Der Redakteur | 12.12.2023 Warum wird das Rauchverbot auf Bahnsteigen nicht immer durchgesetzt?
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11. Dezember 2023, 18:20 Uhr
Seit 2007 haben wir ein umfassendes Rauchverbot in Deutschland. Was einst als "Ende der Gastronomie" bezeichnet wurde, ist heute fast kein Thema mehr. Wären da nicht die gesetzlichen Absonderlichkeiten.
Das Bundesnichtraucherschutzgesetz spricht schon im Paragrafen 1 Klartext und verbietet das Rauchen in Einrichtungen des Bundes, im ÖPNV und auf Bahnhöfen. Ergänzend wird noch erwähnt, dass geschlossene Räume gemeint sind, nicht aber Wohnungen. Daraus ergeben sich einige Fragen und Bereiche, die nicht betroffen sind.
Eine Frage bezieht sich darauf, wo eigentlich Landesbehörden oder Gaststätten erwähnt werden und was genau ein abgeschlossener Raum ist. Bei der Bahn ist es eben die Bahnhofshalle, nicht aber der Bahnsteig, es sei denn, er ist "vollständig umschlossen", so wie vielleicht irgendwann einmal der Stuttgarter Hauptbahnhof tief unter der Erde.
Bedeutet: Auf den Bahnsteigen verbietet das Bundesnichtraucherschutzgesetz das Rauchen nicht. Das macht dafür die Bahn in ihrer Hausordnung. Die Bundespolizei setzt dies durch. Sie sanktioniert das Rauchen in der Bahnhofshalle. Dort gibt’s ein Bußgeld, auf dem Bahnsteig nur ein "Dudu" bis hin zum Rauswurf.
Strafen drohen, wenn Reinigungskosten entstehen
Geld koste es auf dem Bahnsteig nur, wenn man zum Beispiel Reinigungskosten verursacht, teilt die Deutsche Bahn (DB) schriftlich mit und setzt als Untergrenze 60 Euro an.
Für absichtlich herbeigeführte Verschmutzungen und Beschädigungen stellt die DB ein Bearbeitungsentgelt (mindestens 60 Euro) in Rechnung, sofern der entstandene Sachschaden dies rechtfertigt.
Mit dem Rauchverbot außerhalb der ausgewiesenen Raucherbereiche will die DB Nichtraucher und Kinder schützen und Verunreinigungen vermeiden, teilte ein Bahnsprecher schriftlich mit.
Dass im Alltag trotzdem Reisende und auch Personal von Eisenbahnunternehmen direkt am Zug rauchen, mit der Klinke in der Hand. Das mag nachvollziehbare praktische Gründe haben, aber eigentlich ist es nicht in Ordnung. Und wenn sich die Nichtraucherinitiativen durchsetzen, dann gibt es auch hier bald ein Bußgeld.
Welche Bestrebungen gibt es zu noch mehr Nichtraucherschutz?
Der Verein Pro Rauchfrei e. V. führt den Untertitel "Lobby der Nichtraucher" und gibt als einer von wenigen Interessenverbänden offen zu, Lobbyarbeit zu betreiben. In dem Falle so intensiv in Berlin, dass man den Gesetzgebern sogar einen "eigenen" Gesetzentwurf an die Hand gegeben hat. Im Klartext soll das Bundesnichtraucherschutzgesetz so geändert werden, dass auch an Bahnsteigen und anderen Haltestellen – Stichwort Bus und Straßenbahn – ein Rauchverbot gilt und unter anderem auch in Autos nicht mehr geraucht werden darf, wenn Kinder oder Schwangere an Bord sind.
Das ist aus gesundheitlicher Sicht löblich, führt aber zu praktischen Fragen: Denn eine Frau wird sich nicht jedem Fahrer offenbaren wollen und der hat das Problem, dass er nur mit Hilfe eines negativen Schwangerschaftstests halbwegs rechtssicher unterwegs ist. Wenn der Bund nicht in die Puschen kommt, will man an die Länder ran, die jetzt schon eigene Regeln vorhalten.
Sollte eine bundeseinheitliche Regelung nicht gelingen, werden wir bei den einzelnen Bundesländern für eine Neufassung ihrer Nichtraucherschutzgesetze eintreten.
Ländergesetze ergänzen Bundesgesetz
Die verschiedenen einschlägigen Ländergesetze ergänzen das Bundesgesetz um den Zuständigkeitsbereich der Länder. Unser Föderalismus macht das nötig, denn der Bund kann schlicht nicht einfach in die Zuständigkeiten der Länder eingreifen. Deswegen steht im Bundesnichtraucherschutzgesetz nur etwas von "Bundesbehörden". Den Rest regelt das Thüringer Nichtraucherschutzgesetz.
Nichtrauchergesetze müssen wegen Canabis-Freigabe überarbeitet werden
Wegen dieses Gesetzes dürfen wir u.a. in Gaststätten oder in Geschäften nicht mehr rauchen. Spätestens mit der Cannabis-Freigabe müssen ohnehin alle noch einmal an ihre Nichtraucherschutzgesetze ran. Es wäre eine schöne Gelegenheit - so nicht schon geschehen - auch E-Zigaretten und andere "neuartige" Produkte einzuschließen, sagt die selbsterklärte Nichtraucherlobby.
Und während aktuell das Rauchen nur in Sporthallen untersagt ist, will "Pro Rauchfrei e.V." zum Beispiel auch die Stadien mit einschließen. Angestrebt wird letztlich eine "Generation rauchfrei" und zwar bis 2040. Maximal 5 Prozent der Deutschen sollen dann noch rauchen. Das ist das ferne Ziel, um die Zahl der Todesfälle zu verringern. Der Verein verweist auf 350 Menschen, die pro Tag an den Folgen des Rauchens frühzeitig sterben.
Die nötigen Anstrengungen lohnen sich, weil sie verhindern, dass weiterhin jeden Tag mehr als 350 Menschen vorzeitig an den Folgen des Rauchens sterben.
Wie werden die Verbote durchgesetzt?
Laut Bahn und Bundespolizei passiert das. Im Alltag zeigt sich aber, dass dem nicht immer so ist. Zumindest auf den Bahnsteigen, wo auch schon mal das Zugpersonal selbst an den Zugtüren steht, also außerhalb der vorgesehenen Raucherzonen. Das könnte sich ändern, wenn tatsächlich die Gesetze auch auf diese Bereiche ausgedehnt werden. Darauf wetten sollte man aber besser nicht.
Zwar konzentrierten sich die Beschwerden von MDR THÜRINGEN-Hörern tatsächlich auf die Bahnsteige, aber eben auch auf die Zugtoiletten. Dort ist das Rauchen ja jetzt schon gesetzlich verboten und wenn dort Rauchmelder sind, werden die Züge auch gestoppt. Das sollte man wissen.
Wie oft in Thüringen Bußgelder in Verbindung mit dem Rauchverbot verhängt worden sind, konnte die Bundespolizei aber nicht sagen. Man führe keine Statistiken darüber.
Eine Statistik dazu wird in hiesiger Stelle nicht geführt, weshalb keine Aussagen zur Häufigkeit getroffen werden können.
MDR (dvs/jw)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 11. Dezember 2023 | 16:40 Uhr