Vierte Nacht in Folge Mehr als 1.300 Festnahmen bei erneuten Ausschreitungen in Frankreich

01. Juli 2023, 14:50 Uhr

Bei Ausschreitungen in der vierten Nacht in Folge sind in Frankreich mehr als 1.300 Randalierer festgenommen worden. 79 Polizisten wurden verletzt. In Paris, Lyon, Marseille, Straßburg und anderen Orten brannten Fahrzeuge und Gebäude. Geschäfte wurden geplündert. Selbst in den französischen Überseegebieten in der Karibik kam es zu Unruhen. Wegen der anhaltenden Krawalle sagte Frankreichs Präsident Macron seinen Staatsbesuch in Deutschland ab.

In Frankreich ist es die vierte Nacht in Folge zu schweren Ausschreitungen gekommen. Wie das Innenministerium in Paris mitteilte, wurden laut den jüngsten Zahlen mehr als 1.300 Menschen festgenommen. Am Morgen war noch von knapp 1.000 Festgenommenen die Rede. 79 Polizisten seien verletzt worden. Landesweit waren 45.000 Polizisten im Einsatz, etwa 5.000 mehr als in der Nacht zuvor. Nach Angaben von Innenminister Gérald Darmanin hatte die Gewalt aber eine "deutlich geringere Intensität" als in den Nächten zuvor.

Macron sagt Staatsbesuch in Deutschland ab

Ungeachtet dessen sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wegen der anhaltenden Krawalle seinen Staatsbesuch in Deutschland ab. Wie der Elysée-Palast in Paris und das Präsidialamt in Berlin mitteilten, hat Macron darum gebeten, den Besuch zu verschieben. Macron wollte eigentlich am Sonntag für einen dreitägigen Staatsbesuch nach Deutschland reisen. Das offizielle Besuchsprogramm sollte am Montag beginnen. Am Dienstag war auch ein Besuch in Dresden geplant.

Maßnahmen erneut verschärft

Die französischen Behörden hatten die Maßnahmen nochmals verschärft, um die Lage in den Griff zu bekommen. Landesweit wurde der Bus- und Straßenbahnverkehr eingestellt. Großveranstaltungen wurden abgesagt und der Verkauf von Feuerwerkskörpern und Benzinkanistern unterbunden. Mindestens drei Gemeinden in der Nähe von Paris sowie mehrere andere Orte Frankreichs verhängten nächtliche Ausgangssperren.

Feuerwehr und Feuer auf einer Straße in der Pariser Vorstadt Charenton
Feuer auf einer Straße in der Pariser Vorstadt Charenton. Bildrechte: IMAGO / ABACAPRESS

Trotz der Maßnahmen und der massiven Polizeipräsenz kam es in Paris, Lyon, Marseille, Toulouse, Straßburg, Lille und vielen weiteren Städten Frankreichs erneut zu Plünderungen, Sachbeschädigungen und gewalttätigen Zusammenstößen mit den Ordnungskräften. Vielerorts brannten wieder Autos und Mülltonnen auf den Straßen.

Unruhen in Marseille und Karibik

Zu den heftigsten Ausschreitungen kam es nach Angaben der Behörden in Marseille. In einem Supermarkt brach ein größeres Feuer aus. Im Zentrum der südfranzösischen Metropole am Mittelmeer schleuderten junge und oft maskierte Randalierer Objekte auf Polizeitransporter. Die Polizei reagierte mit dem Einsatz von Tränengas.

Die Unruhen griffen auch auf französische Überseegebiete in der Karibik über, wo ein Mensch durch einen Querschläger ums Leben kam. Auch aus der belgischen Hauptstadt Brüssel wurden erneut Krawalle gemeldet.

Schwerste Krise seit "Gelbwesten"

Der Gewaltausbruch hat Präsident Emmanuel Macron und seine Regierung in die schwerste Krise seit Beginn der Gelbwesten-Proteste im Jahr 2018 gestürzt. Die Verhängung des Notstandes hat Macron bislang nicht angeordnet, ausgeschlossen ist das laut Innenminister Darmanin allerdings nicht. Bei den Krawallen wurden bislang rund 2.000 Autos angezündet. Mehrere Gebäude gingen in Flammen auf. Dutzende Geschäfte wurden geplündert.

Auslöser der gewaltsamen Proteste war der Tod eines 17-Jährigen bei einer Verkehrskontrolle am Dienstag in der Pariser Vorstadt Nanterre. Der Jugendliche nordafrikanischer Herkunft war erschossen worden, als er den Wagen nach dem Stopp plötzlich beschleunigte. Er wird heute in Naterre bestattet. Gegen den mutmaßlichen Schützen wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Ihm wird laut Staatsanwaltschaft "vorsätzliche Tötung" vorgeworfen.

AFP/Reuters (dni)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 01. Juli 2023 | 08:30 Uhr

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