Besuch auf dem Gelände der FFW Sömmerda - Besucher im Fahrerhaus eines Löschzuges
Die Arbeit bei der Freiwilligen Feuerwehr Sömmerda ist kein Hobby wie jedes andere. Bildrechte: MDR / Grit Hasselmann

Sömmerda Wenn die Felder brennen - Ein Leben für die freiwillige Feuerwehr

03. August 2022, 07:55 Uhr

Egal ob Felder brennen oder Menschen gerettet werden müssen - die Arbeit bei der Freiwilligen Feuerwehr ist anstrengend, zeitintensiv und erfordert Leidenschaft. Susanne Mund, Diana und Maik Nimz, Cindy Paternoga und Stadtbrandmeister Stefan Schönfeld aus Sömmerda haben uns erzählt, warum ihnen die Arbeit solchen Spaß macht - und wo die Tücken ihres Ehrenamtes lauern.

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Susanne Mund ist seit über 20 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr. Als sie mit 14 Zeugin eines Einsatzes wurde, wollte sie das unbedingt auch machen und hat sich mit einer Freundin bei der Jugendfeuerwehr Sömmerda angemeldet.

Inzwischen kann sie sich ihr Leben ohne diese Aufgabe gar nicht mehr vorstellen. Und das, obwohl sie zwei Kinder hat und alleinstehend ist. Den Lebensunterhalt bestreitet sie mit zwei Jobs, denn im Landkreis Sömmerda gibt es keine Berufsfeuerwehr.

Wann der Piepser losgeht, weiß sie vorher nie. Ob beim Einkaufen, beim Abendessen oder bei den Hausaufgaben - wenn es Alarm gibt, muss Mama los: "Die Kinder kennen das ja schon von klein auf. Das funktioniert ganz gut dank Oma und Opa."

Einsatzbereit Tag und Nacht

Und auch ihre Kameraden kennen Momente, in denen der Alarm nicht ganz so gelegen kommt. Maik Nimz kann sich noch gut an eine solche Situation erinnern: "Da war die Friseurin bei uns und hatte mir gerade Haarfarbe aufgetragen. Und ich musste zum Einsatz. Vor Ort habe ich mir die Farbe dann noch schnell abgewaschen, sonst hätte ich hinterher wahrscheinlich keine Haare mehr gehabt."

Die Aufgaben der Freiwilligen Feuerwehr sind sehr unterschiedlich: Mal ist es ein Feld- oder Wohnungsbrand, mal eine Tragehilfe für den Rettungsdienst, Verkehrsunfälle und Wasserschäden sind dabei, mal muss nur eine Tür geöffnet werden oder ein Vogel aus dem Fallrohr befreit.

Die ersten Informationen bekommen die Frauen und Männer mittlerweile per App. "Das hat den Vorteil, dass man sich seelisch und moralisch schon mal ein bisschen darauf einstellen kann", sagt Susanne Mund.

Schwierig wird es, wenn der Alarm während der Arbeitszeit kommt. Nicht jeder Arbeitgeber lässt die Feuerwehrleute gehen und nicht immer lässt sich das einrichten, weiß Susanne Mund: "Ich arbeite ja beim Rettungsdienst, da kann ich dann natürlich nicht einfach den Rettungswagen stehen lassen und zur Feuerwehr fahren."

Die Einsätze kommen irgendwie meist, wenn es nicht passt.

Stefan Schönfeld

Stadtbrandmeister Stefan Schönfeld fasst das so zusammen: "Grundsätzlich kommen die Einsätze eigentlich nie, wenn man Zeit hat. Wenn man kein Kind zu Hause hat, wenn man nicht arbeitet, dann geht kein Alarm. Die Einsätze kommen irgendwie meist, wenn es nicht passt. Aber damit muss man halt umgehen. Anders funktioniert die Freiwillige Feuerwehr nicht."

Auch die Frau von Maik Nimz, Diana, ist aktiv bei der Feuerwehr in Sömmerda. Das vereinfacht vieles, man kann sich nach den Einsätzen austauschen, der Partner hat Verständnis für das zeitaufwändige Hobby.

