US-Waffeneinsatz in Ukraine Zustimmung aus Deutschland, aber Scholz bleibt hart
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18. November 2024, 21:20 Uhr
Der Kreml sieht eine Eskalation, in der EU hofft man auf Nachahmer: Die Entscheidung der US-Regierung für die Freigabe reichweitenstarker Waffen gegen Ziele in Russland führt zu unterschiedlichen Reaktionen. Trotz Zustimmung aus Deutschland bleibt Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem Nein für die Freigabe solcher Waffen.
Nach der Entscheidung der US-Regierung für den Einsatz weitreichender Waffen gegen Ziele in Russland fallen die Reaktionen im Westen zustimmend aus. Während Russland von einer möglichen Eskalation spricht, fordert China neue Bemühungen um Frieden. Aus Deutschland kommt Zustimmung zur Entscheidung.
Ein breites Ja aus Deutschland
Außenministerin Annalena Baerbock reagierte positiv auf die Berichte aus den USA: Es gehe jetzt darum, "dass die Ukrainer nicht warten müssen, dass die Rakete über die Grenze fliegt, sondern dass man die militärischen Abschussbasen, dass man von dort, wo die Rakete geflogen wird, dass man das zerstören kann", sagte die Grünen-Politikerin im rbb-Inforadio.
Auch der CDU-Verteidigungsexperte Johann Wadephul hält die Entscheidung der USA für angemessen, der Ukraine den Einsatz weitreichender Waffen gegen Ziele in Russland zu erlauben. Wadephul sagte MDR AKTUELL, es zeige dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, dass er nicht immer weiter eskalieren könne.
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marcus Faber von der FDP, sagte MDR AKTUELL, für die Ukraine gehe es jetzt um Waffen. Er hält sogar Taurus-Lieferungen an die Ukraine für notwendig. Andere Länder seien dahingehend bereits Schritte gegangen, die "bei uns lange überfällig" seien.
Scholz ändert seine Haltung nicht
Bundeskanzler Olaf Scholz sieht einem Regierungssprecher zufolge jedoch keinen Anlass, seine Haltung bezüglich einer Freigabe weitreichender Waffen zu ändern. Der Schritt der US-Regierung sei der Bundesregierung jedoch vorab bekannt gewesen.
Eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums ergänzte, es gebe in der Ukraine keine von Deutschland gelieferten Waffen, die in die Kategorie der weitreichenden Waffen fielen. Scholz lehnt eine Freigabe grundsätzlich ab und will auch keine deutschen Marschflugkörper vom Typ Taurus mit einer Reichweite bis zu 500 Kilometern zu liefern.
Kreml spricht von Eskalation
Der Kreml wertet die Berichten zufolge erteilte Freigabe von US-Raketen für ukrainische Angriffe auf russisches Gebiet als Verwickelung westlicher Staaten in den Krieg. Kremlsprecher Dmitri Peskow sprach in Moskau von einer "neuen Windung der Eskalationsspirale", wenn eine solche Entscheidung formuliert und Kiew mitgeteilt worden sei. Er verwies darauf, dass Putin einen solchen Schritt als Kriegseintritt der Nato-Staaten bezeichnet hatte. Peskow stellte klar, dass der Kreml dazu bislang aber nicht mehr wisse, als US-Medien berichteten.
Diesen zufolge hat der scheidende Präsident Joe Biden der Ukraine erstmals erlaubt, taktische Raketen des Typs ATACMS mit einer Reichweite von mehreren Hundert Kilometern gegen Ziele in Russland einzusetzen. Dies soll vor allem bei der Abwehr der Gegenoffensive russischer und möglicherweise nordkoreanischer Truppen gegen den ukrainischen Brückenkopf im Gebiet Kursk helfen.
Donald Trump hat stets angekündigt, als US-Präsident den Krieg in der Ukraine so schnell wie möglich zu beenden. Die Raketen-Freigabe seines Vorgängers Joe Biden an die Ukraine hat er bisher aber nicht kommentiert.
China plädiert für politische Lösung
China drängt indes auf ein Ende des Krieges und eine politische Lösung. Außenamtssprecher Lin Jian sagte, es müsse so schnell wie möglich eine "Abkühlung der Lage" herbeigeführt werden.
China stellt sich selbst als neutrale Partei im Ukraine-Krieg dar. Peking ist jedoch nach wie vor ein enger politischer und wirtschaftlicher Verbündeter Russlands und hat die russische Invasion nie verurteilt. Mehrere Nato-Mitglieder haben Peking daher als "entscheidenden Wegbereiter" des Krieges bezeichnet.
EU-Außenbeauftragter hofft auf Nachahmer
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell forderte die EU-Mitgliedstaaten auf, der Ukraine den Einsatz von Waffen für Angriffe innerhalb Russlands ebenfalls zu gestatten. "Immer wieder habe ich gesagt, dass die Ukraine in der Lage sein sollte, die von uns gelieferten Waffen zu nutzen, nicht nur um die Pfeile zu stoppen, sondern auch um die Bogenschützen zu treffen", bekräftigte er vor einem Treffen der EU-Außenministerinnen und -minister. Er hoffe, dass die Mitgliedstaaten bei einer erneuten Diskussion dem zustimmen würden.
dpa/afp/Reuters/MDR (lik,isc )
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 18. November 2024 | 12:00 Uhr