Kita-Plätze Uhlstädt-Kirchhasel: Widerstand gegen Schließungspläne für Kindergarten Engerda

29. Juni 2023, 13:45 Uhr

Uhlstädt-Kirchhasel muss sparen, der Bürgermeister will deshalb den Kindergarten im Ortsteil Engerda schließen. Dass die Pläne zuerst hinter verschlossenen Türen diskutiert wurden, macht die Eltern wütend. Am Dienstag war die Schließung Thema im Gemeinderat - mit einer knappen Entscheidung zum Schluss.

Die Stimmung im Gemeindesaal in Kirchhasel ist angespannt. In der Einwohnerfragestunde am Dienstagabend muss sich Bürgermeister Frank Dietzel (Linke) den bohrenden Fragen der anwesenden Eltern stellen. Deren Kinder gehen in den Kindergarten Engerda, einem Ortsteil von Uhlstädt-Kirchhasel im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt.

Vor etwa einem Monat wurden Pläne öffentlich, die Einrichtung zu schließen. "Der Kindergarten ist nicht einmal zu fünfzig Prozent belegt", sagt Frank Dietzel. "Wir können uns das nicht mehr leisten."

Eltern sollen weggeschickt worden sein

Elternbeiratsvorsitzende Nicole Unbehaun bestätigt, dass in den letzten Jahren meist unter 15 Kinder betreut wurden in einer Einrichtung, die für maximal 30 Kinder ausgelegt ist. Andererseits hätte die Gemeinde auch nichts dafür getan, dass sich die Situation ändert. Im Gegenteil:

Interessierte Eltern wurden weggeschickt und sollten sich in einem anderen der insgesamt fünf Kindergärten anmelden, die auf dem Gemeindegebiet liegen - so sagt es Nicole Unbehaun. Der Bürgermeister widerspricht. Für alle Kindergärten würde gleichermaßen geworben.

Sandra Hilgenfeldt hat es anders erlebt. Als sie ihr Kind für einen Platz in Engerda anmelden wollte, hätte ihr eine Gemeindemitarbeiterin abgeraten. Der Kindergarten sei nicht mehr relevant. "Ich war erschrocken", sagt Sandra Hilgenfeldt. "Schließlich gab es dazu gar keinen Beschluss."

Laut Elternbeiratsvorsitzende ist die Geschichte der jungen Frau kein Einzelfall und ein Zeichen dafür, dass die Gemeinde mit ihrem Verhalten möglicherweise schon mal Fakten schaffen will für das Aus des Kindergartens.

Eltern erfahren aus der Zeitung von den Plänen

Schon Anfang Juni wurde das Thema im Gemeinderat diskutiert. Allerdings im nichtöffentlichen Teil der Sitzung. Einen Tag vorher erfuhren die Eltern aus der Zeitung von den Plänen, den Kindergarten zu schließen. Für Nicole Unbehaun völlig daneben. Auch die Gründe, die der Bürgermeister anführt, hält sie für vorgeschoben.

So soll der Kindergarten nicht mehr zeitgemäß sein. Außerdem gäbe es eine Reihe baulicher Mängel. Frank Dietzel spricht von einem Legionellenproblem, seit die beiden Wohnungen im Obergeschoss nicht mehr bewohnt sind. Warum die Gemeinde nichts dagegen unternommen hat? Darauf gibt es keine Antwort.

Auch Kita-Umbau klappte bisher nicht

Die Johanniter als Träger des Kindergartens versuchen seit einigen Jahren, das Haus besser auszulasten. Sie entwickelten ein Konzept, bei dem Senioren ein Tagesangebot durch den ambulanten Pflegedienst erhalten sollten. Allein - aber auch gemeinsam mit den Kindergartenkindern. Doch bis heute konnte das Konzept nicht umgesetzt werden - aus Gründen des Baurechts, so der Bürgermeister. Offen ist allerdings die Frage, warum in den anderen Kindergärten der Gemeinde in den letzten Jahren fleißig umgebaut und erweitert wurde, während es in Engerda nicht klappte.

Im Falle einer Schließung müssten die Kinder andere Einrichtungen besuchen. So stehen in Kirchhasel und Uhlstädt Plätze zur Verfügung. Die Kindergärten in Großkochberg und Zeutsch sind dagegen voll oder sogar überbelegt.

Fest steht also, dass die Kinder nicht gemeinsam wechseln können. Sie wurden bisher gemeinsam über mehrere Altersklassen hinweg betreut. Und für die Eltern bedeuten die Schließungspläne, dass sie in Zukunft längere Wege zurücklegen müssen.

Spannende Entscheidung im Gemeinderat

Im Gemeinderat betont Bürgermeister Frank Dietzel am Dienstagabend die Bedeutung einer guten Kinderbetreuung. Dafür seien die Kindergärten wichtig. Trotzdem sei die Schließung notwendig. So lägen die Kosten pro Kind und Jahr in Engerda bei rund 18.000 Euro, in anderen Einrichtungen nur bei 13.000 Euro.

Der Bürgermeister kann den Mitgliedern des Gemeinderats aber auch auf wiederholte Nachfragen nicht beantworten, wie viel Geld die Gemeinde durch die Schließung überhaupt sparen würde. Eine von vielen Fragen, die am Abend offen bleibt.

Kindergarten gerettet: Abgestimmt wird geheim

Auch deshalb fordern mehrere Gemeinderäte, die Entscheidung zu vertagen. Vergebens. Sie folgen allerdings dem Antrag, geheim abzustimmen. Auch die Eltern beobachten die Debatte gespannt, immer wieder mit Zwischenrufen. Still wird es erst, als die Gemeindevertreter ihre Wahlzettel in die Urne stecken. Dann wird ausgezählt.

Nicole Unbehaun kann ihre Unruhe kaum verbergen. Etwa zehn Minuten später steht das Ergebnis fest und alle sind überrascht: die Abstimmung geht unentschieden aus. Acht Gemeinderäte stimmen mit "Ja" - acht mit "Nein" und einer enthält sich der Stimme. Damit ist die Schließung der Kita vom Tisch. Jubelnd fallen sich die Eltern um den Hals.

Eltern wollen sich stark machen

"Ich denke, wir haben die Probleme nicht gelöst", sagt Bürgermeister Dietzel ernüchtert. "Aber ich akzeptiere die Entscheidung." Für die Eltern beginnt die Arbeit erst jetzt. Sie wollen die Zukunft des Kindergartens sichern. Dafür haben sie zwei Jahre Zeit. Nicole Unbehaun will auch in den anderen Ortsteilen werben, den Kindergarten besser auszulasten.

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MDR (dst)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 28. Juni 2023 | 19:00 Uhr

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