Tipps vom Rechtsexperten Streit am Gartenzaun – das sind Ihre Rechte und Pflichten
Hauptinhalt
11. Mai 2023, 08:20 Uhr
Ob Schrebergarten oder grüne Oase hinterm Haus: Für alles gibt es in Deutschland Regeln und Vorschriften. Brauche ich wirklich eine Genehmigung für das Fällen eines Baumes? Darf ich die Äpfel auf meiner Seite essen und den Baum beschneiden, wenn er in meinen Garten herüberragt? Wie oft darf ich grillen? Und wann darf der Rasen gemäht oder die Hecke gestutzt werden? Und wie ist das Verbrennen von Abfällen geregelt? Rechtsexperte Gilbert Häfner hat die Antworten.
Lärm
Zu welchen Tageszeiten ist die Benutzung des Rasenmähers erlaubt?
In Wohn- und Erholungsgebieten ist es generell verboten, den motorbetriebenen Rasenmäher an Werktagen (Montag bis Sonnabend) in der Zeit von 20.00 Uhr bis 07.00 Uhr oder an Sonntagen oder Feiertagen in Betrieb zu nehmen. Weitere Einschränkungen ergeben sich in vielen Gemeinden aus einer örtlichen Satzung. So dürfen etwa gemäß § 17 der Polizeiverordnung der Stadt Leipzig motorbetriebene Gartengeräte nur werktags in der Zeit von 7.00 Uhr bis 13.00 Uhr sowie von 15.00 Uhr bis 20.00 Uhr benutzt werden.
Kann ein Hundehalter wegen Hundegebell vom Nachbarn belangt werden?
Häufiges oder länger andauerndes lautes Hundegebell wird gemeinhin als störend empfunden und kann im Einzelfall sogar zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Die Rechtsprechung erkennt daher betroffenen Nachbarn einen Anspruch auf Unterbindung unzulässigen Lärms durch Hundegebell zu – zumindest während der Nacht- und der Mittagsruhezeiten sowie an Feiertagen. Der Hundebesitzer kann sich auch nicht darauf berufen, dass das Bellen eine natürliche Verhaltensweise von Hunden darstellt, auf die er keinen Einfluss hat. Er ist vielmehr verpflichtet, den Hund während der Ruhezeiten in schallgedämmten Räumen unterzubringen.
Gerüche
Muss man als Dorfbewohner die Geruchsbelästigung hinnehmen, wenn der Nachbar auf seinem Grundstück Hühner oder Ziegen hält?
In ländlichen Regionen kann die Haltung von Nutztieren eine ortsübliche Grundstücksnutzung darstellen. In diesem Fall muss der Nachbar des Nutztierhalters auch die Gerüche dulden, die von den Tieren ausgehen. Wird allerdings dabei das zumutbare Maß der hinzunehmenden Beeinträchtigung überschritten, kann der sich gestört fühlende Nachbar von dem Tierhalter einen finanziellen Ausgleich verlangen.
Wie oft darf man in seinem Garten grillen?
Auch wenn laue Sommerabende hierzulande zum Grillvergnügen einladen – unbegrenzt oft darf man seine Nachbarn nicht mit den Rauchschwaden des eigenen Holzkohlegrills belästigen. Eine konkrete gesetzliche Regelung gibt es nicht, die Rechtsprechung ist in dieser Frage nicht ganz einheitlich. Beispielsweise hat das Amtsgericht Bonn entschieden, dass in den Monaten April bis September einmal im Monat gegrillt werden darf, wenn die Nachbarn zwei Tage vorher informiert werden. Andere Gerichte sind etwas großzügiger, so hat das Landgericht Aachen zwei Grillabende pro Monat für zulässig gehalten.
Darf man auf seinem Grundstück offenes Feuer machen?
In nahezu allen Gemeinden bedürfen am Boden unter freiem Himmel entfachte und unterhaltene Holzfeuer ("Lagerfeuer") einer behördlichen Genehmigung. Erlaubnisfrei ist hingegen das Verbrennen von Holz in Feuerschalen, -körben oder -tonnen. Gleichwohl ist darauf zu achten, dass der hiervon ausgehende Rauch nicht oder nur minimal auf das Nachbargrundstück dringt. Daher sollte mit der Feuerquelle ein ausreichender Abstand von der Grundstücksgrenze gehalten werden. Nicht zu vergessen ist ferner, dass das gemütliche Zusammensitzen ums Feuer meist mit Gesprächen, zuweilen auch mit Singen einhergeht. Insoweit ist zu den üblichen Ruhezeiten die Lautstärke zu reduzieren, denn nächtliche Ruhestörung kann nicht damit gerechtfertigt werden, dass sie an einer Feuerschale stattfindet.
