Blick hinter den Bauzaun "Alles neu" in Altenburg - das Lindenau-Museum in der Verjüngungskur
Hauptinhalt
27. Juli 2023, 05:00 Uhr
Das Banner über dem Haupteingang zum Lindenau-Museum sagt alles: "Alles neu … aber es dauert etwas länger…". In der Tat sind schon über drei Jahre vergangen seit der letzten Ausstellung im Haus, seit dem Start für die Sanierung und Erweiterung des Neorenaissance-Hauses. Aber was passiert hinterm Bauzaun?
Ute Wittstock bittet in einen lichtdurchfluteten Raum in einem Eck des Museumsgebäudes. Die Projektleiterin für die Museumssanierung zeigt auf die hohen, breiten Fenster - und auf ein kleines Detail: Die kleinen Drehgriffe, die in der Fachsprache "Oliven" genannt werden. "Die sind aus Kuhhorn. Aus echtem Horn. Das hat uns der Restaurator bestätigt. Aber sie sind über die Zeit immer wieder mit Farbe überstrichen worden." 165 originale Oliven aus der Bauzeit zwischen 1873 und 1876 gibt es noch. Sie sollen gereinigt und restauriert wieder ihren Platz an den Fenstern finden - wenn die alle erneuert sind.
Durchblick mit Durchblick
Nur vier Millimeter dünn ist das Glas der bauzeitlichen Fenster. Logisch, dass das weder klimatechnisch noch unter Sicherheitsaspekten zeitgemäß ist. Trotzdem sollen die alten Fenster erhalten bleiben, wenn nötig durch Nachbauten ersetzt werden. Denn nach außen sollen die "Augen des Hauses" auch künftig aussehen wie eh und je.
Drinnen aber bekommen die Fensternischen gewissermaßen eine zweite gläserne Haut: Die 3,40 Meter hohen Scheiben sind in Stahlrahmen gefasst, bringen pro Exemplar an die 400 Kilogramm auf die Waage. Sie sind sicherheitstechnisch auf dem neuesten Stand. Sie puffern Wärme und Kälte von außen ab. Und der Rahmen hat oben eine leichte Krümmung.
So etwas bekommt man natürlich nicht von der Stange geliefert, erklärt Bernd Wenzlau vom Landratsamt. Das ist der Bauherr bei der Museumssanierung für die zunächst ein Musterfenster gebaut und getestet worden ist. Wenzlau sagt: "Der Segmentbogen oben, der schmiegt sich ja an das historische Mauerwerk an. Eine Stahlfassung mit so einer Krümmung, die kann in Europa nur in der Schweiz hergestellt werden."
Thüringer Familienbetrieb rettet Originalfenster
Um die Ecke herum wird es laut: In einem der Fensterbögen steht ein Handwerk und stemmt den Putz der Laibung ab. Da wird also wieder eines der originalen Fenster ausgebaut. Und nach Niederroßla in der Nähe von Apolda gebracht. Dort führt Tischlermeister Christian Kalkoff in der vierten Generation einen Familienbetrieb. Mit vier Mitarbeitern und mit reichlich Erfahrung bei der Denkmalerhaltung.
Sein Team hat unter anderem schon für Schloss Friedenstein gearbeitet, auch Fenster für das Torhaus der Wartburg und das Stadtschloss in Weimar restauriert. Für Altenburg werden nach und nach 30 Fenster aus der ersten Museumsetage erneuert. Und 33 für die zweite Etage originalgetreu nachgebaut. Allein der Umfang dieser Arbeiten macht es klar: Es dauert etwas länger.
Stromversorgung und Stabilität fürs Haus
Zwischen Bauzaun und Hausfassade auf der östlichen Parkseite ist inzwischen fertig gestellt, was dringend für die Sanierung jetzt und den Museumsbetrieb später gebraucht wird: Eine Trafostation. Und drinnen ist Lärm zu hören aus dem Keller. Dort wird gerade viel Energie gebraucht, um die Fundamente des Hauses zu festigen. Vereinfacht gesagt: Das alte Gestein bekommt Betoninjektionen.
Lisa Seifert vom Projektteam zeigt jetzt ein Musterfeld im Fußboden eines Ausstellungsraumes. Zu sehen sind die Dielen aus Eiche, die aufgearbeitet und auch zukünftig Stellflächen für Vitrinen sein werden. Aber der Boden soll dann weniger schwingen. Deshalb werden die Balkenlagen unter der Dielung verstärkt und neu gedämmt.
Sandstrahlung legt Fassadenzustand offen
Von außen fällt auf, dass die Seitenflügel des Hauses farblich anders sind als sein Mittelkörper. Denn dort wurde bereits mit Sandstrahlarbeiten alte Farbe abgetragen. Dabei kam auch zum Vorschein, was Ute Wittstock mit mehreren Zeichenblättern vorblättert: Die Zustandsbeschreibung des Außengemäuers. Zu entdecken sind da Risse, einige Fehlstellen, also Sanierungsbedarfe, die zuvor nicht erkennbar waren. Und so ist es am Lindenau-Museum genauso, wie es der private Hausbesitzer kennt: Einmal mit den Arbeiten begonnen, kommen meist noch weitere Dinge dazu.
Trotzdem wird derzeit festgehalten am Plan, das Haus 2027 wieder zu eröffnen. Für Sanierung und Umbau stellen Bund und Land jeweils 24 Millionen Euro zur Verfügung. Klingt viel, ist aber keineswegs reichlich für die Menge der notwendigen Arbeiten.
MDR (jn)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 25. Juli 2023 | 19:00 Uhr
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/75657b87-176f-4fe0-9f96-9281f8602029 was not found on this server.