Bäckerin 3 min
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Seit 112 Jahren Brötchen für 330 Menschen: Warum die Bäckermeisterin in Kleinreinsdorf nicht expandieren will

05. September 2024, 13:41 Uhr

Seit zwei Jahren ist Emma Ehrhardt Bäckermeisterin in Kleinreinsdorf im Kreis Greiz - und das in fünfter Generation. Den Betrieb hat sie von ihrer Mutter übernommen. Obwohl es läuft, will die junge Bäckerin nicht expandieren.

Kurz vor 6 Uhr steht Kerstin Ehrhardt in der kleinen Backstube. Sie hat alle Hände voll zu tun mit Brot und Brötchen für den Tag. Gleich könnten die ersten Kunden kommen. "Es ist eine schwierige Woche", sagt sie. "Die Hauptstraße durch den Ort ist bis zum Wochenende eigentlich voll gesperrt wegen Bauarbeiten."

Eine Frau bäckt einen Kuchen.
Die Bäckerei in Kleinreinsdorf ist nach vielen Jahren immer noch Anlaufstelle im Dorf. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Über 100 Jahre Bäckerei-Geschichte

Kerstin Ehrhardt ist morgens die Erste in der Backstube. Sie liebt es, allein zwischen Regalen, Zutaten und dem großen Backofen zu pendeln. Bis vor zwei Jahren war sie noch Chefin in der Bäckerei. Zum 110. Geburtstag des Familienbetriebes hat sie mit Tochter Emma die Rollen getauscht und ist seitdem Angestellte.

"An meinem 22. Geburtstag hat sie mir zwei kleine Holzkästchen geschenkt", erzählt die heute 25-jährige Bäckermeisterin. "In einem lag der Schlüssel zur Backstube, in der anderen der Schlüssel zum Hinterausgang." Für den Fall, dass Emma Ehrhardt sich dann doch nicht für die Bäckerei entscheiden würde.

Dabei ist die junge Bäckerin quasi aufgewachsen in der Backstube, wie sie erzählt. Im Tragetuch war sie schon als Baby hier, später kam sie nach dem Jugendtanz hierher, um mit Freunden mitten in der Nacht Muffins zu backen. Sie sei schon immer kreativ gewesen, erzählt sie. Basteln, Nähen und Backen liegen ihr.

Trotzdem war der Weg zur Bäckerin kein selbstverständlicher. "Das hat sich erst so mit der Zeit entwickelt", sagt sie. "Ich habe dann eine Ausbildung in einem anderen Bäckereibetrieb gemacht und bin danach wieder hierher zurückgekommen."

Nachhaltigkeit aus Tradition

Die Bäckerei lebt fast ausschließlich von Stammkunden, die in dem 330-Seelen-Dorf leben. Sie finden in dem kleinen Laden traditionelle Handwerksprodukte oder Zusatzstoffe. Und mit möglichst regionalen Zutaten, wie Emma Erhardt stolz berichtet. Das Mehl komme zum Beispiel aus der Nähe, aber auch saisonale Obstsorten aus den Gärten der Umgebung.

Kurze Wege sind Ehrhardt wichtig. Die Bäckerei habe schon immer nachhaltig gearbeitet, sagt sie. Deshalb sorgen zum Beispiel Solarpaneele auf dem Dach für das Warmwasser in der Backstube. Vor Kurzem gab es für das Engagement der Bäckermeisterin ein Siegel vom Thüringer Nachhaltigkeitsabkommen.

Wir wollen nicht höher und größer hinaus.

Emma Ehrhardt

Die junge Bäckerin hat sich außerdem gegen Verkaufswagen oder weitere Filialen entschieden. Angebote habe es zwar aus verschiedenen Orten gegeben, "wir sind aber schon immer ein Kleinstbetrieb, und wir wollen nicht höher und größer hinaus". Das fünfköpfige Team sei gut aufeinander eingespielt.

Eine Frau steht hinter eine Kuchentheke.
Kerstin Ehrhardt war bis vor zwei Jahren noch Chefin in der Bäckerei. Mittlerweile hat sie mit Tochter Emma die Rollen getauscht und ist nun Angestellte. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Emma Ehrhardt ist froh, ihre Mutter weiter an ihrer Seite zu haben. Vor allem in der Anfangsphase konnte sie so in den Betrieb hineinwachsen und auch betriebswirtschaftliche Erfahrungen sammeln. So backen die Kleinreinsdorfer nicht jeden Tag das gesamte Sortiment. Das sorgt für Abwechslung in der Theke. Außerdem backen sie gemischte Kuchenbleche. Für mehr Auswahl und um zu viele Kuchenreste zu verhindern.

Was soll schon passieren?

Emma Ehrhardt

Nach der Übernahme der Bäckerei hat Ehrhardt 2022 erst einmal groß umgebaut. In der Backstube entfernten sie unter anderem Fliesen der vorherigen Bäckergenerationen von den Wänden. Auch bekam der kleine Laden ein neues Gesicht mit neuer Theke und neuen Auslagen. Jetzt muss die Bäckerei wirtschaftlich stabil bleiben.

Die junge Frau ist optimistisch: "Was soll schon passieren?", sagt sie lachend. "Wenn man etwas mit Liebe und Leidenschaft macht, muss man doch Erfolg haben." Sie ist stolz, dass sie die Familientradition fortsetzen darf.

MDR (dst)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | THÜRINGEN JOURNAL | 04. September 2024 | 19:00 Uhr

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