Neu ab Juli Maestro fällt weg, mehr Rente, Pflegeversicherung wird teurer
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30. Juni 2023, 17:28 Uhr
Die Maestro-Funktion wird Geschichte. Rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner können sich über mehr Geld freuen. Der Beitrag für die Pflegeversicherung wird teurer. Mehr dazu gibt es hier – und auch Infos zu weiteren neuen Gesetzen Änderungen für Verbraucherinnen und Verbraucher, die im Juli wichtig sind.
Inhalt des Artikels:
- Girokarte ohne Maestro-Funktion
- Rente steigt und Rentenwert in Ost und West angeglichen
- Beitrag zur Pflegeversicherung steigt
- Einkommensfreigrenzen beim Bürgergeld angehoben
- Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen
- Erleichterter Zugang Kurzarbeitergeld läuft aus
- DHL erhebt Gebühr für Empfängerunterschrift
- Startschuss für das E-Rezept
- Gasspeicherumlage mehr als verdoppelt
- Schutz für Whistleblower in der Firma
Girokarte ohne Maestro-Funktion
Neue Giro-Karten – früher EC-Karte genannt – sollen ab dem 1. Juli nicht mehr mit Maestro-Funktion ausgestattet werden. Zuvor ausgegebene Karten behalten jedoch ihre Maestro-Funktion, solange sie gültig sind. Die letzten laufen Ende 2027 ab. Die Maestro-Funktion ermöglicht es, auch weltweit elektronisch und damit bargeldlos zu zahlen und am Automaten Geld abheben zu können – wenn die Maestro-Funktion dort akzeptiert wird.
Es folge nun eine schrittweise Umstellung auf international einheitliche Debit-Karten, da die Maestro-Karten "nicht mehr zu den heutigen Bedürfnissen der Bank- und Sparkassen-Kund:innen passen", erklärt der US-Zahlungsdienstleister Mastercard. Der angegebene Hauptgrund: Mit einer Giro-Karte mit Maestro-Funktion kann man nicht im Internet einkaufen. "Die Vermutung ist, dass Mastercard seine Position auf dem deutschen Markt damit ausbauen möchte" erklärt Josefine Litzau von "Finanztip" dem MDR. Denn wenn die neue Karte im Online-Handel einsetzbar ist, verdient der Kartenanbieter über Gebühren mit.
Wie tagesschau.de berichtet, steigen jedoch nicht alle Banken am 1. Juli reibungslos um. Nicht alle Kreditkarteninstitute würden ab dem Stichtag Girokarten ohne Maestro-Funktion ausgeben. Wer dann jedoch eine Karte ohne Maestro-Funktion hat, muss prüfen, ob er dann im Ausland zur Kreditkarte greift, das Kreditunternehmen ein alternatives Zahlungssystem anbietet oder das Visa-Konkurrenzsystem V-Pay für ihn infrage kommt.
Rente steigt und Rentenwert in Ost und West angeglichen
Ab 1. Juli erhalten rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland mehr Geld. Im Westen gibt es 4,39 Prozent mehr und im Osten 5,86 Prozent. Daneben gilt zudem nun auch ein Rentenwert in Ost und West: Er liegt bei 37,60 Euro. Die Angleichung erfolgt damit ein Jahr früher als geplant. Der aktuelle Rentenwert West lag bisher bei 36,02 Euro, der Rentenwert Ost bei 35,52 Euro, was 98,6 Prozent entsprach.
Beitrag zur Pflegeversicherung steigt
Der allgemeine Beitragssatz in der Pflegeversicherung beträgt ab 1. Juli 3,4 Prozent und wird damit um 0,35 Prozentpunkte angehoben. Kinderlose ab 23 Jahre müssen nun einen Zuschlag von 0,6 Prozent zahlen; bisher waren es 0,35 Prozent. Das sind Bausteine des neuen Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetzes (PUEG), mit dem die Finanzierung der Pflege gestützt werden soll.
Entlastet werden dann auch Eltern mit mehr als zwei Kindern: Der Beitrag wird ab dem zweiten bis zum fünften Kind um je 0,25 Prozentpunkte während der Erziehungszeit bis zum 25. Lebensjahr gesenkt. Der Arbeitgeber-Anteil bleibt in der Ermäßigtenphase jedoch immer gleich.
Einkommensfreigrenzen beim Bürgergeld angehoben
Für Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld gibt es ab 1. Juli wichtige Änderungen bei den Freibeträgen für Erwerbstätige.
- Wer arbeitet und dafür ein Einkommen von 520 bis 1.000 Euro erhält, darf davon 30 Prozent statt bisher 20 Prozent behalten.
- Bei Schüler- und Studentenjobs, beruflicher Ausbildung, Bundesfreiwilligendienst und Freiwilligem Sozialen Jahr (kurz: FSJ) gilt: Das Einkommen bis zur Minijob-Grenze, aktuell 520 Euro, bleibt anrechnungsfrei.
- Ohne Abzüge bleiben Entlohnungen von Schülerjobs in den Ferien.
- Bei Ehrenamtlichen bleiben bis zu 3.000 Euro der Aufwandsentschädigung pro Jahr unberücksichtigt.
Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen
Die gesetzlichen Pfändungsfreigrenzen werden zum 1. Juli angepasst. Sie garantieren verschuldeten Personen mit Arbeitseinkommen ein Existenzminimum und die Möglichkeit der Erfüllung von gesetzlichen Unterhaltspflichten.
