Verkündigungssendung Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN | 10. - 16.02.2025
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Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche Stephan Ringeis, am Sonntag Michael Markert.
Sonnabend, 15.02.2025 Leibesübung
Die bevorstehende Bundestagswahl ist eine Leibesübung. Bei Leibesübungen kommt alles in Bewegung. Und manchmal spüre ich erst, wenn ich mich durchdehne und bei der Morgengymnastik ins Schwitzen komme, was alles zu meinem Körper gehört. Muskeln, von denen ich nichts wusste. Gelenke, die sich dann gern mal melden. Aber warum soll die bevorstehende Wahl eine Leibesübung sein?
Es ist ein Bild, um das es mir geht. Zu finden ist es in der Bibel. Paulus beschreibt die Gemeinde von Jesus, indem er sie mit diesem Bild vergleicht. Sie hat viele Glieder, aber es ist ein Leib. Jedes Glied hat seine eigene wichtige Aufgabe. Die Hand. Der Kopf. Die Füße. Selbst das Geschlechtsorgan wird im Vergleich nicht vergessen. Aber erst das Zusammenspiel aller in einem Leib gibt dem Ganzen Sinn.
Paulus hat das Bild, wenn man so will, geklaut. Erfunden haben es Philosophen in der Antike. Es findet sich schon bei Platon und bei Aristoteles. Die lebten etwa 350 Jahre vor Christus. Sie verstanden das Bild vom Leib mit seinen vielen Gliedern als ein Bild für die Gesellschaft. Die gesamte Gesellschaft ist wie ein Leib. Jeder und jede gehört dazu und hat seine Aufgabe. Ich bin also "Mit-Glied" dieser Gesellschaft.
Hat Paulus dieses Bild einst geklaut, möchte ich das Bild jetzt gern wiederhaben für uns als Gesellschaft. Jedes Glied der Gesellschaft ist wichtig, ob alt oder jung, Mann, Frau oder divers, stark oder schwach. In einer Gesellschaft, in der immer mehr Menschen nur an sich denken wollen, ist das ein Gegenbild. Wir sind Glieder eines Leibes und aufeinander angewiesen.
Wenn gesagt wird, es funktioniert in dieser Gesellschaft nichts mehr richtig, dann liegt das vermutlich an ihren Mit-Gliedern. Wenn etwas funktioniert, dann aber auch: Viele bringen sich ein, im Ehrenamt, in der Nachbarschaftshilfe, in Vereinen und Gemeinden, in der Kommunalpolitik, auch mit seinem Beruf hält jeder einzelne den Leib der Gesellschaft am Laufen. Wir sind reich an Menschen und an Begabungen.
Nun ist in einer Woche Wahl. Nur eine Entscheidung von vielen. Aber nicht unwichtig. Ich werde mich bewegen, gehe hin und will zeigen, dass ich Teil dieser Gesellschaft bin
Freitag, 14.02.2025: Barmherzigkeit
Nun ist es wie immer im Wahlkampf. Am Anfang schaue ich mir die Wahlplakate noch interessiert an. Gegen Ende kann ich sie nicht mehr sehen und freue mich auf plakatfreie Straßen. Das wird schön und dann kann der Frühling kommen.
Jemand hat mir gesagt, diese Plakate hätten viel Wirkung auf die Menschen. Ist das so? Dann wären sie wenigstens nicht umsonst. Mich erinnern sie auf jeden Fall an die Wahl. Als Christ frage ich tatsächlich, was sagt denn die Bibel dazu?
Demokratie gab es in biblischer Zeit noch nicht. Für alle, die darüber jubeln wollen, die Zeit war deshalb keinesfalls besser oder einfacher. Eher das Gegenteil. Ein prägnanter Satz wird Gott zum Thema Wahl zugeschrieben. Er sagt: "Ich habe euch Segen und Fluch vorgelegt, dass du das Leben wählst und am Leben bleibst." Schön.
Aber was ist Segen? Was ist Fluch? Nicht so einfach - oder doch: Segen ist Beziehung. Fluch ist Trennung. Segen ist Gemeinschaft. Fluch ist Krieg. Segen ist Gerechtigkeit. Fluch ist Ausbeutung. Segen ist Gastfreundschaft. Fluch ist Geschlossene Gesellschaft. Segen ist Augenhöhe. Fluch ist Unterdrückung. Segen ist Leben. Fluch ist Tod. Schön. Hilft das weiter? Die Übergänge sind doch oft fließend.
Oft gibt es doch kein "Entweder-Oder". Stimmt. Für mich gibt es noch ein weiteres Wort, dass Segen wunderbar beschreibt, aber zugegeben, ein wenig aus dem Rahmen fällt: In der biblischen, der hebräischen Sprache ist es ein weiches Wort: Chäsed. Es meint: Güte. Gnade. Barmherzig sein. - Das hilft mir.
Ich will gern barmherzig sein bei den bevorstehenden Wahlen. Es sind alles Menschen wie du und ich auf den Plakaten. Niemand ist vollkommen. Und die Aufgaben sind herausfordernd. Aber ich werde auch aufpassen. Unbarmherziges Reden und Tun gegenüber auch nur einem Menschen, bekommt meine Stimme nicht.