Junge Frau sortiert zuhause, am Schreibtisch, diverse Belege, Unterlagen, Rechnungen und Kassenbons für die Steuererklärung. 13 min
Video: Finanzexperte Hermann-Josef Tenhagen gibt Tipps für die Steuererklärung. Bildrechte: IMAGO / Jochen Tack

Finanzen Steuererklärung: Was viele Lohnsteuerpflichtige nicht wissen

08. September 2024, 09:00 Uhr

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es im Jahr 2020 rund 25,8 Millionen Steuerzahler. 14,9 Millionen von ihnen haben eine Steuererklärung abgegeben. Rund um diese jährliche Abgabe gibt es viele Fragen und Mythen – auch bei Arbeitnehmern, die Lohnsteuer zahlen. Wir haben uns mal einige Fragen für diese Gruppe von Steuerzahlern näher angesehen und beantworten diese.

Wie viel Geld bekommt man durchschnittlich durch eine Steuererklärung zurück?

Es kann sich durchaus lohnen, eine Steuererklärung zu machen. Im Jahr 2020 bekamen nach Angaben des Statistischen Bundesamts 12,6 Millionen Steuerzahler Geld zurück. Die Erstattung betrug durchschnittlich 1.063 Euro.

Die Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V. weist darauf hin, dass jüngere Zahlen derzeit noch nicht vorliegen, weil eine freiwillige Steuererklärung bis zu vier Jahre rückwirkend abgegeben werden kann.

Kann es passieren, dass ein Angestellter, bei dem alle Steuern ordnungsgemäß abgeführt werden, auch Steuern nachzahlen muss?

Bei dieser Frage kommt es auf den konkreten Einzelfall an, denn es macht einen Unterschied, ob die Person zum Beispiel weitere Einkünfte hat oder verheiratet ist. Wer nur Lohn aus einem nicht selbstständigen Arbeitsverhältnis erhält, muss normalerweise nichts nachzahlen. Es sei denn, es tritt eine Änderung zum Vorjahr auf, wie zum Beispiel eine andere Steuerklasse. "Bei Änderung der Steuerklasse, zum Beispiel aufgrund von anderen Lebensumständen, kann es dagegen zu einer Steuernachzahlung kommen, wenn dadurch im vergangenen Jahr zu wenig Steuern abgeführt wurden", erläutert Jana Bauer, stellvertretende Geschäftsführerin des Bundesverbands Lohnsteuerhilfeverein e.V.

Wenn man als Lohnsteuerpflichtiger einmal eine Steuererklärung abgegeben hat, muss man das dann jedes Jahr wieder tun?

Dieser Mythos hält sich hartnäckig, ist aber falsch. Es hängt vom Einzelfall ab, ob man als Lohnsteuerpflichtiger dazu verpflichtet ist, eine Steuererklärung abzugeben. "Eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung besteht nur in bestimmten Fällen, zum Beispiel bei Bezug von Lohnersatzleistungen von mehr als 410 Euro im Jahr, bei Nebeneinkünften aus Vermietung und Verpachtung oder aus einer selbständigen Tätigkeit", sagt Jana Bauer.

Was sind Lohnersatzleistungen? Lohnersatzleistungen sind zum Beispiel: Arbeitslosengeld I, Kurzarbeiter-, Kranken-, Eltern- oder Mutterschaftsgeld.
Aber auch sogenanntes Übergangsgeld, das von der Rentenversicherung ausgezahlt wird, zählt zu den Lohnersatzleistungen.

Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. erläutert, dass Personen mit den Steuerklassen III, V oder VI eine Steuererklärung einreichen müssen. Wer ledig ist und die Steuerklasse I hat oder verheiratet beziehungsweise verpartnert ist mit der Steuerklassenkombination IV/IV könne hingegen jedes Jahr neu entscheiden, ob er eine Steuererklärung einreicht.

Wichtig: Wenn das Finanzamt eine Person direkt zur Abgabe auffordert, dann muss eine Steuerklärung gemacht werden, weist die Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V. hin.

Viele Menschen denken, dass ihnen eine Steuererklärung nichts bringt. Wann lohnt sich eine Steuererklärung?

Eine Steuererklärung kann sich in mehreren Fällen lohnen.

  1. Wenn man hohe Werbungskosten hat: Wer zur Arbeit fährt, sich weiter bildet oder aus beruflichen Gründen umzieht, kann dies geltend machen.
  2. Bei haushaltsnahen Dienstleistungen oder Handwerkerkosten: Wenn zum Beispiel die Hausreinigung kommt, ist das laut Daniela Karbe-Geßler auch absetzbar.
  3. Wenn man nur einen Teil des Jahres gearbeitet hat: Das ist zum Beispiel typischerweise bei Berufsanfängern der Fall.

Wenn man zum ersten Mal eine Steuererklärung macht: Welche Standardfehler gibt es? Worauf sollte man dann besonders achten?

Bei der Steuererklärung kommt es laut dem Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt vor allem darauf an, dass die gemachten Angaben richtig und vollständig sind. "Empfehlenswert ist darüber hinaus, die Steuererklärung online beispielsweise über das Portal Elster an das Finanzamt zu übermitteln, da hier direkt eine Plausibilitätsprüfung erfolgt", heißt es auf MDR-Anfrage.

