"Ein zwei Mal kicherte er noch beim Einschlafen und dann war alles ruhig und still ..." Wenn Johannes Heyl die Geschichte "Gute Nacht, Carola" von Jacob Heim und Kurt Krömer vorliest, dann hören alle Kinder gespannt zu. Während der 68-Jährige liest, haben es sich die Kinder mit Kissen auf dem Boden gemütlich gemacht - und schauen der Bildergeschichte auf einer Leinwand zu.

Aus Büchern vorzulesen - das ist für den seit kurzem pensionierten Pädagogen Ehrensache. "Das ist natürlich berufsbedingt", sagt er und lacht. "Ich war Deutschlehrer am Gymnasium. Dramatik in der Stimme, das liegt mir. Und es ist schön, wenn man merkt, wie die Kinder mit der Geschichte mitfiebern."

Einmal in der Woche öffnet Johannes Heyl die Türen zu der kleinen Bibliothek im Ortszentrum in Lehesten. Mehrere Bücherregale mit insgesamt 2.000 Büchern gibt es hier. Regelmäßig kommen Schüler und Kindergartengruppen und hören ihm und den Geschichten zu. Zum Beispiel Pepe, Maila und Finja aus dem Kindergarten Zwergenland, zusammen mit Kindergartenleiterin und Erzieherin Kerstin Heyder.

"Er macht das sehr schön", sagt sie. "Er hat auch eine ganz tolle Stimme. Die Kinder hören gut zu, er wechselt die Stimmlage und es ist spannend erzählt."

Seit zehn Jahren kümmert sich Johannes Heyl ehrenamtlich um die Bücherausleihe - lange Zeit neben seinem Beruf als Lehrer am Gymnasium in Bad Lobenstein. Seit 2020 ist er im Ruhestand, eigentlich. Denn 2021 und 2022 unterrichtete er wieder an der Schule. Man hatte ihn zurückgebeten wegen des Lehrermangels.

Für den Lehrer war es dennoch keine Frage, ehrenamtlich die Bibliothek zu betreuen. Wegen leerer Stadtkassen stand sie vor rund zehn Jahren vor dem Aus. Sie weiter zu betreiben, war nur mit ehrenamtlicher Hilfe möglich.

"Ich wohne hier um die Ecke, bin hier aufgewachsen und alt geworden", sagt er. Da sei das irgendwie selbstverständlich für ihn gewesen. Und er meint: "Zum kulturellen Angebot eines Ortes gehört doch eine Bibliothek. Sie sollte als kleiner Brennpunkt des kulturellen Lebens Bestand haben."

Heute ist die Gemeindebibliothek in Lehesten an die Stadt- und Kreisbibliothek in Saalfeld angeschlossen. Von dort wird sie regelmäßig mit neuen Büchern versorgt. Bibliotheksleiterin Ines Slomian und ihre Mitarbeiterin Diana Streitberger-Gunold haben Johannes Heyl als Thüringer des Monats vorgeschlagen. "Er hat eine sehr ruhige Art und kommt bei den Kindern sehr gut an", sagen sie. "Das ist eine ganz tolle Form der Würdigung für ihn. Damit rückt er einmal richtig in den Fokus."

Der Preis "Thüringer des Monats", sagt er, ist für ihn eine Ehre und Ansporn weiterzumachen, so lange es geht. Mit den 500 Euro Preisgeld möchte er den Kindern in der Bibliothek noch mehr Lesespaß bereiten. Zum Beispiel mit Buntstiften, mit denen sie die Geschichten aus den Büchern aufmalen können.