Moldau: Ein Land, zwei Krisenherde

05. März 2019, 10:09 Uhr

1990 Jahren hat sich Transnistrien blutig von der Republik Moldau abgespalten. Bis heute wird die Region international nicht anerkannt. Auch im Süden Moldaus schwelt ein Konflikt, der an Katalonien erinnert.

Karte Republik Moldau
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Die Republik Moldau war von 1940 bis 1991 als "Moldauische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik" Teil der Sowjetunion. Hauptstadt war Chișinău. Während dieser Zeit war die russische Sprache vorherrschend, obwohl Moldau historisch stark durch das Rumänische geprägt ist. Während des Zerfalls der UdSSR kamen in dem kleinen Land zwischen Rumänien und der Ukraine ultranationalistische Kräfte an die Macht.

Diese machten 1989 Rumänisch zur Amtssprache und begannen mit der Diskriminierung der russischsprachigen und anderen Minderheiten. Ein Großteil davon lebte in der Region Transnistrien, die sich von Norden nach Süden über 200 Kilometer an der moldauisch-ukrainischen Grenze erstreckt. Hinzu kommt die kleine Region Gagausien im Süden des Landes, die eine eigene, dem Türkischen verwandte Sprache pflegt.

Grafik Moldau 1 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
1 min

Fr 13.10.2017 15:24Uhr 01:02 min

https://www.mdr.de/heute-im-osten/video-145498.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Transnistrien: Blutige Abspaltung Anfang der 1990er-Jahre

In Transnistrien formierte sich damals eine Unabhängigkeitsbewegung, die 1990 auch ins moldauische Parlament einzog. Nachdem sie ihre Forderungen - Wiedereinführung von Russisch als Amtssprache und Verbleib in der Sowjetunion - nicht durchsetzen konnte, flohen die Abgeordneten aus Chișinău in die heutige transnistrische Hauptstadt Tiraspol. Nach gewaltsamen Zusammenstößen spaltete sich Transnistrien Ende 1990 endgültig von Moldau ab.

Flagge von Transnistrien
Die offizielle Flagge von Transnistrien. Bildrechte: Colourbox.de

Das aber begann im Frühjahr 1992 mit dem Versuch, die Region militärisch zurückzugewinnen. Die von Russland unterstützten transnistrischen Milizen konnten den Angriff aber abwehren. Im Juli desselben Jahres wurde ein Friedensvertrag zwischen Transnistrien und der, dann von der Sowjetunion bereits unabhängigen Republik Moldau geschlossen.

Unabhängigkeit von Russlands Gnaden

Transnistrien wird von keinem UN-Staat offiziell anerkannt, auch von Russland nicht. Es unterhält zu Moskau aber gesonderte Beziehungen, das dort bis heute 1.380 Soldaten stationiert hat. Transnistrien gehört zur "Gemeinschaft nicht anerkannter Staaten", ebenso wie die Region Bergkarabach im Kaukasus und die von Georgien abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien, die ebenfalls von Russland unterstützt werden.

Am 18. März 2014 stellte Transnistrien offiziell einen Beitrittsantrag zur Russischen Föderation. Einen Tag zuvor hatte auch die, von russischen Truppen annektierten Halbinsel Krim diesen Antrag gestellt. Die Krim wurde eingegliedert, Transnistriens Antrag blieb hingegen bis heute unbeantwortet.

Panzer vor einer Kirche in Tiraspol
In Transnistrien ist die sowjetische Vergangeheit noch gut sichtbar, etwa durch dieses Panzerdenkmal in Tiraspol. Bildrechte: MDR/Markus Zerspiegel

Gagausien - Moldaus Katalonien?

Im Süden Moldaus gibt es eine weitere autonome Region, die Republik Gagausien mit ihren knapp 155.000 Einwohnern. Die Region, die kleiner als das Saarland ist, genießt seit 1994 weitreichende Autonomierechte, die in der Verfassung Moldaus verankert sind. Gagausien hat drei offiziell gleichberechtigte Amtssprachen: Gagausisch, Rumänisch und Russisch, wobei Russisch die im Alltag gebräuchlichste Sprache ist.