Aber es hat auch Nachteile, erzählt sie: "Früher, als die Kinder noch klein waren, hab ich meist den Kürzeren gezogen und Maik war schneller weg als ich. Inzwischen können wir auch mal zusammen fahren."

Freundeskreis sehr "blaulichtlastig"

Um das Verständnis im Freundeskreis muss sich hier niemand Sorgen machen. Nach so vielen Jahren bei der Feuerwehr und dem Berufsleben im Rettungsdienst gibt es eigentlich keine Freunde, die nichts damit zu tun haben, erzählt Diana Nimz.

Ihr Mann ergänzt: "Das ist schon alles sehr blaulichtlastig bei uns. Wir haben mal gegrillt und als der Alarm kam, stand da nur noch eine Frau da, die nicht bei der Feuerwehr war und der Rest war weg."

Unterschiede zwischen den Einsätzen machen sie alle nicht. "Jeder Brand ist anders, jeder Einsatz ist auf seine Weise spannend", sagt Diana Nimz. Schwierig wird es natürlich, wenn es Tote gibt, aber auch damit können die erfahrenen Feuerwehrleute inzwischen umgehen.

Jeder Brand ist anders, jeder Einsatz ist auf seine Weise spannend.

Diana Nimz

Außerdem, so Stefan Schönfeld, gibt es auch Hilfe in solchen Fällen: "Beim Landkreis gibt es Notfallbegleiter, die sind ausgebildet, um die Opfer und deren Angehörige zu betreuen, sind aber auch für die Einsatzkräfte da."

Und dann setzen sich alle nach den Einsätzen nochmal zusammen, um alles zu besprechen. Und wenn sie das Gefühl haben, dass es jemandem nicht gut geht, kümmert man sich um ihn. In ihre Familie nimmt Susanne Mund die schwierigen Erlebnisse aber nicht mit, das würde die Kinder überfordern.

Nachwuchs wichtig für die Feuerwehr

Susanne Mund betreut die Jugendfeuerwehr hier in Sömmerda. Da gibt es auch immer viel Interesse. Schwierig wird es nur, wenn die jungen Leute zur Lehre oder zum Studium wegziehen. Die wenigsten kommen dann zurück.

Zum Aufklicken: Das ist die Freiwillige Feuerwehr im Landkreis Sömmerda 

  • betreute Fläche: 80.684 Hektar
  • Einwohner: 70.476
  • Feuerwehren: 74 Freiwillige Feuerwehren
  • FFW-Mitglieder:1.520 davon 203 Frauen
  • Jugendfeuerwehr: 597 davon 198 Mädchen
  • Feuerwehrvereine: 45

Der Stadtbrandmeister schätzt, dass einer von zehn später auch noch dabei ist. "Quereinsteiger kommen eher selten. Man muss schon ein bisschen infiziert sein mit dem Feuerwehr-Virus, sonst ist es schwierig, neue Leute zu finden."

Die Zusammenarbeit mit der Stadt klappe hervorragend, sagt Schönfeld. Offenbar weiß man es im Rathaus zu schätzen, dass die Stadt und der Landkreis ausschließlich ehrenamtlich beschützt werden, denn eine Berufsfeuerwehr gibt es nicht.

100 Prozent aller Einsätze würden von der Freiwilligen Feuerwehr bestritten, sagt er. "Aber egal, ob es um Schutzkleidung geht oder Ausstattung - wir können uns da echt nicht beschweren. Da gibt es Gemeinden, wo das viel schlechter aussieht."

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Die Arbeit bei der Freiwilligen Feuerwehr wurde ihnen in die Wiege gelegt: Susi Mund, Diana und Maik Nimz erzählen gemeinsam mit Stefan Schönfeld, wo die Tücken und Herausforderungen dieses besonderen Hobbys liegen.

