US-Präsidentschaftwahlkampf Putin unterstützt Harris? Wohl kaum, ordnen Politologen ein
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22. September 2024, 05:00 Uhr
Anfang September hat Wladimir Putin mit sarkastischem Unterton verkündet, er wolle nun Kamala Harris im Kampf um das Weiße Haus unterstützen. Auf TikTok wird die Aussage des russischen Präsidenten tausendfach geteilt und geklickt. Politikwissenschaftler zweifeln jedoch daran, dass sich die wahren Präferenzen des Präsidenten geändert haben dürften.
- Auf einem Wirtschaftsforum hat sich der russische Präsident Wladimir Putin vermeitlich hinter Kamala Harris im US-Präsidentschaftswahlkampf gestellt.
- Politologen zweifeln die Ernsthaftigkeit der Aussagen des Kremlchefs an.
- Im russischen Staatsfernsehen sorgte das internationale Medienecho derweil für Belustigung.
Bereits bei den vergangenen beiden US-Präsidentschaftswahlen in den Jahren 2016 und 2020 haben die USA Russland vorgeworfen, sich in den Wahlkampf einzumischen. Mit gezielten Desinformationskampagnen sei versucht worden, die Wahl zugunsten des republikanischen Kandidaten Donald Trump zu beeinflussen. Dass US-Behörden vor wenigen Wochen eine erneute vermeintliche Einmischung Russlands in den diesjährigen Wahlkampf aufdeckten, dürfte also nur für wenig Verwunderung gesorgt haben. Über seine Staatsmedien soll der Kreml ahnungslose amerikanische Influencer finanziert haben, damit diese in ihren Videos russlandnahe Positionen vertreten.
Putin: Harris' Lache ist ansteckend
Eine Äußerung Wladimir Putins ließ daher Anfang September aufhorchen: "Unser favorisierter Kandidat war Joe Biden. Nun tritt er aber nicht an", sagte der russische Präsident bei einem Wirtschaftsforum in Wladiwostok. Allerdings habe der US-Präsident seinen Wählern empfohlen, Kamala Harris zu unterstützen. "Das werden wir tun", sagte Putin mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Ihre Lache sei so ansteckend. "Das heißt, dass mit ihr alles in Ordnung ist", so der Kremlchef weiter. Trump habe zahlreiche Sanktionen gegen Russland erlassen. Harris werde davon im Falle ihrer Wahl vielleicht Abstand nehmen.
Auch auf TikTok wird die Aussage Putins in zahlreichen Videos verbreitet und tausendfach geklickt. In einem viralen Clip sagt die Nutzerin "MissRandom", Putin habe sich nun offiziell zu Harris bekannt. "Hat das eventuell etwas damit zu tun, dass Trump den Krieg beenden möchte zwischen der Ukraine und Russland?"
Der Politikwissenschaftler Gerhard Mangott von der Universität Innsbruck zweifelt die Wahrhaftigkeit der Aussagen Putins an. Putin habe sarkastisch gelacht. Mit seiner Äußerung wolle der russische Präsident das genaue Gegenteil vermitteln, sagt Mangott MDR AKTUELL. "Er will sagen, dass Harris inhaltsleer ist, politisch nichts taugt und dass ihr die Führungskompetenz für das Amt des US-Präsidenten fehlt."
Mangott: Putin will Trump entlasten
Es gehe darum, erklärt Mangott, Trump mit den Mitteln von Ironie und Sarkasmus als eher russlandfreundlichen Kandidaten zu entlasten und zu sagen: "Wir in Russland als Diktatur, Völkerrechtsbrecher und Angriffskriegsführer unterstützen Kamala Harris. Weil sie so schön lacht." Harris vertritt dem Politikwissenschaftler zufolge nichts, was für Russland attraktiv wäre. "Nach jetzigem Stand steht sie mit Bezug zu Joe Biden für außenpolitische Kontinuität. Das ist für Russland gleichbedeutend mit einer Fortsetzung der militärischen und finanziellen Unterstützung der Ukraine und weiteren Sanktionen für Russland", so der Russlandexperte.
Trump wäre auch eine Herausforderung für die Nato
Das sieht auch der Politikwissenschaftler und USA-Experte Johannes Thimm von der Stiftung Wissenschaft und Politik so. Nicht nur die geringere Unterstützung der Ukraine würde aus russischer Sicht für Trump sprechen. Der ehemalige US-Präsident könnte laut Thimm auch eine Herausforderung für die Nato werden. "Da die Nato und das westliche Bündnis als Unterstützer der Ukraine der Gegner von Putin ist, hat er natürlich ein großes Interesse daran, dort für Uneinigkeit zu sorgen", sagt der Politikwissenschaftler im Gespräch mit MDR AKTUELL.
Putin wolle Harris mit derartigen Aussagen entweder im Wahlkampf schaden oder schlichtweg für Verwirrung sorgen, sagt Thimm. Der Kreml würde nach wie vor Trump bevorzugen. Die kürzlich aufgedeckte Finanzierung amerikanischer Influencer durch Russland würde das unterstreichen. "Das ist ein wichtiger Indikator dafür, dass sie wollen, dass Trump die Wahl gewinnt".
Belustigung im russischen Staatsfernsehen
Auch die Reaktionen im russischen Staatsfernsehen dürften auf die wahren Präferenzen des Kremls hinweisen. In seiner Talkshow sagte der putintreue TV-Moderator Wladimir Solowjew, der russische Präsident habe klar vorgegeben, wer zu unterstützen sei. In einem darauf folgenden Einspieler antwortet Kreml-Sprecher Dimitri Peskow schließlich auf die Frage, ob ihm das Lachen von Harris gefalle: "Das tue ich jetzt. Jeder von uns muss sich jetzt in das Lachen von Kamala Harris verlieben", sagt Peskow. In der Talkrunde sorgte das für reichlich Gelächter. "Und Amerikaner werden glauben, dass das alles echt ist", sagt Solowjew abschließend.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 05. September 2024 | 19:13 Uhr