Hörer machen Programm Bekommen ukrainische Kriegsdienstverweigerer Asyl in Deutschland?
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01. April 2022, 05:00 Uhr
Ukrainische Männer zwischen 18 und 60 Jahren müssen aktuell in der Ukraine kämpfen und dürfen das Land nicht verlassen. Ein Hörer fragt sich, ob Ukrainer, die hier leben, den Kriegsdienst verweigern und in Deutschland bleiben können.
- Eine Rechtsexpertin erklärt, wieso es für Männer aus der Ukraine, die in Deutschland Schutz suchen, schwierig wird, Asyl zu bekommen.
- Der Verein Connection e.V. kritisiert den Umgang mit Kriegsdienstverweigerern und fordert für sie einen unbegrenzten Schutzstatus.
- Die Union sieht dafür jedoch keinen Grund.
Das Recht, den Kriegsdienst zu verweigern, haben in der Ukraine tatsächlich nur einige religiöse Gruppen. Der Großteil der Ukrainer kann also nicht verweigern und muss kämpfen.
Ukrainer, die schon länger in Deutschland leben, können aktuell aber nicht zum Kriegsdienst gezwungen werden, sagt der Leiter der Forschungsstelle Migrationsrecht an der Martin-Luther-Universität Halle, Winfried Kluth: "Die Ukraine selbst hat keine Handhabe, sie zur Rückreise in das Land zu verpflichten, weil sie keine Hoheitsgewalt in Deutschland ausüben können. Insofern besteht zunächst einmal der Rechtsrahmen dafür, dass – solange sie in Deutschland einen legalen Aufenthalt haben – sie auch hierbleiben können und niemand sie zwingen kann, jedenfalls nicht die deutsche Staatsgewalt, zurückzureisen."
Kein Asyl wegen Wehrdienstverweigerung
Asyl zu bekommen, dürfte für ukrainische Männer in Deutschland schwierig werden. Gisela Seidler, Fachanwältin für Migrationsrecht, erklärt, warum: "Es gibt kein Asyl wegen Wehrdienstverweigerung im Regelfall. Ausnahmefall ist, wenn man an einem völkerrechtswidrigen Angriff beteiligt sein könnte. Also das gilt dann eher für die russischen Soldaten. Wenn die desertieren, dann könnten sie die Chancen haben, Asyl zu bekommen. Für ukrainische Soldaten wird das voraussichtlich nicht gelten. Die Ukraine ist erstmal ein angegriffenes Land, also man würde kein Asyl bekommen."
Doch wegen der sogenannten Massenzustrom-Richtlinie müssen Ukrainerinnen und Ukrainer aktuell gar kein Asyl beantragen. Sie dürfen in der EU bleiben und auch arbeiten – vorerst ein Jahr lang.
Verein fordert sofortigen Schutzstatus
Dieser Status sei für Kriegsdienstverweigerer aber zu unsicher, findet Rudi Friedrich. Er arbeitet beim Verein Connection e.V., der sich weltweit für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure einsetzt: "Wenn es um einen wirklichen Schutz geht, dann braucht es einen unbefristeten Schutz für Kriegsdienstverweigerer und für die Deserteure. Es hilft ihnen nichts, wenn sie nach einem Jahr zurückkehren müssen und dann der Verfolgung ausgesetzt sind."
Connection e.V. fordert deshalb den sofortigen Schutzstatus für alle Kriegsdienstverweigerer aus der Ukraine, Belarus und Russland.
CDU: Kein Grund, Schutzstatus anzupassen
Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andrea Lindholz, sieht keinen Bedarf, den Schutzstatus von Kriegsdienstverweigerern anzupassen. Sie sagte MDR AKTUELL: "Ukrainische Flüchtlinge fallen ohnehin unter den Schutz der Richtlinie und dazu gehören selbstverständlich auch Kriegsdienstverweigerer. Bei allen anderen Flüchtlingen, bei denen auch Kriegsdienstverweigerer dabei sind, zum Beispiel aus Russland oder aus Belarus, muss eine Prüfung im regulären Asylverfahren erfolgen und dazu gehört dann natürlich auch eine entsprechende Nachweispflicht."
Vorerst müssen ukrainische Männer in Deutschland also nicht fürchten, eingezogen zu werden. Wenn der Krieg vorbei ist und sie zurück in ihre Heimat wollen, könnten ihnen aber Strafen wegen Kriegsdienstverweigerung drohen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 01. April 2022 | 06:24 Uhr