2014 verstärkten sich auch hier die Rufe nach einer kompletten Unabhängigkeit von Moldau. Am 2. Februar 2014 fand gegen den Willen der moldauischen Regierung ein Referendum statt, in dem 98,4 Prozent für engere Beziehungen mit Russland und anderen GUS-Staaten stimmten. Außerdem solle Gagausien komplett unabhängig werden, falls die Republik Moldau eines Tages ihre eigene Unabhängigkeit aufgibt, etwa durch einen Anschluss an Rumänien.

Gleichzeitig sprachen sich 97,2 Prozent der Wähler in Gagausien gegen eine Annäherung an die EU aus. Die betreibt Moldau im Rahmen der so genannten "Östlichen Partnerschaft", die 2009 ins Leben gerufen wurde, um einige ehemalige sowjetische Staaten näher an die EU zu führen. Das Referendum wurde von einem moldauischen Gericht für verfassungswidrig und unrechtmäßig erklärt, ähnlich wie aktuell in Katalonien. Es wird daher von der Regierung in Chișinău bis heute nicht anerkannt.

Über dieses Thema berichtete MDR auch im: Radio | 29.09.2017 | 01:23 Uhr

Republik Moldau Bildergalerie: Leben in Transnistrien

Die "Transnistrische Moldauische Republik" wird von keinem Staat der Welt anerkannt. Dennoch hat Transnistrien ein Parlament, einen Präsidenten, eine Verfassung, eine eigene Währung und sogar eine Nationalhymne.

