Waltershausen Ein Jahr nach Brandanschlag auf sein Haus: SPD-Lokalpolitiker hat Thüringen verlassen
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19. Februar 2025, 19:32 Uhr
Mittlerweile lebt und arbeitet Michael Müller in Bayern. Er hat alle politischen Ämter in der Thüringer SPD niedergelegt. Auch sein öffentliches Engagement gegen rechts hat er vorerst beendet. Die Polizei ermittelte auch in seinem privaten Umfeld - bisher ohne Erfolg.
Es ist Montagmorgen, der 19. Februar 2024: Unbekannte legen Brandbeschleuniger auf die Fußleiste der Eingangstür und sprühen dieselbe Substanz an die Hauswand. Sie zünden alles an.
Doch das aus massiven Baumstämmen gebaute Holzhaus von Michael Müller brennt nicht so schnell. Nur der Eingangsbereich wird verkohlt und ein geparktes Auto beschädigt. Auch weil die Bewohner des Hauses - eine befreundete Familie von Müller - den Brand rechtzeitig bemerkt haben. Der SPD-Politiker war zum Tatzeitpunkt gar nicht zu Hause. Er hatte sein Haus Freunden mit einem Baby überlassen.
Ich lasse mich nicht unterkriegen. Aber schließlich waren die Kommentare über mich zu schmerzhaft.
Müller ist "vorerst" nach Bayern umgezogen
Die Eingangstür am Holzhaus von Michael Müller ist seit einem Monat neu. Rechts daneben bedeckt eine Sperrholzplatte noch immer die Brandspuren. Ein Jahr danach blickt der 47-Jährige mit Abstand auf den Brandanschlag und auf seine Heimat Schnepfenthal im Landkreis Gotha. Denn Müller hat Thüringen "vorerst" den Rücken gekehrt und ist nach Bayern gezogen. Die Entscheidung sei in drei Stufen gefallen. "Nach dem Anschlag habe ich mich ausgestoßen gefühlt. Dann kam die Trotzreaktion: 'Ich lass mich nicht unterkriegen.' Aber schließlich waren die Kommentare über mich zu schmerzhaft."
Anfeindungen und Solidaritätsbekundungen
Müller wurde in den sozialen Medien und auch in seinem Ort angefeindet. Der Tenor: Er habe den Brandanschlag inszeniert, um es der rechten Szene in die Schuhe schieben zu können. Der SPD-Lokalpolitiker hatte sich mit Demos gegen rechts engagiert. Heute mache er das nicht mehr. Michael Müller hat alle seine Ämter in der Thüringer und Waltershäuser SPD niedergelegt.
Regional habe ich kaum Zuspruch erhalten. Aber nach dem Brandanschlag haben mir rund 4.000 SPD-Mitglieder geschrieben und ihre Solidarität bekundet.
"Regional habe ich kaum Zuspruch erhalten", sagt er. Aber national: "Nach dem Brandanschlag haben mir rund 4.000 SPD-Mitglieder geschrieben und ihre Solidarität bekundet".
Polizei ermittelt auch im privaten Umfeld
Bei den Ermittlungen sind Polizei, die eine Sonderkommission gebildet hatte, und Staatsanwaltschaft noch keinen Schritt weiter gekommen. "Wir ermitteln immer in alle Richtungen. Als wir aber keine Hinweise auf eine politisch-motivierte Tat bekommen haben, liefen auch Ermittlungen im privaten Umfeld von Michael Müller. Aber auch die blieben ohne Ergebnis", sagte die Erfurter Staatsanwältin Dorothee Ohlendorf. Laut Müller haben die Beamten tief in seinem Privatleben gegraben - was er bis heute als sehr unangenehm empfindet.
Wir haben keine Hinweise auf eine politisch-motivierte Tat bekommen.
Die Vernehmungen hätten Freundschaften zerbrechen lassen. Wenn so lange nichts gefunden wird, wird es immer schwieriger, eine Tat aufzuklären. Die Staatsanwaltschaft Erfurt hofft, dass ein Jahr danach sich vielleicht doch jemand findet, der etwas sagen will, sich aber noch nicht getraut hat. Die Belohnung auf Hinweise zu dem Täter oder den Tätern von 5.000 Euro sei immer noch scharf geschaltet.
MDR (anh)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 19. Februar 2025 | 18:05 Uhr