ARD-Interview Selenskyj: Wenn ihr Leopard-Panzer liefern könnt, dann gebt sie uns!
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19. Januar 2023, 21:29 Uhr
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Bundesregierung im Exklusiv-Interview mit der ARD scharf kritisiert. Sich bei möglichen Waffenlieferungen an anderen Ländern zu orientieren, anstatt an den eigenen Möglichkeiten, sei nicht in Ordnung. Gleichzeitig danke er Bundeskanzler Olaf Scholz für die bisherige Unterstützung.
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Bundesregierung scharf kritisiert.
- Er fordert erneut die Lieferungen von Waffen als Unterstützung.
- Trotz der Kritik: Selenskyj dankt Bundesregierung über bisherige Militärhilfe.
- Pistorius will Entscheidung zu Kampfpanzern in den nächsten Tagen fällen.
Kurz vor den Beratungen der westlichen Verbündeten in Rammstein zum Krieg in der Ukraine hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut eindringlich zur Lieferung von Kampfpanzern aufgerufen. "Ihr könnt sicherlich noch sechs Monate reden, aber bei uns sterben jeden Tag Menschen", sagte Selenskyj am Donnerstag in einem Interview mit der ARD.
Selenskyj kritisiert Bundesregierung scharf
Selenskyj übte deutliche Kritik an der Argumentation und Haltung der Bundesregierung zu Waffenlieferungen. Vor allem das Zögern für eine Bereitstellung von Kriegspanzern bemängelt der Staatschef. So kritisierte Selenskyj die Bundesregierung, sich bei möglichen Waffenlieferungen an anderen Ländern zu orientieren, anstatt an den eigenen Möglichkeiten. Das sei nicht in Ordnung.
Die Ukraine verteidige sich gegen den russischen Angriff und habe nicht vor, das Nachbarland anzugreifen, betonte der ukrainische Präsident. Er appellierte erneut an die Bundesregierung: "Wenn ihr Leopard-Panzer liefern könnt, dann gebt sie uns. Diese Leoparden fahren nicht durch die Russische Föderation. Wir verteidigen uns." Dabei benannte er konkrete militärische Unterstützung, die benötigt wird, um gegen Russland zu kämpfen. "Die Ukraine braucht Schutz auf dem Schlachtfeld. Das heißt, Artillerie, mehrfach Raketen, MRLS-Raketenwerfer sowie Infanterie-und Panzerfahrzeuge."
Selenskyj dankt Bundesregierung für bisherige Militärhilfe
Zugleich dankte Selenskyj der Bundesregierung für ihre bisherige Militärhilfe. "Bundeskanzler Scholz hat der Ukraine, unserer Armee, ein sehr gutes Unterstützungspaket gegeben. Ich bin ihm dafür dankbar."
Die Ukraine fordert schon seit längerer Zeit die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern. Die westlichen Partner der Ukraine hatten die Lieferung von schweren Panzern an Kiew allerdings lange abgelehnt. Zuletzt hatten sich jedoch Polen und weitere EU- und Nato-Staaten zur Lieferung von in Deutschland hergestellten Leopard-Panzern bereiterklärt. Dafür müsste die Bundesregierung grünes Licht geben.
Pistorius: Entscheidung zu Kampfpanzern in den nächsten Tagen
Die Lieferungen deutscher Leopard-Panzer an die Ukraine hängen nach Angaben von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius nicht von gleichzeitigen Lieferungen aus den USA ab. "Ein solches Junktim ist mir nicht bekannt", sagt der SPD-Politiker in der ARD.
Auf die Frage, ob Deutschland auch ohne Beteiligung der USA Kampfpanzer liefern werde, sagt er, dies erörtere Bundeskanzler Olaf Scholz mit dem US-Präsidenten Joe Biden: "Ich bin ziemlich sicher, dass wir in den nächsten Tagen eine Entscheidung dazu bekommen werden. Wie die aussehen wird, kann ich Ihnen aber heute noch nicht sagen." Tatsache sei aber, dass Deutschland wie in den vergangenen Monaten abgestimmt mit dem wichtigsten Nato-Partner USA handle.
Debatte um Waffenlieferung beim Treffen der westlichen Verbündeten in Ramstein
Mögliche Panzer-Lieferungen sind das zentrale Thema beim Treffen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe auf der US-Militärbasis Ramstein in Rheinland-Pfalz am Freitag. An dem Treffen nehmen die Nato-Staaten und andere Länder teil, welche die Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg unterstützen.
Die Ukraine wehrt sich seit fast elf Monaten gegen Russlands Angriffskrieg und ist bei militärischer Ausrüstung weitgehend von westlicher Unterstützung abhängig.
MDR Aktuell (lmb), AFP, DPA
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 19. Januar 2023 | 20:30 Uhr