Person hält Paddel
Trotz Sperrung der Saale: auf zahlreichen anderen Abschnitten darf munter gepaddelt werden. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Saale-Sperrung "Das gesperrte Stück ist das Filetstück": Kanu-Verleiher kritisiert Bahn

29. Juli 2024, 05:12 Uhr

Die Saale ist aktuell zwischen Großheringen und Bad Kösen für Kanus und andere Wasserwanderer gesperrt. Grund sind Bauarbeiten an den Bahnbrücken, die über den Fluss führen. Das Projekt wurde lange geplant, nur eins wurde dabei vergessen: den regionalen Tourismus-Unternehmen Bescheid zu sagen. Denn die Strecke ist ein Highlight für Kanu-Fahrer.

Zwischen 200 bis 400 Anrufe erhält Maik Richter, Inhaber von "KanuTours Camburg", derzeit täglich. Ein Umstand, über den er und sein Kanu- und Schlauchboot-Verleih sich eigentlich freuen sollten. Nur handelt es sich dabei nicht um Buchungsaufträge, sondern um Stornierungen, Umbuchungen oder Nachfragen von Kunden, die wissen wollen, ob man überhaupt noch bei ihm Kanus ausleihen kann.

Grund für die Anruf-Flut ist die Sperrung der Saale zwischen Großheringen und Bad Kösen. Hier kreuzt die Bahnstrecke mehrfach den Fluss, der sich auf diesem landschaftlich sehr reizvollen Abschnitt verschlungen seinen Weg von Thüringen nach Sachsen-Anhalt bahnt.

Diese Saalebrücken sind jedoch aufgrund ihres baulichen Zustandes dringend sanierungsbedürftig und müssen instand gesetzt werden. Außerdem wird die Oberleitungsanlage zwischen Bad Kösen und Saaleck erneuert.

Ein Video zur Sperrung hinter Großheringen sehen Sie hier:

Tourismus-Unternehmer erfuhr durch Zufall von Sperrung

Die Planung für dieses Projekt dauerte mehrere Monate, am 2. Mai 2024 beantragte die Deutsche Bahn dann die Vollsperrung der Saale beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt.

Das Amt leitete anschließend das nötige Verfahren ein und plante für den Zeitraum zwischen Mitte Juli 2024 bis 31. Mai 2025 die Sperrung gemeinsam mit dem Burgenlandkreis, dem Landesamt für Hochwasserschutz und der Wasserschutzpolizei. Nur einer von der Sperrung betroffenen Partei sagte niemand Bescheid: den Tourismus-Unternehmen.

Maik Richter erfuhr am 12. Juli per Telefon von der Sperrung: "Ich selbst war im Urlaub. Auf einmal rief mich ein Naumburger Kollege an und fragte, ob ich etwas über die Achtung-Lebensgefahr-Schilder in Großheringen weiß, die gerade aufgebaut werden". Richter wusste nichts davon.

Rotes Kanus liegen auf einer Wiese, im Hintergrund ein Haus.
Maik Richter betreibt in Camburg einen Kanu-Boots-Verleih mit Biergarten. Bildrechte: Nick Rösler/MDR

Der Familienvater hat erst vor einem Jahr den Kanu- und Schlauchboot-Verleih in Camburg übernommen, zuvor hatte er jahrelang als Angestellter für das Unternehmen gearbeitet. Dieses hat sich vor allem auf die Strecke ab Camburg über Großheringen nach Bad Kösen spezialisiert, gelegentlich auch bis nach Naumburg.

Er und sein Team aus fünf Festangestellten und zahlreichen weiteren Saisonarbeitern verleihen nicht nur die Kajaks, Kanus und Schlauchboote, sondern sorgen auch für den Rücktransfer von Mensch und Material nach Camburg. An der Verleih-Station betreibt Richter zudem den Biergarten "Paddlerhütte".

Der gesperrte Bereich ist das absolute Filetstück.

Maik Richter, Inhaber KanuTours Camburg

Für Richter ist der Teil zwischen Camburg und dem Naumburger Ortsteil Bad Kösen das Highlight der gesamten Saale-Unstrut-Region: "Es ist eine wunderschöne Strecke, die längste auf der gesamten Saale ohne eine Wehr, bei der man das Kanu umtragen muss. Sie ist dadurch perfekt für Familien oder Firmenausflüge. Der gesperrte Bereich ist das absolute Filetstück. Aber auch der Abschnitt davor lohnt sich."

Fluss
Auch der Abschnitt zwischen Camburg und Großheringen gehört zu den schönsten Teilen der Saale. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Eine Expedition zwischen den Bundesländern

Nun heißt es rein ins Kanu und raus auf die Saale. Maik Richter hat recht. Die Strecke ist idyllisch schön, eine gemütliche und dennoch faszinierende Expedition an und auf der Grenze von Thüringen und Sachsen-Anhalt. Die Saale ist hier breit genug, um auch mal ein bisschen schräg zu fahren, wenn im Zweier eine Person für ein paar Fotos aufhört zu paddeln. In Ufernähe spenden dichte Bäume Schatten, wenn die Mittagssonne ein wenig zu sehr auf den hoffentlich eingecremten Körper knallt.