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Corona als große Belastung

Die Pandemie mit all ihren Einschränkungen hat auch der Feuerwehr sehr zugesetzt. "Alles, was außerhalb der Einsätze passiert, ging ja nicht. Aber gerade das Gesellige ist total wichtig, auch für die Kameradschaft. Das müssen wir jetzt unbedingt wieder hochfahren", sagt der Stadtbrandmeister.

Anerkennung sieht wirklich anders aus.

Stefan Schönfeld

Und er hat sich auch richtig über die Politik geärgert: "Wir mussten ja trotz Corona weiter Einsätze fahren. Aber zur Ausbildung durften wir uns nicht treffen. Und dass die Freiwillige Feuerwehr bei der Impf-Priorisierung komplett vergessen wurde, war wie ein Schlag ins Gesicht. Anerkennung sieht wirklich anders aus."

Durchschnittlich rückt die Feuerwehr Sömmerda einmal pro Tag aus. Aber das heißt auch, dass es an manchen Tagen zwei bis drei Einsätze sein können. Oder dass ein Einsatz viele Stunden dauert, wie kürzlich beim Feldbrand in Kindelbrück.

Und das ist auch körperlich anstrengend. Susanne Mund schätzt, einen Feuerwehrschlauch unter Druck festzuhalten, erfordert ungefähr so viel Kraft, wie das Sofa durchs Wohnzimmer zu schieben.

Kameradschaft wird groß geschrieben

Wichtig ist ihnen, dass hier alle am gleichen Strang ziehen. Gerade jetzt im Sommer: Die Brandgefahr ist hoch, man will aber auch mal in den Urlaub fahren. "Da spricht man sich unkompliziert ab, dass die ganzen Ferien abgedeckt sind", sagt Susanne Mund.

Und niemand bleibt einfach zu Hause, wenn es zum Einsatz geht. "Jeder, der verfügbar ist, kommt dann auch. Egal, ob es 40 Grad sind und einem unter dem Anzug der Schweiß läuft oder Weihnachten gerade Bescherung ist."

Wenn man sich dafür entscheidet, das zu machen, dann mit Leib und Seele.

Maik Nimz

Und Maik Nimz ergänzt: "Das ist halt einfach Feuerwehr. Wenn man sich dafür entscheidet, das zu machen, dann mit Leib und Seele. Da wächst man zusammen. Das ist wie eine zweite Familie."

Aus der Geschichte der Feuerwehr 

Die Bekämpfung der Gefahren, die durch Brände entstehen, wurde schon in der Römerzeit als notwendig gesehen. Erst die Erkenntnis, dass der Bürger sich nicht alleine nur auf die Obrigkeit beruhen und verlassen, sondern vielmehr sein Schicksal selbst in die Hand nehmen sollte, trug maßgeblich zur Gründung von Freiwilligen Feuerwehren bei. In Deutschland sind viele Feuerwehren in der Zeit der Bürgerlichen Revolution um das Jahr 1848 entstanden.

Im Mittelalter gehörte aber bereits zu vielen Gemeindeverfassungen die Verpflichtung der Einwohner, sich am Brandschutz zu beteiligen. Für Feuermeldungen waren zunächst Türmer und Nachtwächter zuständig.

Die feuerwehrtechnische Ausrüstung bestand in der vorindustriellen Zeit aus einfachen Hilfsmitteln wie Eimern, Leitern oder Einreißhaken. Im 16. Jahrhundert wurde der Schlauch erfunden, der zuerst aus genähtem Leder angefertigt wurde; später wurde das Leder vernietet. Darüber hinaus wurden manche Feuerwehrmänner seit dem späten 17. Jahrhundert mit alten Militärhelmen ausgerüstet.

Es gibt mehrere Feuerwehren in Deutschland, die für sich beanspruchen, Deutschlands "älteste Freiwillige Feuerwehr" zu sein. In Mitteldeutschland jedenfalls wurde als erste die Freiwilligen Feuerwehr Meißen gegründet, am 17. Juli 1841. Und zwar ausdrücklich auf der Grundlage der Freiwilligkeit als "freiwillige Lösch- und Rettungsgesellschaft".

MDR (gh)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 22. Juli 2022 | 10:00 Uhr

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