Zudem hat Jana Bauer vom Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine auch ein paar Tipps, was man beim Ausfüllen der Erklärung beachten sollte. So können beruflich veranlasste Aufwendungen regelmäßig von der Steuer abgesetzt werden. "Dazu zählen insbesondere Werbungskosten wie zum Beispiel Fortbildungskosten, Gewerkschaftsbeiträge oder Fahrtkosten", sagt sie.

Mögliche weitere Ausgaben, die steuermindernd sein können, sind laut Bauer:

  • Sonderausgaben wie Spenden, oder Kinderbetreuungskosten,
  • außergewöhnliche Belastungen, zum Beispiel Krankheits-, Pflege- und Heimkosten,
  • haushaltsnahe Dienstleistungen,
  • Handwerkerleistungen.

Wichtig: die Abgabefrist einhalten Wer eine Steuererklärung abgeben muss, sollte den Termin nicht verpassen. "Denn wer die Abgabefrist versäumt, muss mit Verspätungszuschlägen und möglicherweise mit Zinsen auf eventuelle Steuernachzahlungen rechnen", erläutert die Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V.
Der Abgabetermin unterscheidet sich, je nach dem ob man die Steuererklärung selbst macht oder von einem Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein dabei unterstützt wird.

Das sind die Termine für die Abgabe der Steuererklärung 2023:
- Wer seine Steuererklärung selbst ausfüllt, muss diese bis zum 2. September 2024 einreichen,
- bei einer Abgabe mit professioneller Hilfe ist der Termin der 2. Juni 2025.

Die Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V. (VLH) weist darauf hin, dass Quittungen und Belege zwar nicht mehr mit der Steuererklärung abgegeben, aber dafür vorgelegt werden müssen, wenn das Finanzamt diese anfordert (Vorhaltepflicht).

Außerdem sollten Rechnungen zum Beispiel für Handwerker, haushaltsnahe Dienstleistungen oder Kinderbetreuungskosten nicht bar bezahlt werden. "Das Finanzamt erkennt nur unbar beglichene Rechnungen an, also beispielsweise Überweisungen", erläutert die VLH.

Genau hinschauen: Stimmt meine Bankverbindung? "Auch wenn es banal klingt: Eine falsch angegebene Bankverbindung ist ärgerlich und verzögert eine mögliche Steuerrückerstattung. Ganz zu schweigen von dem Ärger, falls es das falsch angegebene Konto tatsächlich geben sollte und man seinem Geld hinterherlaufen muss", heißt es von der VLH auf MDR-Anfrage.

Kann es sein, dass ein Arbeitnehmer durch eine Gehaltserhöhung mehr Steuern zahlen muss und letztendlich mit einem geringeren Netto als vor der Erhöhung da steht? Wie berechnet sich so eine Erhöhung?

Dieser Mythos stimmt normalerweise nicht. "Ein bisschen mehr Netto bleibt in der Regel doch übrig. Grundsätzlich gilt: Wer wenig verdient, zahlt auch wenig Lohnsteuer, und wer viel verdient, zahlt mehr Lohnsteuer. Dieses Prinzip nennt man Steuerprogression", erklärt die Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V. auf MDR-Anfrage.

Wieso aber hört man immer mal wieder davon? Das liegt laut Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt meistens daran, dass durch die höheren Einnahmen ein zuvor bestehender Anspruch auf Sozialleistungen, wie zum Beispiel Wohngeld, wegfällt.

Müssen auf Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld oder Elterngeld Steuern gezahlt werden und dementsprechend eine Steuererklärung gemacht werden?

Die Sozialleistungen sind zwar steuerfrei, können sich aber auf weiteres Einkommen auswirken, denn sie unterliegen dem sogenannten Progressionsvorbehalt. "Das bedeutet, dass sie zur Berechnung des Steuersatzes erfasst werden und so zu einem höheren persönlichen Steuersatz führen, mit dem das übrige Einkommen versteuert wird", sagt Jana Bauer, stellvertretende Geschäftsführerin des Bundesverbands Lohnsteuerhilfeverein e.V. Wenn die Sozialleistungen die Grenze von 410 Euro im Jahr überschreiten, muss zudem eine Steuererklärung abgegeben werden.

Können Paare Steuern sparen, wenn sie verheiratet sind?

Durch das sogenannte Ehegattensplitting ist eine Ersparnis möglich. "Die Einkünfte beider Ehepartner werden hierbei zunächst zusammengezählt und dann halbiert. Für das halbierte zu versteuernde Einkommen wird die Einkommensteuer berechnet, die dann wiederum verdoppelt wird", erklärt Kathleen Schmidt vom Thüringer Finanzministerium auf Anfrage der Redaktion Wirtschaft und Ratgeber.

Der Splittingtarif lohnt sich laut Schmidt vor allem bei Ehepaaren mit großen Einkommensunterschieden, denn dadurch ergibt sich ein niedrigerer durchschnittlicher Steuersatz.

Ist es erlaubt, sich bei der Steuererklärung helfen zu lassen?

Die Familie darf einen unterstützen. In Paragraph 15 der Abgabenordnung ist dabei genau geregelt, wer einem helfen darf. Dazu gehören zum Beispiel der Ehegatte, Geschwister oder auch die Eltern. Allerdings gilt das nur, wenn sie kein Geld dafür bekommen. Außerdem ist es erlaubt, sich professionelle Hilfe von Steuerberatern oder Lohnsteuerhilfevereinen zu holen.

MDR (jvo)

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Mittagsmagazin | 24. Juli 2024 | 12:00 Uhr

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