Gaza Netanjahu billigt Militäreinsatz in Rafah
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16. März 2024, 21:39 Uhr
Das israelische Militär soll seinen Einsatz in Gaza auf die südliche Stadt Rafah ausweiten. Ministerpräsident Netanjahu billigte am Freitag entsprechende Pläne. Zugleich erteilte er Vorschlägen der Hamas eine Absage. International wächst die Sorge um die Zivilbevölkerung in Gaza.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat nach Angaben seines Büros am Freitag die Pläne für einen Militäreinsatz in Rafah im Süden des Gazastreifens gebilligt. In der Mitteilung hieß es, die Armee bereite sich neben dem operativen Einsatz auf eine Räumung der Zivilbevölkerung vor. Wann der Einsatz beginnen soll, wurde nicht genannt. Bereits in den vergangenen Tagen hatte das israelische Militär die Stadt aus der Luft angegriffen.
International wird die erneute Ausweitung der Offensive kritisiert. Politiker und Hilfsorganisationen verlangen von Israel Pläne, wie und wo die rund 1,5 Millionen Menschen aus der Region Rafah vor einem Militäreinsatz in Sicherheit gebracht werden. "Wir müssen einen klaren und umsetzbaren Plan sehen", bekräftigte US-Außenminister Antony Blinken kurz nach Netanjahus Ankündigung. Zu Beginn der israelischen Militäraktionen vergangenen Oktober zählte Rafah an der Grenze zu Ägypten noch zur sogenannten humanitären Zone.
Hamas schlägt sechswöchige Feuerpause vor
Die Hamas im Gazastreifen erklärte unterdessen, sie sei zu einer sechswöchigen Feuerpause und zu einem Austausch israelischer Geiseln gegen palästinensische Gefangene bereit. Ein Hamas-Vertreter sagte der Nachrichtenagentur AFP, mit einer solchen Vereinbarung könnten 42 israelische Geiseln gegen jeweils 20 bis 50 palästinensische Gefangene ausgetauscht werden. Zuvor hatte die Hamas einen dauerhaften Waffenstillstand vor jeglicher Geiselfreilassung gefordert.
Netanjahus Büro bezeichnete die Vorschläge der Hamas allerdings als unrealistisch. Israel werde jedoch eine Delegation nach Katar entsenden, um die eigene Position für eine mögliche Einigung vorzutragen.
Dagegen äußerte sich das Weiße Haus vorsichtig optimistisch zum neuen Hamas-Vorschlag. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, sagte, der Vorschlag sei innerhalb der Grenzen dessen, was die Verhandlungsführer in den vergangenen Monaten besprochen hätten.
Unicef: Zahl unterernährter Kinder in Gaza verdoppelt
Im Gazastreifen spitzt sich die humanitäre Lage für die palästinensische Zivilbevölkerung drastisch zu. Nach Angaben des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen Unicef verdoppelte sich der Anteil unterernährter Kleinkinder binnen eines Monats. Inzwischen leide jedes dritte Kind unter zwei Jahren an akuter Mangelernährung. Unicef-Direktorin Catherine Russell nannte die Entwicklung schockierend. Unnötige Beschränkungen verhinderten lebensrettende Hilfe.
An der Küste des Gazastreifens begann am Freitag die Entladung des ersten Schiffs mit Hilfsgütern. Die US-Nichtregierungsorganisation "World Central Kitchen" teilte mit, der Lastkahn mit seiner Fracht habe an einem provisorischen Anlegesteg festgemacht. Die 200 Tonnen Nahrungsmittel sollen nun auf Lkws verladen und zu den Verteilstellen gebracht werden.
Über diesen Seekorridor sollen nun weitere Lieferungen erfolgen, um die Menschen in Gaza unabhängig von Israel versorgen zu können. Die Bundesregierung forderte Israel aber auch dazu auf, Lieferungen in den Gaza-Streifen zu vereinfachen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte, der Landtransport sei die einfachste und effektivste Methode, um Hilfe nach Gaza zu bringen. Israel solle daher weitere Grenzübergänge öffnen und die Kontrollen der Hilfsgüter schneller und effektiver gestalten.
Israel verpflichtet sich zu rechtmäßigem Einsatz von US-Waffen
Derweil verpflichtete sich der israelische Verteidigungsminister Joav Galant in einem Brief an die US-Regierung dazu, US-Waffen nur in Einklang mit internationalem Recht einzusetzen. Eine Sprecherin Galants betonte, es handele sich um eine Anforderung, die für mehrere Verbündete der USA gelte.
Zuvor hatte die "Jerusalem Post" über das Verpflichtungsschreiben berichtet. Es sei notwendig wegen eines neuen nationalen Sicherheitsmemorandums in den USA. Dieses beziehe sich zwar nicht speziell auf Israel, sei jedoch auf Druck demokratischer Senatoren auf den Weg gebracht worden, die Sorge über den Einsatz von US-Waffen im Gaza-Krieg geäußert hätten.
Auslöser des Gaza-Kriegs war ein Massaker, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober im Süden Israels verübt hatten. Auf israelischer Seite wurden dabei etwa 1.200 Menschen getötet und 250 weitere als Geiseln verschleppt. Nach israelischen Angaben werden aktuell noch 130 Geiseln im Gazastreifen vermutet, von denen 32 tot sein sollen. Im Gazastreifen hat das israelische Militär seitdem nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde fast 31.500 Menschen getötet. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
dpa, epd, AFP, Reuters (rnm)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 15. März 2024 | 15:00 Uhr