Staatswappen von Transnistrien mit Hammer und Sichel auf einem Aufsteller in Tiraspol.
Die "Transnistrische Moldauische Republik" - wie die offizielle Staatsbezeichnung Transnistriens lautet - wird von keinem anderen Land der Welt anerkannt. Völkerrechtlich gehört der winzige Staat zu Moldawien. Dennoch hat Transnistrien einen Präsidenten, ein Parlament, eine Verfassung, eine Armee, eine Währung (die an den Dollar gekoppelt ist) und auch eine Nationalhymne ("Rühmt die Gärten und Fabriken"). Auf der Nationalflagge Transnistriens sind - weltweit einzigartig - Hammer und Sichel abgebildet; der Geheimdienst heißt KGB und das Parlament Oberster Sowjet. Gern wird das Land als "letzter Rest der UdSSR" beschrieben. Bildrechte: imago/ecomedia/robert fishman
Staatswappen von Transnistrien mit Hammer und Sichel auf einem Aufsteller in Tiraspol.
Die "Transnistrische Moldauische Republik" - wie die offizielle Staatsbezeichnung Transnistriens lautet - wird von keinem anderen Land der Welt anerkannt. Völkerrechtlich gehört der winzige Staat zu Moldawien. Dennoch hat Transnistrien einen Präsidenten, ein Parlament, eine Verfassung, eine Armee, eine Währung (die an den Dollar gekoppelt ist) und auch eine Nationalhymne ("Rühmt die Gärten und Fabriken"). Auf der Nationalflagge Transnistriens sind - weltweit einzigartig - Hammer und Sichel abgebildet; der Geheimdienst heißt KGB und das Parlament Oberster Sowjet. Gern wird das Land als "letzter Rest der UdSSR" beschrieben. Bildrechte: imago/ecomedia/robert fishman
Wegweiser zeigen die Richtung nach Chisinau und Odessa
Kishinew 76 Kilometer, Odessa 102 Kilometer - das zeigt ein Wegweiser in der Hauptstadt Tiraspol an und verweist damit auch auf die geostrategische Lage der "Transnistrischen Moldauischen Republik", einem schmalen Fleckchen Land, eingezwängt zwischen Moldawien und der Ukraine. Bildrechte: imago/ecomedia/robert fishman
Velika Kisnitsa Grenzübergang im transnistrischen Teil des moldauisch-ukrainischen Grenzgebietes
Die Grenze zwischen Transnistrien und Moldawien wird seit 1992 von einer russischen Friedenstruppe bewacht. Transnistrien war bis 1940 als autonome Republik Teil der Ukraine. 1940 schlug Stalin sie aber Moldawien zu. Als die UdSSR zerfiel, widersetzten sich die Bewohner Transnistriens - mehrheitlich Russen und Ukrainer - einer wie sie behaupteten drohenden "Rumänisierung" Moldawiens und forderten einen eigenen Staat. Der Konflikt gipfelte in einem sechswöchigen Bürgerkrieg, in dem mehr als 1.000 Menschen starben. Die Auseinandersetzung, bei der auf Seiten der Separatisten heimlich auch russische Freiwillige kämpften, wurde schließlich von der 14. Russischen Armee unter General Lebed beendet und die "Transnistrische Moldauische Republik" ausgerufen - ein Phantomstaat mit einer halben Million Einwohner im Osten Moldawiens, knapp 230 Kilometer lang und an manchen Stellen kaum breiter als 40 Kilometer. Bildrechte: imago/ITAR-TASS
Die Doppelbotschaft von Abchasien und Süd-Ossetien
In Tiraspol befinden sich genau zwei Botschaften: die von Abchasien und die von Südossetien. Beides ebenfalls Staaten, die (außer von Russland) offiziell nicht anerkannt sind. Beide Botschafter teilen sich ein Büro. Bildrechte: Kati Molnar
Riesiges Plakat vor dem städtischen Kulturhaus in Tiraspol zeigt den transnistrischen Präsidenten Igor Smirnow beim Händeschütteln mit Russlands Präsidenten Medwedew vor der Kulisse des Moskauer Kremls
Der schmucke und aufwändig sanierte Kulturpalast in Tiraspol. Das riesige Plakat davor zeigt Igor Smirnov, von 1992 bis 2011 Transnistriens Präsident, und Dmitri Medwedew, den Ministerpräsidenten der Russischen Föderation. Transnistrien ist von Moskau sowohl politisch als auch wirtschaftlich abhängig. Russland liefert kostenlos Gas, zahlt kleine Zusatzrenten an die Pensionäre und errichtet Krankenhäuser. Anerkannt hat Russland Transnistrien aber nicht. Und auch wenn die überwältigende Mehrheit der Transnistrier immer wieder fordert, an Russland angeschlossen zu werden - es passiert nichts. Ganz offensichtlich scheint es den Machthabern im Kreml günstiger zu sein, alles in der Schwebe zu lassen. Sie haben auch so absolute Kontrolle. Und auch 2.000 Soldaten im Land stationiert. Angeblich, um Munitionsdepots aus Zeiten der UdSSR zu sichern. Bildrechte: imago/ecomedia/robert fishman
