Brisantes Verfahren Ex-Manager der VR-Bank Bad Salzungen/Schmalkalden klagt gegen Entlassung

20. Mai 2020, 11:58 Uhr

Vor dem Arbeitsgericht in Eisenach hat es am Dienstag einen brisanten Termin gegeben. Ein Ex-Manager der VR-Bank Bad Salzungen/Schmalkalden klagt gegen seine Entlassung. Er hatte sich mit Vorwürfen an die deutsche Bankenaufsicht BaFin gewandt. Es geht um millionenschwere Immobiliengeschäfte, einen früheren Fußballprofi, seine Frau und einen Ex-Ministerpräsidenten.

Der anonyme Hinweis hatte es in sich. Im März 2018 ging er bei der Bankenaufsicht BaFin in Bonn ein. Verfasst offenbar von zwei Managern, die schwere Vorwürfe gegen ihren Arbeitgeber, die Volks- und Raiffeisenbank Bad Salzungen/Schmalkalden, erhoben hatten. Im Kern geht es um den Verdacht, dass sich eine Gruppe von Bankmanagern, Immobilienmaklern, Notaren und Rechtsanwälten seit Jahren aus dem Bankvermögen bediente.

Das Ganze, so der Vorwurf, unter dem Deckmantel völlig legaler Bankgeschäfte. Doch im Mai desselben Jahres wurden beide gefeuert. Frank S. ist einer der Mitarbeiter und klagt nun vor dem Arbeitsgericht Suhl gegen seinen Rauswurf. In dem Verfahren musste geklärt werden, ob diese Kündigung rechtmäßig war. Die VR-Bank argumentierte, dass bereits seit dem Sommer 2017 das Vertrauensverhältnis zwischen ihr und dem späteren Ex-Mitarbeiter zerrüttet gewesen sei. Zur fristlosen Kündigung im Mai 2018 habe es faktisch keine Alternative gegeben.

An dieser Argumentation zeigte der Richter allerdings Zweifel. Ihm sei nicht klar, warum ein Manager für das erste Quartal 2018 30.000 Euro Bonus wegen guter Leistungen bekomme, wenn das Verhältnis bereits vorher kaputt gewesen sei und ihm bald nach der Zahlung gekündigt worden sei. Damit steht die Frage im Raum: Wurde S. gefeuert, weil er Missstände der Bankenaufsicht gemeldet hatte oder hat er sich mit der Anzeige bei der BaFin an seinem früheren Arbeitgeber rächen wollen?

Besonderer Schutz von Informanten

Beim Prozess am Dienstag in Eisenach - die Verhandlung war aus Coronaschutz-Gründen dorthin ausgelagert worden - spielte die Anzeige an die BaFin eine wichtige Rolle. Denn es musste geklärt werden, ob Frank S. der Status eines Informanten, eines sogenannten Whistleblowers, zuerkannt werden kann. Whistleblower sind Insider, die Missstände in Behörden oder Unternehmen öffentlich machen. Dabei geht es darum, ob ihre Informationen auch strafrechtliche Ermittlungen auslösen können.

Seit 2016 gibt es in der EU ein Gesetz zum Schutz solcher Informanten. Was im Falle Frank S. Auswirkung auf die Recht- oder Unrechtmäßigkeit der Kündigung haben könnte. Denn seine Informationen hatten mit dafür gesorgt, dass Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt ihre Ermittlungen unter anderem gegen VR-Vorstandschef Stefan Siebert und weitere Topmanager aufgenommen hatten. Sie reichten auch aus, dass ein Gericht Durchsuchungsbeschlüsse ausstellte, mit denen im August 2018 deutschlandweit Wohn- und Geschäftsräume durchsucht worden waren. Seitdem läuft ein Verfahren bei der für Wirtschaftsstrafsachen zuständigen Staatsanwaltschaft Mühlhausen. Ausgang bisher offen.

Ein brisanter Punkt: Sogenannte Whistleblower genießen keinen Schutz vor Kündigung, wenn sie fahrlässig oder vorsätzlich falsche Angaben bei der Banken-Aufsichtsbehörde machen. Genau dies unterstellten die Anwälte der Bank bei der Verhandlung in Eisenach dem Ex-Manager.

Haus verschwindet offenbar aus Bankvermögen

Frank S. ist Ende 2012 in die VR-Bank eingestiegen. Er kümmerte sich um Beteiligungen der Bank an Kliniken und Kureinrichtungen. Später war er Geschäftsführer der Rennsteigbeteiligungsgesellschaft, die unter anderem für das millionenschwere Immobilienportfolio der Bank zuständig ist. Das Unternehmen ist eine hundertprozentige Tochterfirma der VR-Bank Bad Salzungen/Schmalkalden. Offenbar in dieser Zeit stolperte S. über ein Geschäft, dass Teil der Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und LKA ist. Es geht um den Kauf von knapp 20 Häusern in Erfurt. Diese kaufte die Bank von der Erlanger Immobiliengesellschaft ZBI für einen zweistelligen Millionenbetrag. Doch nachdem der Deal abgewickelt war und die VR-Bank den vollen Preis bezahlt hatte, soll eines der Häuser plötzlich aus dem Vermögen der Bank verschwunden und im privaten Besitz von Bankchef Siebert wieder aufgetaucht sein.

