als skandalös empfanden. Das auszusprechen war quasi ein Tabubruch!
Das Konzil entschied: Nein, Jesus ist "wahrer Gott von wahrem Gott". Arius' Karriere war damit beendet. Er wurde verurteilt, seine Lehre als Häresie, also als falsch, gebrandmarkt. Häretiker wurden verbannt, ihre Schriften verbrannt.
Dabei ist es doch spannend zu sehen, wie sehr sich Wahrheiten im Lauf der Zeit verändern. Vor Jahrhunderten war es unvorstellbar, dass die Sonne sich nicht um uns dreht, sondern dass wir uns um sie drehen. Und heute? Ist es für uns selbstverständlich. Wer weiß, über welche unserer "unumstößlichen Wahrheiten" unsere Nachfahren schmunzeln werden?
1.700 Jahre nach Nicäa, dürfen wir zumindest theologische Fragen offen diskutieren, ohne befürchten zu müssen, dass jemand uns aus der Kirche wirft. Und seien wir ehrlich:
Genauso sollten wir es auch in größeren Diskussionen halten. Ob Kirche, Gesellschaft oder Politik - der Streit gehört dazu, und er ist sogar notwendig. Aber er sollte uns nicht spalten. Natürlich gibt es Meinungen, die wir nicht einfach so stehen lassen können. Wenn Menschenwürde, Gerechtigkeit oder das Wohl anderer auf dem Spiel stehen, dann reicht es nicht, nur höflich zu debattieren. Doch in vielen Fragen des Lebens dürfen wir uns eine Haltung bewahren, die offen bleibt für Argumente - und für ein Miteinander, das trotz aller Differenzen bestehen bleibt.
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