Nicht nur menschliche Wasserwanderer sind auf der Saale unterwegs. Auch zahlreiche Entenfamilien sieht man am oder auf dem Fluss, immer wieder machen es sich farbenprächtige Libellen am Bug des Kanus gemütlich und sogar der ein oder andere Reiher fliegt durch die Lüfte.

Ein rotes Kanu liegt am Ufer der Saale.
Ein ruhiger Sandstrand zwischen Camburg und Großheringen lädt zum Picknick ein. Bildrechte: Nick Rösler/MDR

Rastplätze gibt es genug - ein kleiner Sandstrand lädt auf ungefähr der Hälfte der Strecke zum Picknick ein und wer seine Verpflegung vergessen hat, wird in Kaatschen beim Weingut Zahn oder in der nahe gelegenen Katuka Bar fündig. In Thüringen gibt es eben nicht nur in Jena ein Paradies.

Eindeutiges Warnschild: "Achtung Lebensgefahr"

Doch in Großheringen angekommen, warten schon die zwei besagten Schilder mit der eindeutigen Botschaft: "Achtung Lebensgefahr". Eine Weiterfahrt, vorbei an den majestätischen Muschelkalkfelsen, ist nicht erlaubt. Wer extra mehr Zeit mitgebracht hat und unbedingt auch noch an der Burg Saaleck entlang schippern möchte, wird enttäuscht.

Nach Corona und Hochwasser lief es bei uns endlich mal wieder gut. Und dann wird unsere wichtigste Strecke einfach gesperrt, ohne jegliche Kommunikation

Maik Richter, Inhaber KanuTours Camburg

Doch genau wegen dieser schönen Strecke sind die Auftragsbücher von Maik Richter eigentlich für mehrere Monate gefüllt. Nun müssen er und sein Team täglich hunderte Anrufe entgegennehmen und Kunden für die "nur" knapp zweistündige Fahrt begeistern.

Achtung Lebensgefahr! steht auf einem auffälligem Schild am Ufer der Saale.
In Großheringen angekommen wird deutlich: eine Weiterfahrt wird nicht unbedingt empfohlen. Bildrechte: Nick Rösler/MDR

"Nach Corona und Hochwasser lief es bei uns endlich mal wieder gut. Und dann wird unsere wichtigste Strecke einfach gesperrt, ohne jegliche Kommunikation," so Richter. Auch die Saale-Unstrut Tourismus GmbH und andere Tourismus-Unternehmer kritisieren den mangelhaften Informationsfluss.

Verantwortliche: Amt oder Bahn?

Wer genau die Unternehmer hätte informieren müssen, darüber sind sich die Verantwortlichen unsicher. Auf Nachfrage von MDR THÜRINGEN teilte die Deutsche Bahn mit, dass eine Information der betroffenen Unternehmen durch die Behörden erfolgt sei beziehungsweise hätte erfolgen müssen.

Das Landesverwaltungsamt wiederum teilte mit, dass die Zulassung einer solchen Sperrung grundsätzlich nur dem Antragsteller - in diesem Fall der Deutschen Bahn - direkt übermittelt werde.

Zudem wäre eine Mitteilung an die Tourismus-Unternehmen zum Zeitpunkt der Genehmigung des Antrags, am 4. Juli, viel zu spät gewesen. Die Bahn hätte die Tourismusbetriebe schon viel früher mit ins (Paddel-)Boot holen müssen.

Brücke
Auch zwischen Camburg und Großheringen kreuzen mehrere Brücken die Saale. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Auch Maik Richter sieht die Deutsche Bahn in der Verantwortung. An der aktuellen Situation ändere dies allerdings nichts. Gemeinsam wird nun nach einer Lösung gesucht.

Auf der anderen Seite der Sperrung, in Bad Kösen, wird nach einer Vor-​Ort-Begehung durch die Deutsche Bahn immerhin eine neue Einstiegsstelle für Paddelboote gebaut. Außerdem dürfen zwei Fahrgastschiffe einen Teil der gesperrten Strecke befahren, da dort keine Bauarbeiten stattfinden.

Gemeinsam auf Lösungssuche

Eine Lösung für Tourismus-Unternehmen wie "KanuTours Camburg", die insbesondere von dem gesperrten Streckenabschnitt leben, gibt es noch nicht. Maik Richter hofft trotzdem, dass sie noch gefunden wird. Eine Öffnung am Wochenende, verbunden mit dem Pausieren der Arbeiten an den Brücken zu dieser Zeit, sei für ihn eine Möglichkeit.

Ansonsten hofft er, dass seine Kunden sich mit der kürzeren, aber dennoch schönen Route anfreunden können. Eine märchenhafte Auszeit vom Alltag sei dies trotzdem.

Mehr zu den Brückenarbeiten über der Saale

MDR (nir)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 28. Juli 2024 | 18:40 Uhr

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