
Magische Orte Ein Friedhof als Buga-Außenstandort - der Camposanto in Buttstädt
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10. März 2021, 18:54 Uhr
Der Friedhof wurde 1591 nach dem Vorbild der italienischen Camposanti angelegt und bis 1861 benutzt. Mit dem Camposanto entstand damals eine weltliche Form der Bestattung. Der Vorgängerfriedhof, der sich auch an dieser Stelle befand, gehörte zur wendischen Kirche St. Johannis, er befand sich noch außerhalb der Stadtgrenzen.
Draußen vor dem Friedhofstor herrscht Baulärm. Ein Bagger fährt umher, die Straße wird hergerichtet - bis zum 23. April soll der Platz vor dem alten Friedhof ordentlich aussehen. Sobald man aber den Friedhof betritt und das Tor hinter sich schließt, verschwindet der Lärm der Baustelle, es öffnet sich eine neue Welt.
Magischer Garten der Erinnerung
Friedlich stehen die Gräber aus Sandstein auf der Wiese, manche schräg in der Erde, an den meisten nagt sichtbar der Zahn der Zeit. Doch zugleich entsteht das Gefühl, hier sei die Zeit stehengeblieben. Vom Eingangstor aus gehen überdachte Akardengänge in zwei Richtungen, getragen von antik aussehenden Säulen. Entlang der Wände hängen reich und kunstvoll verzierte Grabplatten, die ältesten stammen aus dem 16. Jahrhundert. Diese Grabhallen sind typisch für den Camposanto-Stil. Am bekanntesten ist der neben dem Dom in Pisa gelegene "Camposanto Monumentale".
Verein kümmert sich seit Jahren unermüdlich
Erich Reiche ist sichtlich stolz auf dieses Stück Historie in Buttstädt. Er ist Vorsitzender des Fördervereins "Alter Buttstädter Friedhof e.V." und kümmert sich zusammen mit dem Verein seit vielen Jahren darum, dass der Friedhof und seine Geschichte erhalten bleiben: "Die Grabsteine, die wir hier auf dem Friedhof vorfinden, sind aus verschiedenen Epochen. Wir haben wenige Grabsteine aus der Rennaissance, die meisten, die wir haben, sind aus dem Barock, Rokoko und Klassizismus." Im Jahr 1861 hat hier die letzte Beerdigung stattgefunden, der Friedhof muss zu der Zeit übervoll gewesen sein, so Reiche.
Wenn man die Steine betrachtet, sieht man Sachen, wo man sich fragt, ob dass ein Steinmetz machen konnte oder ob man dazu schon einen Bildhauer brauchte.
Erich Reiche weiß auch, warum so ein prachtvoller Friedhof in Buttstädt entstanden ist. Denn der kleine Ort war im Mittelalter ziemlich reich. Grund waren die Vieh-Märkte im 14. und 15. Jahrundert. Buttstädt war damals das Drehkreuz des Viehandels in Europa. Dadurch sei relativ viel Geld in der Stadt geblieben, was die Buttstädter in der Erweiterung ihrer Kirche und im Bau des Friedhofes zeigen wollten. "An den Grabsteinen sieht man, dass die Bürger in Buttstädt nicht die Ärmsten gewesen sind. Wenn man die Steine betrachtet, sieht man Sachen, wo man sich fragt, ob dass ein Steinmetz machen konnte oder ob man dazu schon einen Bildhauer brauchte."
Grabsteine erzählen Geschichten
Aus manchen Grabsteinen lassen sich Geschichten der Verstorbenen interpretieren. So gibt es eine Grabsäule mit drei Seiten, auf denen je ein Bild zu sehen ist: Ein barock gekleideter Mann mit einer Goldkugel in der Hand - dieser soll laut Erich Reiche in Amerika nach Gold gesucht haben. Auf der zweiten Seite sitzt der Mann in gebückter Haltung - es wirkt niedergeschlagen - vielleicht aus Heimweh? Auf dem dritten Bild ist er auf einem Schiff unterwegs - womöglich zurück in die Heimat nach Buttstädt - und hat wieder eine Goldkugel bei sich.
Es sind diese Details, mit denen der historische Friedhof zu einer geheimnisvollen Entdeckungsreise einlädt. Dabei bleibt vieles offen und bietet Spielraum für Interpretation.
Viele Pläne für die nächsten Wochen
Der Friedhof sei zu jeder Jahreszeit aufregend, meint Julia Deubler, Öffentlichkeitsbeauftragte der Gemeinde Buttstädt. Für die Präsentation als Außenstandort der Buga ist sie mitveranwortlich.
Neben Führungen und einem Audio-Guide werden Info-Tafeln über den Friedhof informieren. An den Gräbern innerhalb der Arkaden sind außerdem Schilder mit den Grab-Inschriften angebracht, die sonst schwer zu erkennen wären. Außerdem sind verschiedene Veranstaltungen geplant: Theater, Stummfilm-Kino, eine Märchenlesung für Kinder oder "Musik bei Fackelschein" - dabei soll es abends, wenn es dunkel ist, auf dem Friedhof Sitzmöglichkeiten geben, die mit Fackeln umrahmt werden. Dazu kann der Besucher dann live gespielte, klassische Musik erleben. Alles unter dem Vorwand, wenn Corona es zulässt, so Deubler.
Doch auch ohne Veranstaltungen und Musik hält sie den Camposanto für einen besonderen Ort: "Die Geschichte an sich ist ja das Eine, aber dann ist da auch dieses Gefühl - es wirkt wie eine ganz eigene Welt. Und sobald das Tor zu ist, hat man auch das Gefühl, es ist noch abgeschotteter, eine Ruhe für sich. Das Vogelgezwitscher bei schönem Wetter, gerade jetzt mit dem Sonnenschein und dieser Lichteinfall - das hat einfach ganz viel Charme."
Quelle: MDR THÜRINGEN
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 10. März 2021 | 18:30 Uhr