Umweltverschmutzung Wie schwimmende Pflanzeninseln für eine sauberere Ostsee sorgen sollen
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20. Dezember 2024, 05:00 Uhr
Verunreinigung in Flüssen wirkt sich auch auf den Zustand der Meere aus. In Estland versucht man, mit selbstgebauten Pflanzeninseln die Gewässer zu säubern und somit auch der Ostsee zu helfen. Wie funktionieren die Inseln? Wie werden sie gebaut? Und welche Rolle spielt die Landwirtschaft?
Natürliche Wasserreinigung mit Pflanzen möglich
Wenn auf Feldern viel gedüngt wird, gelangt ein Teil des Düngers durch Regen vom Feld ins Grundwasser und über Bäche sowie Flüsse letzendlich auch in die Ostsee. Die Folge ist ein übermäßiges Algenwachstum, was andere Pflanzen und Tiere gefährdet. In Estland soll im Rahmen des Projekts "CleanEST" mit speziell gebauten schwimmenden Inseln das Wasser in Flüssen gefiltert und diese so gereinigt werden.
Auf diesen Inseln befinden sich Pflanzen. Durch sie können die Gewässer auf ganz natürliche Art und Weise gereinigt werden. Die Pflanzen nehmen Nitrat aus dem durch Dünger verunreinigten Wasser auf, wachsen und reinigen das Wasser ganz nebenbei. Bakterien in ihren Wurzeln verstärken diesen Effekt zusätzlich, erläutert Mari Sepp vom estnischen Umweltministerium das Prinzip der künstlichen Inseln. Das erklärt sie im Gespräch mit Schauspieler Benno Fürmann in der Dokumentation "Ostsee am Limit". Sie weist auch darauf hin, wie wichtig es ist, dass die Binnengewässer sauber sind: "Diese Gewässer müssen saniert werden, da die Nährstoffe (Anm. d. Red. die Inhaltsstoffe des Düngers) von hier bis in die Ostsee gelangen."
Was ist das "CleanEST"-Projekt?
"CleanEST" ist die Bezeichnung für ein estnisches Wasserwirtschaftsprojekt. Ziel von diesem ist es nach Angaben auf der Webseite, den Zustand der Gewässer in den Kreisen Ida-Viru und Lääne-Viru zu verbessern.
Weiter heißt es dort (ins Deutsche übersetzt): "Das Projekt umfasst eine Fläche von 240.000 Hektar, inklusive 574 km Fließgewässer und fast 160.000 Hektar Küstengewässer."
Es wird von der Republik Estland und dem "LIFE-Programm" der Europäischen Kommission finanziert. Letzteres dient der Finanzierung von Umweltprojekten in der Europäischen Union.
Quelle: lifecleanest.ee
Einfacher Aufbau mit Materialien aus dem Baumarkt
Die Inseln des Projekts "CleanEST" sind genau genommen "schwimmende Behandlungsfeuchtgebiete". Sie kommen zum Einsatz, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, die Gewässer also schon total überdüngt und voller Algen sind, erläutert Vallo Kõrgmaa, Spezialist für Umweltchemie.
Der Vorteil: Es braucht keine ausgetüftelte Technologie, um die künstlichen Inseln zu bauen. Die Materialien können einfach im Baumarkt gekauft werden. Benötigt werden ein paar Plastikrohre, ein Gitter, ein Netz, Kabelbinder und eine Kokosmatte sowie einige Pflanzen. Aus den Rohren wird ein Rahmen in Form eines Vierecks gebaut. Über dieses wird das Gitter gelegt und befestigt. Dann wird das Konstrukt umgedreht. In der Mitte des Vierecks wird dann das Netz befestigt. Auf dieses kommen die Pflanzen und das Kokossubstrat. Anschließend wird die Insel aufs Wasser gesetzt. Ein Betonstein als Anker sorgt dafür, dass die Insel nicht wegschwimmt.
Auf den folgenden Bildern ist zu sehen, wie in der Dokumentation "Ostsee am Limit" eine kleinere Version der Inseln zur Veranschaulichung gebaut wurde. Die eigentlichen Inseln sind größer.
Veränderung in Landwirtschaft notwendig
Um die Gewässer nachhaltig sauber zu halten, sollte es bestenfalls gar nicht erst zu einer Verschmutzung kommen. Das bedeutet auch, dass in der Landwirtschaft weniger gedüngt werden sollte. Denn nach wie vor gelangen jährlich rund 30.000 Tonnen Nitrate aus Estland in die Ostsee. So gehört auch zum Projekt "CleanEST", Landwirte für Veränderung zu gewinnen.
Eine Möglichkeit ist es, gezielter zu düngen. Dafür werden Bodenproben des Ackers ins Labor geschickt. Dort wird bestimmt, welche Nährstoffe der Boden wirklich braucht, um eine gute Ernte abzuwerfen. So kann man den Dünger punktgenau einsetzen, statt ihn flächendeckend in Massen zu verteilen, erläutert Henry Klammer, Geschäftsführer eines Agrarbetriebs in Estland: "Mit den Informationen, die wir so erhalten, erstellen wir eine digitale Karte, die wir in das Düngerfahrzeug einspielen. So kann die Maschine genau entscheiden, an welchem Teil des Feldes wie viel Dünger ausgebracht wird."
MDR (jvo)
Dieses Thema im Programm: Das Erste | Ostsee am Limit | 25. Dezember 2024 | 19:15 Uhr