Schulsystem Für Preis nominiert: Was macht diese Rudolstädter Schule besonders?
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01. Oktober 2024, 16:28 Uhr
In Berlin wird am Mittwoch der Deutsche Schulpreis 2024 vergeben. 15 Schulen aus ganz Deutschland sind nominiert. Darunter auch eine Schule aus Thüringen: die Friedrich-Adolf-Richter-Schule aus Rudolstadt. Was macht die Einrichtung besonders?
Die Rudolstädter Friedrich-Adolf-Richter-Schule liegt am Hang, mit viel Grün, mehreren Schulgebäuden, einer Turnhalle, Aula und Mensa, einer Schreinerwerkstatt. Ganz oben auf dem Schulgelände stehen Bienenstöcke und ein von Schülern selbst gebautes Fachwerkhaus. Mit einer Rutsche geht es vom Schulgebäude den Hang hinunter vom Schulhaus zum Sportplatz. "Eine Schule wie ein Campus", so Schulleiterin Thea Kneisel.
"Die Kinder und Jugendlichen können in den Pausen auch ihren Wünschen nachgehen", sagt sie. "Wer lieber Fußball spielen will, tut das. Wer ein Buch lesen will oder einfach nur Frühstücken möchte, kann das auf dem weitläufigen Gelände auch tun." An der Gemeinschaftsschule werden 413 Schüler von 45 Pädagogen betreut und unterrichtet. Schüler der ersten bis zwölften Klasse lernen hier ganztags.
Die Einrichtung ist in der Stadt gut vernetzt. Viele Projekte werden in den Schulalltag integriert. So gibt es von der ersten bis vierten Klasse zum Beispiel den "Expeditionsunterricht", bei dem die Fächer Heimat- und Sachkunde, Werken, Kunst, Musik und Schulgarten zusammengefasst werden.
Ausflüge als Teil des "Expeditionsunterrichts"
"Die Kinder haben zweimal vier Stunden - und 'Expedition' ist auch ernst gemeint", sagt Kneisel. "Wenn wir uns zum Beispiel mit dem Thema Körper beschäftigen, dann kooperieren wir mit den Thüringen Kliniken und besuchen dort die Notaufnahme." Geht es im Schulgartenunterricht um das Thema Wiese, dann gehen die Schüler nicht nur auf die Wiese, sie schauen sich auch an, wie das Thema Natur in der Musik umgesetzt wird.
"Im Gegensatz zu Deutsch und Mathe, wo es natürlich viel stringenter zugeht, weil das die Basis ist und sitzen muss, ist der Expeditionsunterricht ein Stück weit freier", sagt die Schulleiterin. "Man kann es als experimentelles Lernen verstehen."
Man lernt, zu leben und zu sein.
Im Klassenzimmer wird dann in Gruppen gearbeitet. Dabei sitzen die Schüler der dritten Klasse an kreisrunden Tischen. Hannah, Gregor, Elisabeth und Lasse erschließen sich zum Beispiel aus Bildern und Texten, wie Kinder in anderen Ländern leben. So zu lernen, mache Spaß, findet die achtjährige Hannah: "Expeditionsunterricht gehört zu meinem Lieblingsunterricht", sagt sie. "Ich finde das einfach schön, hier etwas über die Welt zu erfahren. Es macht Spaß, weil wir viel zusammen machen und man lernt, zu leben und zu sein."
Freier Schule fehlt es an öffentlichen Geldern
In den Gruppen lernen die Kinder auch, sich gegenseitig zu helfen. Lehrerin Sophie Schröder geht von Tisch zu Tisch und unterstützt sie dabei. "Wir hatten eine gemeinsame Einführung und jetzt informieren sie sich selbstständig durch die Texte. Das Ziel ist, dass sie lernen, selbstständig zu arbeiten, Texte lesen zu können und die Information herauszufiltern, und so sollen sie dort hingeführt werden."
Gegründet wurde die Schule 2009 - auf Initiative von Eltern. Träger ist die Arbeiterwohlfahrt (Awo). Benannt ist sie nach dem Gründer der Ankerwerke, in denen seit Ende des 19. Jahrhunderts in Rudolstadt die Ankerbausteine hergestellt wurden - zu dieser Zeit das erste Systemspielzeug der Welt. "Seit 2017 gehört die Ankerstein GmbH zur Awo Rudolstadt und wir können in der Schule auch die Weiterentwicklungen der Ankersteine testen."
Es ist eine Herausforderung, die Kosten zu decken, ohne die Eltern übermäßig zu belasten.
Weil die Schule in freier Trägerschaft ist, erhält sie im Vergleich zu staatlichen Schulen nur 80 Prozent Finanzhilfe vom Staat. Der Rest wird über den Träger, die Awo, und Schulgebühren finanziert. In Zeiten von gestiegenen Nebenkosten und Lehrermangel keine einfache Sache, sagt Thea Kneisel: "Das ist eine Herausforderung, weil diese Finanzhilfe nicht mit den steigenden momentanen Kosten steigt. Diese Lücke müssen wir decken." Es sei eine Herausforderung, das zu schaffen, ohne die Eltern übermäßig zu belasten, so Kneisel.
Jury besuchte Schule zur Beurteilung zwei Tage lang
Um den deutschen Schulpreis hatte sich die Schule selbst beworben. Die Jury war zwei Tage in der Schule, hat den Unterricht besucht, mit Schülern, Lehrern und Eltern gesprochen. Sie bewertet das Zusammenspiel von Unterricht, Projekten und Atmosphäre.
Und auch die spielt in der Friedrich-Adolf-Richter-Schule eine wichtige Rolle, sagt die Schulleiterin: "Wir unterrichten in unserer Schule zwar auch Fächer, aber vor allem unterrichten wir Menschen", sagt sie. "Es herrscht eine respektvolle Atmosphäre. Das macht viel für das Lernen aus, wenn da eine gute Energie im Raum ist, dann fällt auch das Lernen leichter." Dennoch gibt es wie an anderen Schulen auch Konflikte. Um die zu lösen, gibt es in jeder Klasse einen Schülerrat, in dem Lehrer und Schüler über Probleme sprechen.
Schule würde von Preisgeld neue Spielgeräte anschaffen
Der deutsche Schulpreis, der am Mittwoch verliehen wird, wäre für die Schule in Rudolstadt eine wichtige symbolische Unterstützung. "Wir freuen uns, dass wir so weit gekommen sind", sagt Thea Kneisel. "Wenn es jetzt für mehr reicht, freuen wir uns, aber wir ärgern uns nicht, wenn wir nur mit der Nominierung wieder zurückreisen."
Das Preisgeld, im besten Fall 100.000 Euro, wäre trotzdem gut gebraucht. Die Schule würde es am liebsten in neue Sitz- und Spielmöglichkeiten auf dem Pausenhof, einen neuen Kunstraum oder eine Fotovoltaikanlage auf der Turnhalle stecken. Mit dem Deutschen Schulpreis zeichnen die Robert Bosch Stiftung und die Heidehof Stiftung jedes Jahr Schulen und ihre innovativen Konzepte aus.
MDR (ost)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 02. Oktober 2024 | 19:00 Uhr
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