Schiller-Museum Weimar: Goethe und Caspar David Friedrich sorgen für Besucherrekord
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03. Dezember 2024, 16:29 Uhr
Die Werke von Caspar David Friedrich und anderen Zeitgenossen der Romantik locken tausende Menschen nach Weimar. Laut Klassik Stiftung verzeichnete die Sonderausstellung im Schiller-Museum bereits in der ersten Woche gut 3.000 Besucherinnen und Besucher. Das habe sogar die eigenen Erwartungen übertroffen, wie Museumsdirektorin Annette Ludwig mitteilte. Im Zentrum der Ausstellung steht insbesondere Goethes Beziehung zu Caspar David Friedrich. Sie ist die vierte und letzte große Schau zum 250. Geburtstag des Malers.
- Die letzte Schau im großen Ausstellungsreigen zum Friedrich-Jubiläum verzeichnet nach der ersten Woche über 3.000 Besucherinnen und Besucher.
- Die Weimarer Ausstellung beleuchtet die Beziehung zwischen Johann Wolfgang von Goethe und Caspar David Friedrich.
- Zum ersten Mal hat die Klassik Stiftung ihre Bestände zur Caspar David Friedrich aufgearbeitet – und bemerkenswerte Entdeckungen gemacht.
Goethes Grün, von dem der Geheimrat in seiner Farbenlehre sagte, dass man angesichts dessen "nicht weiter will – und kann", empfängt einen wohlig in den vielen kleinen Ausstellungsräumen des Schiller-Museums. Zu Beginn bezeugen zwei stattliche Gemälde von Caspar David Friedrich und Johann Wolfgang von Goethe, worum es hier geht: die Beziehung dieser beiden Denkmale deutscher Kunst.
Goethes Bedeutung für die Romantik
Das Gemälde "Bergkette mit Mond" von Friedrich und Goethes "Dampfende Täler bei Ilmenau" sowie ein Begleitheft zur Ausstellung, in dem sich noch mal Goethes Gedicht "An den Mond" von 1777/78 nachlesen lässt, machen im Fortgang der Ausstellung deutlich, wie beide Künstler der Romantik verbunden waren. "Das ist auch eine Rolle, die wir Goethe hier in der Ausstellung geben wollen: als ein Anreger der Romantik", erklärt Christoph Orth, Kurator der Graphischen Sammlungen in Weimar.
Füllest wieder 's liebe Tal
Still mit Nebelglanz,
Lösest endlich auch einmal
Meine Seele ganz.
Ausstellung zeigt Begeisterung für Schiller und Goethe
Goethe schätzte von Anfang an den 25 Jahre jüngeren Maler und überzeugte Herzog Karl August, Gemälde und Grafiken von ihm zu kaufen. Neben Caspar David Friedrichs ersten Werken in der Weimarer Sammlung – er gewann auf ausdrücklichen Wunsch Goethes einen Zeichenwettbewerb – zeigt die Schau auch Friedrichs Erkenntlichkeit: Er widmete etliche seiner Illustrationen Schillers Werken wie "Die Räuber" oder "Piccolomini" oder auch "Schäfers Klagelied" von Goethe.
Augenfällig ist hier die Kopie zu dem Bild "Rügenlandschaft mit Regenbogen": Man sieht einen Schäfer samt weidender Herde, darüber besagten Bogen. Das ursprüngliche Bild gilt als verschollen, nachdem es 1945 von amerikanischen Soldaten aus seinem Einlagerungsort auf Schloss Schwarzburg im Thüringer Wald entwendet wurde. In der Weimarer Ausstellung erhält die Kopie einen Ehrenplatz.
Diese Akkuratheit, die Genauigkeit in den Naturdarstellungen – das ist das, was Goethe an Friedrich schätzte.