Leninstatue in Tiraspol
Revolutionsführer Lenin ist noch überall im Land präsent: vor dem Parlamentsgebäude, vor Stadtverwaltungen, auf Plätzen und in Parkanlagen. "Land der Lenin-Statuen" wird Transnistrien genannt. Nirgendwo soll es mehr Lenin-Statuen geben als hier. Bildrechte: IMAGO
Zwei Frauen mit Hund auf dem Arm warten an einem Zeitungskiosk in Tiraspol.
Ein Zeitungskiosk in Tiraspol. Die staatlich gelenkten und kontrollierten Medien in Transnistrien haben eine wichtige propagandistische Funktion. So schüren sie etwa Ängste vor einer angeblichen Bedrohung durch Rumänien, Moldawien und die USA und beschreiben Transnistrien als eine Speerspitze der Slawen im Kampf gegen verderbliche westliche Werte. Zeitungen aus Moskau und gar aus Chisinau sind durchaus erhältlich, aber so teuer, dass sie sich kaum jemand leisten kann. Bildrechte: imago/ecomedia/robert fishman
Sowjetische Kinder spielen Fußball zwischen Plattenbauten in Ribniza
Plattenbauten aus den 1970er-Jahren prägen das Bild der Transnistrischen Städte. Bildrechte: imago/ecomedia/robert fishman
Ein ältere Frau mit blauem Einkaufsbeutel geht durch eine heruntergekommene Plattenbausiedlung aus der Sowjetzeit in Tiraspol
Damals waren es Vorzeigesiedlungen mit fließend warmem Wasser und Fernheizung. Heute sind die Blöcke oft heruntergekommen, das Geld für eine Sanierung aber fehlt. Es bleibt nur hier wohnen, wer sich nichts anderes leisten kann. 200 Euro beträgt übrigens das durchschnittliche Monatseinkommen in Transnistrien. Bildrechte: imago/ecomedia/robert fishman
Zwei junge Frauen flanieren auf der Strasse des 25. Oktober in Tiraspol.
Tiraspol ist keine heruntergekommene, ärmliche Stadt. Im Gegenteil. Die alten Oberleitungsbusse verkehren pünktlich, die Fassaden der alten zweigeschossigen Häuser im Zentrum sind frisch getüncht, die Trottoirs ordentlich gepflastert. Auf den Straßen schweben oft große Limousinen mit getönten Scheiben vorbei - Transnistrien gilt als Mekka des Schmuggels und Schwarzhandels. Bildrechte: IMAGO / ecomedia/robert fishman
auf dem Djnestr in Transistrien
Ein Ausflugsdampfer auf dem Dnjestr. Der Fluss schlängelt sich durch die Hauptstadt Tiraspol und bildet an vielen Stellen auch die natürliche Grenze zu Moldawien. Bildrechte: Mila Corlateanu
Fluss in Tiraspol (Dnjestr)
Die Parkanlagen und Promenaden entlang des Dnjestr sind so gepflegt und sauber wie in den sowjetischen Propagandafilmen der 1950er-Jahre; kein Papier und keine Zigarettenkippen auf den Wegen, die Papierkörbe immer geleert. Eine der touristischen Attraktionen ist übrigens die Festung Bender oberhalb des Dnjestr - hier soll der Baron Münchhausen auf der Kanonenkugel geritten sein. Bildrechte: Mila Corlateanu
Moskwitsch fährt über die Dorfstrasse in Tschobrutschi
Hinter der Hauptstadt Tiraspol: staubige Wege, gesäumt von Apfelbäumen, Weinbergen und kleinen Gärten, in den die Leute Obst und Gemüse anbauen. Bildrechte: imago/ecomedia/robert fishman
Eine Marktfrau in Tiraspol
Marktfrauen, wie hier auf dem zentralen Markt in Tiraspol, halten Obst und Gemüse aus eigenem Anbau feil und versuchen sich damit ihre kargen Renten aufzubessern. Bildrechte: Mila Corlateanu
Alle (14) Bilder anzeigen

Osteuropa

Staatswappen von Transnistrien mit Hammer und Sichel auf einem Aufsteller in Tiraspol. 3 min
Bildrechte: imago/ecomedia/robert fishman

Mehr Politik in Osteuropa

Mehr aus Osteuropa

Nachrichten

Soldaten der 24. Mechanisierten Brigade installieren Panzerabwehrminen und nicht explosive Hindernisse entlang der Frontlinie in der Nähe der Stadt Chasiv Yar. mit Audio
Soldaten der 24. Mechanisierten Brigade installieren Panzerabwehrminen und nicht explosive Hindernisse entlang der Frontlinie in der Nähe der Stadt Chasiv Yar. Bildrechte: picture alliance/dpa/Ukrainian 24th Mechanised Brigade via AP | Oleg Petrasiuk