Polen Ermittlungen gegen "Nestbeschmutzer" eingestellt
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28. November 2019, 15:54 Uhr
Die polnische Justiz hat das Ermittlungsverfahren gegen den polnisch-amerikanischen Historiker Jan Tomasz Gross wegen "Beleidigung der polnischen Nation" eingestellt. Gross hatte behauptet, die Polen hätten während des Zweiten Weltkriegs "mehr Juden als Deutsche getötet".
Gegen Jan Tomasz Gross war daraufhin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen Paragraph 133 - "Beleidigung der polnischen Nation" - eingeleitet worden. Im schlimmsten Fall hätten Gross drei Jahre Haft gedroht.
Nicht die Aufgabe, "historische Streitigkeiten beizulegen"
Am Mittwoch wurde das Ermittlungsverfahren nun also eingestellt. Die Staatsanwaltschaft habe keineswegs die Aufgabe, "historische Streitigkeiten beizulegen", erklärte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft in Katowice. Von der Justiz beauftragte Historiker hätten festgestellt, so erklärte die Sprecherin weiter, dass die Zahl der "durch die Handlungen von Polen getöteten deutschen und jüdischen Personen" während des Zweiten Weltkriegs nicht eindeutig zu beziffern sei. Überdies vertrete die Staatsanwaltschaft die Ansicht, dass Gross mit seinem Artikel in der "Welt" nicht "direkt das Ziel verfolgt habe, die polnische Nation oder die polnische Republik zu beleidigen".
Gross hatte in seinem umstrittenen Zeitungsartikel den Bogen zwischen dem Verhalten der Polen während Flüchtlingskrise 2015 und dem polnischen Antisemitismus während des Zweiten Weltkriegs geschlagen. "Polens hässliches Gesicht rührt aus der Nazi-Zeit", hatte Gross damals geschrieben. Mehr als 100 Beschwerden von Einzelpersonen und Organisationen waren daraufhin bei der Staatsanwaltschaft in Katowice eingegangen.
Polen waren nicht nur Opfer
Der 1947 in Warschau geborene Jan Tomasz Gross hatte bereits nach der Veröffentlichung seines Buches "Nachbarn. Der Mord an den Juden von Jedwabne" 2001 in Polen heftige Kontroversen ausgelöst. In seinem auch international vielbeachteten Werk schilderte er die Ermordung der jüdischen Einwohner der Kleinstadt Jedwabne durch ein Pogrom ihrer polnischen Mitbürger im Jahr 1941. In Polen hatte das Buch schließlich zu einer gewissen Veränderung des weitverbreiteten und offiziellen Geschichtsbildes geführt, demzufolge die Polen während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg ausschließlich Opfer gewesen seien.
(afp)