Ab dem 1. Juli 2023 ist bei Schuldnern ohne Unterhaltspflichten ein monatlicher Betrag bis 1.409,99 Euro unpfändbar. Bisher lag die Grenze bei 1.330,16 Euro. In der Vergangenheit wurden die Pfändungsfreigrenzen aller zwei Jahre angelehnt an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten angepasst, seit 2021 erfolgt dies jährlich.
Erleichterter Zugang Kurzarbeitergeld läuft aus
Die Sonderregelung für den erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld ist bis 30. Juni 2023 befristet. Sie ermöglichte Kurzarbeitergeld bereits dann zu zahlen, wenn mindestens zehn Prozent (statt regulär ein Drittel) der Beschäftigten von einem Entgeltausfall betroffen sind. Beschäftigte mussten zudem keine Minusstunden vor dem Bezug von Kurzarbeitergeld aufbauen. Die Sonderregelung galt auch für Leiharbeiter.
"Die Situation auf dem Arbeitsmarkt gestaltet sich besser als noch letzten im Herbst erwartet. Die Bundesregierung plant daher keine Verlängerung der Sonderregelungen zum Kurzarbeitergeld. Die Nutzung von Kurzarbeitergeld auf Grundlage der regulären gesetzlichen Bestimmungen ist selbstverständlich weiterhin möglich", erklärte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf MDR-Nachfrage.
DHL erhebt Gebühr für Empfängerunterschrift
Ab 1. Juli verlangt DHL für das Einholen der Empfängerunterschrift bei der Auslieferung von gewerblichen Sendungen (also von Geschäftskunden und Versandhäusern) 19 Cent im Rahmen eines zubuchbaren Extra-Services. Beauftragen muss dies der Absender, dieser trägt auch die Kosten. "Benötigt ein Kunde über die standardmäßige Unterschrift der Zustellkraft hinaus die Unterschrift der Empfangsperson, dann ist dies ein Mehraufwand in der Zustellung, der entsprechend berechnet wird", erklärt DHL.
Startschuss für das E-Rezept
Am 1. Juli fällt nun bundesweit der Startschuss für das E-Rezept für Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherungen. Vor zwei Jahren hatte die Testphase begonnen, begleitet von Schwierigkeiten, weil sich die technische Umstellung mit Software und Lesegeräten immer wieder verzögert hatte.
So ganz geht es auch jetzt nicht los: Aber immerhin 80 Prozent der Apotheken sollen bis Ende Juli an das System angeschlossen sein und die digitalen Daten verarbeiten können, erklärte Gesundheitsminister Lauterbach gegenüber dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".
Ein Vorteil des E-Rezeptes ist, dass das Rezept bereits vorab der Apotheke übermittelt werden kann und man sich unnötige Wege spart, falls das nötige Medikament noch bestellt werden muss. Um das E-Rezept vom Arzt bekommen zu können, muss die elektronische Gesundheitskarte NFC-fähig sein. Zudem müssen Patientinnen und Patienten über ihre Versicherten-PIN verfügen, die sie über ihre Krankenkasse bekommen.
Das E-Rezept wird nach Angaben des Gesundheitsministeriums auf drei Wegen einlösbar sein:
- Es kann über eine E-Rezept-App an die Apotheke gesendet werden.
- Es soll als Papierausdruck in der Arztpraxis ausgehändigt und dann in der Apotheke vorgelegt werden können.
- Es soll über die elektronische Gesundheitskarte (eGK) über das Lesegerät in der Apotheke abgerufen werden können.
Gasspeicherumlage mehr als verdoppelt
Die Gasspeicherumlage wird zum 1. Juli von 0,059 Cent/kWh auf 0,145 Cent/kWh angehoben. Die Gasspeicherumlage war mit dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) zur Sicherung der Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen zum 30. April 2022 eingeführt worden, um die Kosten für die Befüllung der Gasspeicher auf die Gaskunden umzulegen und damit die Versorgungssicherheit in Deutschland abzusichern. Die nächste Anpassung der Gasspeicherumlage erfolgt Juli 2024.
Schutz für Whistleblower in der Firma
Unternehmen und Behörden mit mindestens 50 Beschäftigten müssen interne Meldestellen einrichten, bei denen Rechtsverstöße durch Mitarbeiter gemeldet werden können, ohne dass Repressalien von ihnen befürchtet werden müssen. Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz setzt Deutschland eine EU-Richtlinie in nationales Recht um.
Die gemeldeten Verstöße im beruflichen Umfeld können sich zum Beispiel auf verletzte Vorschriften beim Arbeits- und Gesundheitsschutz beziehen, aber auch auf Bereiche wie Mindestlohn, Wettbewerbsrecht, Lebensmittelsicherheit und Vergaberecht. Unter die Schutzregeln fallen "Whistleblower" auch bei Hinweisen auf sich verfassungsfeindlich äußernde Beamte. Die Identität der Hinweisgebenden muss vertraulich bleiben, Repressalien wie Kündigung, Abmahnung oder Mobbing gegen Whistleblower sind verboten.
Der Bund will auch eine externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz einrichten. Auch die Länder können das tun. Anonymen Hinweisen muss allerdings nicht nachgegangen werden. Nach Angaben der IHK müssen Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten innerhalb eines Monats nach Inkrafttreten die Rahmenbedingungen dafür schaffen. Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten werde noch eine Übergangsfrist bis zum 17. Dezember 2023 eingeräumt.
Anmerkung der Redaktion: Das Gesetz wurde am 2.6. im Bundesgesetzblatt verkündet und ist damit am 2.7. in Kraft getreten. Dies wurde schon je im Monat zuvor erwartet und so auch im Vormonat bei den Neuerungen bereits mit aufgeführt.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 30. Juni 2023 | 17:45 Uhr