Bäume, Sträucher, Hecken und Zäune
Wie hoch darf eine Hecke direkt an der Grenze zum Grundstück des Nachbarn maximal sein und sind Grenzabstände zu beachten?
Grundsätzlich hat jeder Eigentümer das Recht, sein Grundstück einzufrieden, also einen Zaun zu errichten oder eine Hecke anzupflanzen. Dabei muss er aber die Vorschriften des Baurechts und des Nachbarrechts beachten. So müssen z. B. für Anpflanzungen je nach Höhe bestimmte Grenzabstände (in Sachsen zwischen 0,5 und 2 m) eingehalten werden. Pflanzen bis 2 m Höhe müssen mindestens 0,5 m von der Grenze entfernt stehen. Verstößt der Nachbar gegen diese Bestimmungen, kann die Beseitigung der Bepflanzung oder deren Rückschnitt auf die zulässige Höhe verlangt werden. In einigen Ländern beschränkt sich der Anspruch auf Rückschnitt allerdings auf die Monate außerhalb der Wachstumsperiode.
Dürfen überhängende Äste von Nachbars Baum einfach abgeschnitten oder herübergewachsene Wurzeln beseitigt werden?
Zweige oder Wurzeln von Nachbars Baum, die die Nutzung des eigenen Grundstücks beeinträchtigen, müssen nicht geduldet werden. Lehnt der Nachbar die Beseitigung überhängender Äste ab oder lässt er eine ihm gesetzte Frist ungenutzt verstreichen, so darf man selbst zur Tat schreiten. Zuvor sollte man sich allerdings informieren, ob es in der Gemeinde eine Baumschutzsatzung gibt, die derartige Eingriffe verbietet oder einschränkt. Sind Wurzeln auf das eigene Grundstück eingedrungen, bedarf es einer vorherigen Aufforderung unter Fristsetzung nicht. Zweige und Wurzeln, welche die Benutzung des eigenen Grundstücks nicht wesentlich beeinträchtigen, müssen allerdings geduldet werden.
Wem gehört das Obst, welches von überhängenden Zweigen auf das Nachbargrundstück gefallen ist?
Grundsätzlich gehört das Obst dem Eigentümer des Baumes, und zwar auch dann, wenn es sich an Zweigen befindet, die über die Grundstücksgrenze hängen. Sind die Früchte allerdings bereits auf das Grundstück des Nachbarn gefallen, darf dieser sie aufsammeln und behalten. Pflücken darf sie der Nachbar aber nicht, auch das Schütteln des Baumes ist nicht erlaubt.
Betreten des Grundstücks
Muss man den Nachbarn auf das eigene Grundstück lassen, wenn dieser eine Reparatur an der Außenwand seiner Garage vornehmen will, die unmittelbar an der Grundstücksgrenze errichtet ist?
In der Regel, so z. B. im Freistaat Sachsen (vgl. §§ 24, 21 SächsNRG), sehen die Nachbarrechtsgesetze der Länder ein so genanntes Hammerschlags-, Leiter- und Schaufelschlagsrecht vor. Danach hat der Eigentümer zu dulden, dass der Nachbar zur Errichtung, Veränderung, Reinigung, Unterhaltung oder Beseitigung einer baulichen Anlage auf seinem Grundstück das angrenzende Grundstück vorübergehend betritt, darauf oder darüber Leitern oder Gerüste aufstellt sowie die zu den Bauarbeiten erforderlichen Gegenstände über das Grundstück des Eigentümers transportiert, wenn und soweit das Vorhaben anders nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten durchgeführt werden kann und die mit der Duldung verbundenen Beeinträchtigungen nicht außer Verhältnis zu dem vom Nachbarn erstrebten Vorteil stehen.
Unter den gleichen Voraussetzungen darf der Nachbar für die Dauer der Arbeiten auch Sand, Schlamm oder anderen Erdaushub auf dem angrenzenden Grundstück lagern; diesen muss der Nachbar nach Abschluss der Arbeiten unverzüglich entfernen. Der Nachbar darf allerdings mit der Nutzung des anderen Grundstücks nicht einfach loslegen, wenn es ihm in den Sinn kommt. Vielmehr hat er dem Eigentümer die Ausübung jener Rechte spätestens einen Monat vor Durchführung der geplanten Maßnahme anzuzeigen.