Fakt ist: Siebert hat das fragliche Haus tatsächlich für eine Million Euro von der ZBI gekauft, das geht aus interne Verträgen hervor, die MDR THÜRINGEN vorliegen. Sollte aber die Bank an die ZBI den vollen Preis inklusive der Siebert-Immobilie bezahlt haben, könnte der Verdacht der Veruntreuung von Bankvermögen bestehen. Was tausende von Genossenschaftsmitgliedern, die Anteile an der Bank haben, interessieren dürfte. Die VR-Bank selber bestreitet, dass es bei dem Immobiliendeal zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein soll. Die Bank-Anwälte verwiesen vor Gericht darauf, dass S. als Verantwortlicher selbst in die Verhandlungen mit der ZBI über den Verkauf des Portfolios involviert gewesen sei. Unklar blieb in der Verhandlung am Dienstag, auf wessen Veranlassung die fragliche Immobilie wieder aus dem später von der Bank gekauften Paket herausgenommen wurde. Die Million für die Immobilie sei, so der Ex-Banker, auf die anderen Immobilien im Portfolio aufgeteilt worden, so dass diese dann teurer wurden. S. bestritt in der Verhandlung, mit dieser Veränderung des Portfolios etwas zu tun gehabt zu haben.

Mitte Mai 2019 erklärte der Vorstand auf der Genossenschaftsversammlung, das eine eigene Revision und eine Prüfung der BaFin nichts Illegales zu Tage geförderte hätten. Auch im Verfahren am Dienstag verwiesen die VR-Bank-Anwälte auf die Gutachten, die diese Vorwürfe nicht bestätigen konnten. Die BaFin hatte die Beratungsgesellschaft Ernst & Young für einen sechsstelligen Betrag mit der Prüfung beauftragt. Die VR-Bank wiederum hatte ebenfalls Gutachten erstellen lassen, und zwar von der Prüfungsgesellschaft PwC sowie einem Anwalt.

Effenberg-Ausbildung Teil der Ermittlungen

Doch S. soll in seinem brisanten Whistleblower-Bericht noch eine andere Ungereimtheit zum Nachteil der Bank niedergeschrieben haben. Es geht um Ex-Fußballstar Stefan Effenberg. Im vergangenen Jahr verkündete die VR-Bank, dass Effenberg im Management der Bank Platz nehmen werde. Zuvor war bekannt geworden, dass der Ex-Nationalspieler aus München auf Kosten der Bank eine Ausbildung an einer renommierten Finanzmanager-Akademie gemacht hatte.

Nach MDR THÜRINGEN-Informationen soll die Finanzierung der Effenberg-Ausbildung ebenfalls Gegenstand der Ermittlungen von LKA und Staatsanwaltschaft sein. Die Ermittler gehen offenbar dem Vorwurf nach, dass die Bank dem Ex-Fußballer die Ausbildung spendierte, ohne aber dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Der Untreuevorwurf gegen die Bankmanager soll sich auch dadurch erweitern, dass Effenbergs Frau Claudia ebenfalls angeblich Gelder von der Bank für ein Geschäft ohne Gegenleistung bekommen sollte. So soll sie fingiert beauftragt worden sein, Dienstkleidung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bank zu entwerfen.

Bank weist Vorwürfe der Untreue zurück

Ein Banksprecher wies diese Vorwürfe auf MDR THÜRINGEN-Anfrage zurück. Vielmehr sei es so gewesen, dass die Bank Effenberg den Job angeboten habe. Voraussetzung dafür sei es gewesen, dass er die Ausbildung mache. Ebenfalls sei die VR-Bank auf Frau Effenberg zugegangen und habe sie um ein Angebot für ein neues Dienstkleidungs-Design gebeten. Im Mai 2019 sei die neue Dienstkleidung dann auch auf der Genossenschaftsversammlung vorgestellt worden.

Stefan Effenberg soll eine Art Markenbotschafter der Bank sein, die wiederum seit einigen Jahren im europäischen Profifußball als potenter Geldgeber auftritt. Unter anderem hatte die Bank im Januar 2017 laut dem Magazin SPIEGEL dem spanischen Spitzenklub Athlético Madrid zehn Millionen Euro Kredit gegeben. An dem Geschäft soll ein Ex-Manager der Internationalen Bodenseebank IBB beteiligt gewesen sein. Laut den sogenannten Football-Leaks, aus denen der SPIEGEL 2018 berichtete, soll er den Kredit zwischen Athlético Madrid und der Bank in Bad Salzungen vermittelt haben. Der Manager ist Vorstand einer Münchner Sportfinanzierungs AG, deren Aufsichtsratschef Thüringens Ex-Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) ist. Der wiederum ist auch stellvertretender Aufsichtsratschef der VR-Bank. Althaus hatte gegenüber dem SPIEGEL eine Vermittlung des Geldes bestritten.

Doch zwischen der IBB und der VR-Bank gibt es offenbar gute Verbindungen. Denn internen Dokumenten zufolge haben die Banker vom Bodensee, VR-Bankchef Siebert die Million für den Kauf des Hauses in Erfurt vorgestreckt, das angeblich aus dem großen Immobiliendeal verschwunden sein soll. Am Arbeitsgericht in Eisenach gab es am Dienstag erstmal kein Urteil. Der Prozess wird am 11. Juni fortgesetzt.

Quelle: MDR THÜRINGEN

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 19. Mai 2020 | 18:00 Uhr

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