Neue Zeichnung von Caspar David Friedrich
Der kleine, feine Friedrich-Bestand in Weimar wurde für die Schau erstmals aufgearbeitet, wobei sich etliche Entdeckungen machen ließen. Bemerkenswert ist sicherlich ein bis dato unbekanntes Werk von Friedrich: eine zarte Bleistiftzeichnung mit dem Titel "Wiesenblumenstück" vom 1. Januar 1807. "Wir stehen vor einer Neuentdeckung einer bisher unbekannten Zeichnung Caspar David Friedrichs aus Goethes Sammlung", erklärt Kurator Christoph Orth. "Das beweist nochmal das spezifische Interesse von Goethe an Friedrich – nämlich diese Akkuratheit, die Genauigkeit in den Naturdarstellungen."
In dem Bild "Huttens Grab" wurden dank neuer Technik Inschriften deutscher Befreiungskrieger wie Stein oder Jahn entdeckt. Friedrich galt als glühender Patriot, der mit dem Pinsel gegen Napoleon malte, was die Weimarer Schau einmal mehr betont. Auch Caspar David Friedrich zugeschriebene Bilder haben die Experten enttarnt und erzählen in der Ausstellung die Geschichte um Weimars Gauleiter Fritz Sauckel in der NS-Zeit, der dem so genannten "Führer" Friedrich-Werke zum Geburtstag schenken wollte.
Die Ausstellung nutzt die Gelegenheit, sich vor heutigen politischen Vereinnahmungen zu verwahren. "Vor allem Caspar David Friedrich wurde instrumentalisiert", betont Annette Ludwig, Direktorin der Museen der Klassik Stiftung Weimar. "Man hat in ihm das sogenannte deutsche Wesen erkannt, diese Innerlichkeit, die Beschäftigung mit philosophischen Strömungen, das Nachdenkliche. Wir können das in diesem Teil der Ausstellung, wo es auch im Provenienzforschung geht, entkleiden."
Der Bruch zwischen Goethe und Friedrich
Natürlich geht die Ausstellung auch der Geschichte um den Bruch zwischen Friedrich und Goethe nach. Ersterer lehnte es ab, für den Geheimrat Wolkenstudien zu zeichnen. Das brachte diesen dazu, seine Wolken selbst zu zeichnen – wie die Schau zeigt. Publikumswirksam befand er Friedrichs Malerei nach der Auseinandersetzung auf einmal als "zu düster".
Annette Ludwig dementiert dies nicht. Sie betont aber, dass es zumindest keinen "eklatanten Streit gab, sondern eher eine abgekühlte Beziehung." – Was Friedrich-Fans aus heutiger Perspektive leider nur wenig tröstet! Die Interventionen bescherte dem Maler eine echte Schaffenskrise: Nicht zuletzt dank Goethes verbaler Attacken geriet Fredrich als heutiger Klassiker der deutschen Romantik zu Lebzeiten ins Abseits der Kunstwelt. Das betont diese Ausstellung, im Herz der Goethe-Verehrung, naturgegeben nicht. Verschiedensten Thesen und Entdeckungen um Friedrich und Goethe, und ihr Ringen um die Romantik, spürt die Schau – auch auf verschlungenen Pfaden – nach. Zudem schmückt sie sich mit Werken weiterer romantischer Maler und Malerinnen wie Carus, Runge oder aber der malenden Goethe-Vertrauten Luise Seidler.
Informationen zur Ausstellung
"Caspar David Friedrich – Goethe und die Romantik in Weimar"
Sonderausstellung vom 22. November 2024 bis 2. März 2025
Adresse:
Schiller-Museum
Schillerstraße 12
99423 Weimar
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, von 9:30 bis 18 Uhr
Montags geschlossen
Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen:
"Caspar David Friedrich, Goethe und die Romantik in Weimar"
erschienen im Hatje Cantz Verlag
224 Seiten, Klappenbroschur
Preis: 40 Euro
ISBN: 978-3-7757-5789-8
Redaktionelle Bearbeitung: tsa
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 22. November 2024 | 08:40 Uhr