Überwachungskamera
Der Grundstückseigentümer hat zum Schutz vor Einbrüchen Überwachungskameras an den Hauswänden angebracht. Allerdings wird hiervon auch der unmittelbar an das Grundstück grenzende Garten des Nachbarn erfasst. Muss dieser die Videoüberwachung dulden?
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, welches jedermann den Schutz seiner persönlichen Daten gewährleistet, gilt auch im Verhältnis zwischen Privatpersonen. Der von einer Videoüberwachung Betroffene kann demnach das Unterlassen der Überwachung verlangen, wenn das Interesse des Betreibers der Überwachungsanlage am Schutz seines Eigentums vor unberechtigten Übergriffen das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen nicht überwiegt. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, da die Gefahr für das Eigentum des Anlagenbetreibers nicht von dem Nachbarn ausgeht. Der Anlagenbetreiber muss daher den Garten des Nachbarn von der Videoüberwachung ausnehmen.
Schuppen und Gartenhaus
Darf ein Geräteschuppen unmittelbar an der Grundstücksgrenze errichtet werden?
Die Größe der Abstandsflächen für Gebäude bestimmt sich nach der Bauordnung des jeweiligen Bundeslandes. Im Freistaat Sachsen beispielsweise (vgl. § 6 SächsBO) ist grundsätzlich ein Mindestabstand von 3 m einzuhalten. Ausgenommen hiervon sind aber Garagen einschließlich Abstellraum und Gebäude ohne Aufenthaltsräume und Feuerstätten – somit auch Geräteschuppen – mit einer mittleren Wandhöhe bis zu 3 m und einer Gesamtlänge je Grundstücksgrenze von 9 m. Derartige Gebäude dürfen innerhalb der Abstandsfläche, somit auch unmittelbar an der Grundstücksgrenze errichtet werden. Übrigens gilt diese Ausnahme auch für gebäudeunabhängige Solaranlagen mit einer Höhe bis zu 3 m und einer Gesamtlänge je Grundstücksgrenze von 9 m.
Darf man in seinem Gartenhaus wohnen?
Wohngebäude dürfen sich in bestimmten Bereichen einer Gemeinde befinden und müssen besondere Anforderungen an die Sicherheit zugunsten seiner Nutzer und Umgebung erfüllen. Deshalb bedarf derjenige, der ein als "bloßes" Gartenhaus errichtetes Gebäude zum Wohnen nutzen will, einer behördlichen Genehmigung.
Nachbarstreit schlichten
Wohin kann man sich wenden, wenn man mit dem Gartennachbarn Streit hat und nicht gleich vor Gericht ziehen möchte? Gibt es so etwas wie eine Schlichtungsstelle?
Der Streit unter Nachbarn eignet sich wegen seines persönlichen Einschlags ganz besonders für eine Schlichtung bei einer kommunalen Schiedsstelle, in manchen Bundesländern – so in Sachsen – auch Friedensrichter genannt. Ein Verfahren dort ist wesentlich kostengünstiger als bei Gericht. Vor den kommunalen Schieds- und Schlichtungsstellen fällt lediglich eine Gebühr an, die sich – von Land zu Land unterschiedlich – im Grundsatz zwischen 10 und 50 Euro bewegt und bei Abschluss eines Vergleichs mindestens 20 Euro beträgt. Hinzu kommen Schreib- und Portoauslagen. In den meisten Bundesländern (nicht jedoch z. B. in Sachsen und Thüringen) ist ein solches Verfahren vor einer Schlichtungsstelle sogar Voraussetzung für den Gang zu Gericht. Eine geeignete Schlichtungsstelle findet man unter www.schiedsstellen.de.
Mehr zum Thema Nachbarrecht
Fast alle Justizministerien der Länder haben kostenlose Broschüren zum Thema "Nachbarrecht" herausgegeben. Die sächsische Broschüre können Sie hier anfordern: Nachbarrecht in Sachsen.
Auch die Verbraucherzentrale hat dazu ein informatives, umfangreiches Buch herausgegeben: Meine Rechte als Nachbar - Verbraucherzentrale für 13,99 € als E-Book oder 16,90 € als Buch.
Quelle: MDR um 4 / Gilbert Häfner
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 11. Mai 2023 | 17:00 Uhr