Ernährung Gesund Abnehmen durch richtiges Kauen
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18. April 2024, 13:00 Uhr
Kauen beim Essen passiert in der Regel automatisch. Dabei ist richtiges Kauen nicht nur für eine bessere Verdauung gut, sondern hilft auch beim Abnehmen. Und man kann es gezielt trainieren!
Hungergefühl verringern, Sättigungsgefühl steigern
"Gut gekaut, ist halb verdaut", wohl jeder kennt diese Lebensweisheit. Doch im hektischen Alltag nimmt man es damit oft nicht so genau, da wird das Essen meist heruntergeschlungen. "Das Kauen ist ein extrem vernachlässigtes Thema", sagt Ernährungsberaterin und Kautrainerin Barbara Plaschka. Ihre Mission: "Jahrelang haben wir uns darauf fokussiert, was wir essen. Wir haben dem, wie wir essen, kaum Bedeutung beigemessen. Das sollten wir wieder mehr in den Fokus rücken." Denn was man essen soll, was gesund ist, weiß mittlerweile jeder. Doch wie man essen soll, haben viele verlernt, auch durch zu viele Diäten.
Im Prinzip könne man alles essen, was der Körper verlangt, wenn man nur ausreichend kaut. "Das Kauen hat einen enormen Einfluss darauf, wie viel wir essen, weil man das Hungergefühl und das Sättigungsgefühl besser spürt", erklärt Barbara Plaschka. Denn wer langsamer kaut, gibt seinem Körper die Chance, das Sättigungsgefühl wahrzunehmen, das immer erst nach rund 15 bis 20 Minuten eintritt. Zudem hat längeres Kauen auch Einfluss darauf, was man isst. "Extrem verarbeitete Lebensmittel wie Chips zum Beispiel werden bei längerem Kauen geschmacklich eher schlechter. Eine Möhre dagegen schmeckt immer intensiver, je mehr man kaut", sagt die Kautrainerin. Wer aufmerksam kaut, verliert mit der Zeit auch den Appetit auf ungesunde Fertiggerichte, weil sie einfach nicht mehr schmecken.
Geschmack wird gestärkt, Lust auf Fertiggerichte vergeht
Beim Kauen wird Speichel freigesetzt – und zwar jede Menge, bis zu 1,5 Liter pro Tag. "Viele verbinden Ekel mit dem Speichel. Dabei ist es der Zaubersaft schlechthin. Beobachten Sie einfach mal, was passiert, wenn Sie etwas zu Essen nur in den Mund legen!", empfiehlt Kautrainerin Barbara Plaschka. Denn Speichel ist weit mehr als nur ein "Gleitmittel, Speichel ist ein Geschmacksverstärker. "Durch den Speichel können sich der Geschmack und die Aromen erst entfalten. Wir nehmen uns ganz viel, wenn wir zu schnell runterschlucken". Diesen Effekt könne man sogar testen: Trocknet man die Zunge kurz ab und streut dann Zucker oder Salz darauf, wird man nichts schmecken können.
Besser gekaut, leichter verdaulich
Wer ordentlich kaut, Zähne und Speichel ihre Arbeit tun lässt, kann dem Verdauungstrakt viel Arbeit abnehmen. Der Magen muss keine "großen Brocken" mehr bezwingen. Der Speichel enthält zudem Verdauungsenzyme, die die Nahrung schon im Mund in ihre Einzelteile zerlegen. Nicht umsonst sagt man: Verdauung beginnt im Mund. Wer besser kaut, bekommt seltener Sodbrennen, Blähungen oder Verstopfung. Zudem schluckt man meist weniger Luft, was das Völlegefühl verringert.
Wie oft soll man kauen?
Eigentlich gibt es keine Faustregel, die besagt, dass man jeden Bissen 20 oder 30 Mal kauen muss. Es komme schließlich auf die Konsistenz des Lebensmittels an, so Kautrainerin Barbara Plaschka. Vielmehr sollte man dem Kauen generell mehr Achtsamkeit schenken und das auch abseits der Mahlzeiten trainieren: "Wir haben alle einen sehr aktiven Schluckreflex und das ist gut so. Doch man kann die Zunge trainieren, damit sie besser aufpasst, was schon runtergeschluckt werden darf."
Zehn Minuten pro Tag sollte man für ein kleines Kautraining einplanen. Dabei geht es keineswegs um die Stärkung der Kaumuskulatur. "Die Kaumuskulatur ist sowieso die kräftigste Muskulatur im Körper. Aber in Sachen Ausdauer hapert’s", weiß die Ernährungsberaterin. Beim Kautraining soll man ein Lebensmittel seiner Wahl so lange kauen, bis es wirklich komplett zerkleinert ist. Wer das Kautraining einmal täglich macht, wird bald feststellen, dass sich das Kauverhalten auch bei normalen Mahlzeiten verändert, man langsamer und weniger isst und intensiver schmeckt.
Tipps für ein zehnminütiges Kautraining
- Nehmen Sie sich rund zehn Minuten Zeit, außerhalb einer Mahlzeit.
- Wählen Sie als Trainingspartner ein wenig verarbeitetes Lebensmittel, zum Beispiel eine Karotte.
- Atmen Sie erst mal tief durch die Nase ein und durch den Mund aus. Dreimal.
- Schließen Sie die Augen. Bringen Sie die Karotte an die Nase. Was riechen Sie? Was passiert im Mund?
- Nehmen Sie die Karotte in den Mund. Legen Sie die Karotte auf die Zunge. Was passiert? Was schmecken Sie?
- Fangen Sie an zu kauen. Wenn Sie schlucken möchten, schlucken Sie nur das Flüssige. Die Zunge muss hier aktiv mithelfen.
- Bringen Sie die Aufmerksamkeit auf den Geschmack. Was schmecken Sie?
- Kauen Sie so lange, bis alles wirklich komplett zerkaut ist. Wie hat sich der Geschmack im Vergleich zum Anfang verändert? Dann dürfen Sie schlucken. Der Bissen hat jetzt noch eine neun Meter lange Reise durch den Verdauungstrakt vor sich.
- Die Zunge ist nun bereit für den zweiten Bissen. Nehmen Sie sich genauso viel Zeit wie für den ersten Bissen.
- Wiederholen Sie alles ein drittes Mal. Zum Schluss atmen Sie wieder dreimal tief durch die Nase ein. Und durch den Mund aus.
MDR (cbr)
Dieses Thema im Programm: Das Erste | Brisant | 12. März 2024 | 17:15 Uhr