17.02.2025: Da haben sich zwei gefunden
"Anfangs setzten sie sich immer an verschiedene Tische. Aber dann haben sie auf einmal zusammengesessen."
So hat es mir Astrid erzählt, eine Freundin, die einige Zeit ehrenamtlich in einem kirchlichen Café gearbeitet hat. Dort gab es selbst gemachte Kuchen und Torten, Kaffee in allen möglichen Varianten und pürierte Suppen. Eigentlich spricht man ja von "gebundene Suppen", aber Astrid sagt "püriert" und das hat seinen guten Sinn. Der Renner im Café war übrigens die Erdnusssuppe.
Astrid war immer dienstags dort und hat es selbst miterlebt, wie zwei Stammgäste auf einmal nicht mehr an verschiedenen Tischen Platz nahmen, sondern an einem. Zwei besondere Stammgäste...
"Der eine Mann ist sehr dünn und sehr groß", sagt Astrid. "Du hast ihn bestimmt schon mal gesehen. Er hat Krebs im ganzen Körper. Keiner weiß, warum er noch lebt. Aber das tut er. Er ist zäh und will ganz alt werden. Er hat jeden Tag eine große Tasse Kaffee getrunken, mit Zucker und Milch, und eine pürierte Suppe gegessen, etwas anderes kann er nicht schlucken.
"Der andere Mann", so Astrid weiter, "ist blind. Auch den hast du bestimmt schon mal gesehen. Er testet die Gehwege in der Stadt - ob sie für blinde Menschen geeignet sind. Und wenn nicht, meldet er das." Ich nicke beeindruckt.
"Tja und anfangs saßen die beiden immer an getrennten Tischen, aber irgendwann haben sie angefangen, ihre Suppe zusammen zu essen, an einem Tisch, jeden Tag. Oft standen sie schon vor der Tür, wenn wir 13 Uhr aufgeschlossen haben. Eine Zeitlang mussten die beiden bei uns im Café gar nichts bezahlen, später haben wir uns aber geeinigt, dass sie entweder den Kaffee oder die Suppe bezahlen. Auf alle Fälle haben sie immer Trinkgeld gegeben.
In der Coronazeit, als das Café geschlossen war, hatten sie trotzdem jeden Tag Kontakt. Und sie haben sogar gemeinsam eine Grabstelle für den langen dünnen Mann ausgesucht."
So hat es mir Astrid erzählt und ich wusste gleich, dass ich diese Geschichte weitererzählen will. Weil es mich rührt, dass sich da zwei gefunden haben und weil ich denke, dass es solche besonderen Orte braucht wie das christliche Café. Orte, an denen man auch mal ein kostenloses Mittagessen bekommt und dazu noch Freunde fürs Leben.