"Decaf" Kaffee ohne Koffein: Wie ein Thüringer Start-up den Kaffee neu erfinden will
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25. Februar 2024, 18:00 Uhr
Koffeinfreier Kaffee war früher nur was für Kaffeekränzchen mit Herzkranken oder für Schwangere. Inzwischen heißt er "Decaf". Wie ein Start-up aus Erfurt damit den Kaffeemarkt revolutionieren will und warum ihr Erfolg auch ein Spiegel des Zeitgeistes ist. Ein Blick hinter die Kulissen einer aufstrebenden Kaffeemarke.
Der Online-Shop von No Coffee war ein paar Minuten aktiv, da kam die erste Bestellung rein, erinnert sich Geschäftsführer Andreas Kühn. Er ist für die Vermarktung zuständig. Jemand hatte bei der Erfurter Firma koffeinfreien Kaffee bestellt, die Maschinen wurden angeworfen, aus dem ersten halben Sack Bohnen der erste koffeinfreie Kaffee zum Verschicken hergestellt.
Drei Jahre ist das inzwischen etwa her. Heute hat das Start-up rund 100.000 Kunden, es wird ständig Nachschub produziert, jeden Tag gehen 300 bis 400 Bestellungen raus, deutschlandweit. Es hat sich was getan, freut sich Marcus Intek - der andere Geschäftsführer der jungen Firma, der "Markenbeauftragte", der visuelle Kommunikation studiert hat.
Früher haben wir sackweise produziert, jetzt tonnenweise.
Wie kommt das Koffein aus dem Kaffee raus?
Es gibt verschiedene Methoden, wie Kaffee das Koffein entzogen wird. Die Industrie macht das meist mit Dichlormethan (DCM), erklärt Marcus Intek. Es sei schwer gewesen, jemanden zu finden, der das anders angeht.
Für ihren Bio-Kaffee schwebte den beiden Firmengründern ein Schweizer Verfahren vor: Entkoffeinieren mit Wasser. Es dauert lange, ist aber gesünder, erklären sie. Sie lassen ihre Bohnen nun so in Bremen entkoffeinieren. In Jena werden sie dann geröstet. Die Kunden können zwischen Kaffee mit weniger Koffein oder ohne Koffein wählen.
Klassische Trommelröstung in Jena
Röstmeister Andreas Raab aus Jena hat für die Firmengründer experimentiert, damit der koffeinfreie Kaffee nicht wie koffeinfreier Kaffee schmeckt. Jede Kaffeesorte braucht im Trommelröster eine andere Temperatur und hat eine unterschiedliche Röstdauer.
Die sogenannten Röstprofile sind unterschiedlich - hier sind es ungefähr 20 Minuten bei 200 Grad. Über einen Schlauch werden die Bohnen in den Trommelröster gesaugt, dann bekommen sie Hitze. Wenn die Zeit in der Maschine abgelaufen ist, öffnet sich eine kleine Klappe und die heißen Bohnen rauschen dampfend in einen Behälter, in dem sie abgekühlt werden. Es duftet.
Warum soll der Kaffee ohne Koffein sein?
Später soll man nicht schmecken, dass im Kaffee kein Koffein ist. Man soll es nur merken. Die Kunden bestellen aus unterschiedlichen Gründen: Unverträglichkeiten wie Herzrasen, Viel-Trinker, die Kaffee lieben und ihn auch den ganzen Tag trinken wollen, Schwangerschaft.
Der Kaffeemarkt in Deutschland ist ein Milliardengeschäft. Andreas Kühn zitiert seinen Branchenverband, wonach mit Kaffee allein in Deutschland 20 Milliarden Euro pro Jahr umgesetzt werden. 2021 machte der Anteil von entkoffeiniertem Kaffee 1,5 Prozent aus - inzwischen wird es mehr. Das liegt laut Kühn und Intek am Zeitgeist.
Die Menschen wollen gesünder leben, sind achtsamer - sie trinken weniger Alkohol und wollen ihren Koffeinverbrauch senken.
Das gilt auch für die Gründer selbst. Andreas trinkt etwa fünf Tassen Kaffee am Tag, bei Marcus sind es auch mal acht. Beide mögen den entkoffeinierten Espresso am liebsten. Den verkaufen sie als ganze Bohne, gemahlen, als Pad oder kompostierbare Kapsel und in einer Art Teebeutel - alles online.
Anfragen von Einzelhandel und Gastronomie gibt es bereits. Gerade sind die Thüringer mit verschiedenen Kaffeeständen auf der Berlinale vertreten - zum Beispiel für koffeinfreien Espresso-Martini am Abend.
MDR (ifl)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Morgen | 25. Februar 2024 | 05:00 Uhr
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