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Mitglieder der "Neuen Stärke Partei" demonstrieren im Mai 2021 in Erfurt. Bildrechte: MDR/Alexander Reißland

Bundesanwaltschaft Rechtsextreme "Neue Stärke Partei" aus Erfurt im Visier der Behörden

08. Januar 2023, 06:00 Uhr

Die rechtsextreme "Neue Stärke Partei" aus Erfurt beschäftigt den Generalbundesanwalt. Seit der Gründung der NSP im Mai 2020 hat die Bundesanwaltschaft bereits zwei Prüfvorgänge gegen mögliche Parteiangehörige eingeleitet - darunter wegen des Verdachts der Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat. Parallel zu den Strukturen der NSP wurde zudem ein Tarnverein gegründet.

Gleich zwei Prüfverfahren der Bundesanwaltschaft richten sich mittlerweile gegen die rechtsextreme Kleinstpartei "Neue Stärke Partei" (NSP) aus Erfurt. Kurz nach ihrer Gründung leitete der Generalbundesanwalt das erste Verfahren in Thüringen ein, im Oktober 2022 das zweite in Baden-Württemberg: Mitglieder der NSP sollen sich Waffen besorgt haben und eine staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet haben - so die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Mehr Details sind nicht bekannt.

Aber auch im "Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum zur Bekämpfung des Rechtsextremismus/-terrorismus" sind seit Mai 2021 insgesamt 18 Sachverhalte mit Bezügen zur sogenannten Neue Stärke Partei behandelt worden. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Martina Renner hervor. Die Partei möge winzig erscheinen, spiele aber eine Rolle als militanter Teil einer rechten Allianz aus Demokratie-Feinden - warnt Renner auf MDR-Anfrage.

NSP als Sammelbecken für gewalttätige Neonazis

Die rechtsextreme Partei ging 2020 aus dem sogenannten Volksgemeinschaft e.V. hervor, der - so das Amt für Verfassungsschutz Thüringen - eine neonationalsozialistische Programmatik vertritt. Derzeit müssen sich Mitglieder der NSP vor dem Landgericht Erfurt wegen eines Überfalls auf drei Migranten verantworten.

Zuletzt machte die rechtsextreme Partei vor allem mit internen Streitigkeiten von sich reden. In deren Verlauf trat der Gründungsvorstand auf einem Bundesparteitag in Erfurt im November 2022 zurück. Nach Angaben der Bundesregierung hat die NSP circa 100 Mitglieder, darunter auch ehemalige Soldaten und Reservisten der Bundeswehr. Sie sind in sechs "Abteilungen" in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz organisiert.

Ehemalige NSP-Mitglieder haben Tarnverein gegründet

Nach MDR-Recherchen haben ehemalige NSP-Mitglieder bereits Ende Oktober 2020 in Erfurt eine Parallelstruktur zur Partei errichtet. Der Name des Vereins ist völlig unverdächtig: Zukunft Demokratisches Forum. Die sieben Gründungsmitglieder gaben dem einen harmlosen Zweck: "die soziale, sportliche und familiäre Förderung der Bürger und Bürgerinnen in Deutschland".

Der Ort der Gründung lässt hellhörig werden: die Stielerstraße 1 in Erfurt. Dort saß bis vor Kurzem die "Volksgemeinschaft", dann die "Neue Stärke Erfurt". Dort gab es Kampfsport-Trainings, von dort gingen immer wieder Provokationen und Gewalttaten aus.

Auch der frisch gewählte Vorstand lässt keinen Zweifel, in welchem politischen Milieu der eingetragene Verein anzusiedeln ist: Jahrelang bekannte Neonazis und Kader der "Neuen Stärke" teilen sich die Vereinsposten. Seit Februar 2021 ist der Verein ordentlich im Vereinsregister unter der Nummer 163120 am Amtsgericht Erfurt eingetragen: ganz unverdächtig und gemeinnützig.

Neonazi-Szene in Erfurt gründete mehrfach Tarnvereine

Zur Strategie der Neonazi-Szene in und um Erfurt habe neben der Unterwanderung immer auch gehört, diverse Tarnvereine zu gründen, um unter vermeintlich harmlosen Namen zu agieren, sagt Martina Renner, Thüringer Bundestagsabgeordnete der Linkspartei. "Erinnert sei nur an die von dem Neonazi und V-Mann des Verfassungsschutzes, Kai-Uwe Trinkaus, initiierten Vereine in Erfurt Mitte der 2000er-Jahre, in denen Neonazis beispielsweise den bewaffneten Kampf gegen politische Gegner trainierten."

Ein Mann sitzt vor einer gelbgestrichenen Wand. Er trägt einen grauen Anzug, eine schwarze Brille und hat kurzes, strubbeliges Haar sowie einen Oberlippen- und einen Kinnbart.
Der Neonazi Kai Uwe Trinkhaus hatte unter dem Decknamen "Ares" jahrelang Informationen aus der rechten Szene und der NPD an den Verfassungsschutz geliefert. (Archivbild) Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

NSP-Akteure in Milieu gut vernetzt

Die Akteure der NSP sind auch bei der Polizei und dem Verfassungsschutz keine Unbekannten - seit Jahrzehnten tauchen gerade die Chefs mal in Freien Kameradschaften, mal in der NPD oder mal im Dritten Weg auf. Noch dazu pflegen sie gute Kontakte in die Kampfsport-Szene und ins Milieu der gewaltbereiten Fußballfans. In den Verfassungsschutzberichten sind sie regelmäßig genannt. Und: Der Geheimdienst hat es auch nicht weit. Erst MDR-Recherchen machten im April 2022 öffentlich, dass die "Neue Stärke Partei" ihre Bundesgeschäftsstelle quasi gegenüber des Amts für Verfassungsschutz im Süden von Erfurt eingerichtet hatte.

Der Vermieter, ein Unternehmer in Südthüringen, gab sich ahnungslos - doch trotz aller seiner Beteuerungen, die Neonazis vor die Tür zu setzen: Die NSP sitzt noch immer mit ihrer Bundesgeschäftsstelle in dem Plattenbau.

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MDR (ls)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 08. Januar 2023 | 08:00 Uhr

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