Schwerverletzter war in kritischem Zustand Mutmaßliche Täter nach fremdenfeindlichem Angriff in Erfurt freigelassen

02. August 2020, 15:15 Uhr

Nach einem fremdenfeindlichem Angriff in Erfurt auf drei Männer aus Guinea sind alle mutmaßlichen Täter wieder auf freiem Fuß. Eines der Opfer war schwerverletzt worden und befand sich zeitweise in kritischem Zustand. Der Angriff ereignete sich vor einem Treff der rechten Szene im Erfurter Südosten. Innenminister Georg Maier (SPD) reagierte mit drastischen Worten auf die Freilassung der mutmaßlichen Täter.

Nach einem fremdenfeindlichen Angriff auf drei Männer aus Guinea in Erfurt sind alle zwölf mutmaßlichen Täter am Samstagabend wieder freigelassen worden. Wie die Staatsanwaltschaft Erfurt mitteilte, lägen keine Haftgründe mehr gegen sie vor.

Innenminister Maier reagiert mit drasitschen Worten

Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) reagierte mit drastischen Worten auf die Freilassung der mutmaßlichen Täter. Maier schrieb auf der Internetplattform Twitter, die Nazi-Schläger von Erfurt liefen alle wieder frei herum. Er wisse, dass es ihm nicht zustehe, die Justiz zu kritisieren. Für die Opfer und die Menschen am Herrenberg - wo der Übergriff passierte - sei das aber eine Katastrophe.

Schwerverletzter war zeitweise in kritischem Zustand

In der Nacht zum Samstag hatten im Erfurter Südosten zehn bis zwölf Personen die drei Männer zunächst verbal angegangen und schließlich auch gewaltsam attackiert. Dabei war ein Mann schwer und ein anderer leicht verletzt worden. Der Gesundheitszustand des Schwerverletzten sei zeitweise kritisch gewesen, erklärte die Polizei.

Gegen 3 Uhr waren die drei Männer aus Guinea vor einem "polizeibekannten Objekt der rechten Szene im Erfurter Süden" vorbeigelaufen. Die Polizei geht nach ersten Ermittlungen von einem fremdenfeindlichen Motiv aus. Alle mutmaßlichen Täter haben die deutsche Staatsangehörigkeit. Ob bei dem Angriff Waffen oder andere Gegenstände eingesetzt wurden, blieb zunächst offen.

Polizei sucht Tatzeugen

Laut Polizei sind auch das Landeskriminalamt Thüringen und die Staatsanwaltschaft Erfurt in die Ermittlungen eingebunden. Der genaue Tathergang müsse noch geklärt werden, daher suchen die Beamten dringend Zeugen des Übergriffs. In Thüringer Sicherheitskreisen wird davon ausgegangen, dass sich in dem Szenetreff, vor dem der Angriff erfolgte, regelmäßig auch Mitglieder oder Sympatisanten der rechtsextremistischen Kleinstpartei Dritter Weg aufhalten. Die Polizei äußerte sich dazu nicht.

König-Preuss fordert Verbot des Dritten Weges

Der Erfurter Sicherheitsbeigeordnete Andreas Horn (CDU) verurteilte den Angriff als abscheulich. Die Tat müsse mit aller Härte des Gesetzes bestraft werden. Fremdenhass und Rassismus würden in der Landeshauptstadt nicht geduldet. "Erfurt ist und bleibt weltoffen", sagte Horn.

Die Thüringer Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (Linke) sprach von einer vermehrten Aktivität von Neonazis. Es sei bereits der zweite massive Neonazi-Übergriff in Erfurt innerhalb weniger Wochen, erklärte sie. Der Dritte Weg bietet nach ihren Angaben Kampfsporttraining für militante Neonazis sowie für Kinder und Jugendliche an. "Das Ziel ist, wie sich heute Nacht erneut zeigte, Menschen zu verletzen und eine Atmosphäre der Angst zu schaffen", sagte König-Preuss, die Sprecherin für Antifaschismus und Antirassismus der Linksfraktion ist. Es sei an der Zeit, dem Einhalt zu gebieten. Ein Verbotsverfahren gegen den Dritten Weg sei überfällig. König-Preuss forderte zudem, die Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt "Ezra" personell besser auszustatten.

Katharina König-Preuss
Die Linke-Abgeordnete Katharina König-Preuss warnte vor einem Anstieg von Neonazi-Übergriffen in der jüngsten Zeit. (Archivfoto) Bildrechte: imago images/Jacob Schröter

Demo gegen Rechtsextremismus in Erfurt

Gegen Rechtsextremismus und Übergriffe der rechten Szene haben am Samstag mehrere Hundert Menschen in Erfurt demonstriert. Die Polizei sprach von etwa 400 Teilnehmern der Aktion - mit Stationen unter anderem vor der Staatskanzlei und dem Landtag. Die Demonstration durch die Innenstadt, zu der eine Initiative aufgerufen hatte, stand unter dem Motto "Den antifaschistischen Selbstschutz organisieren". Auf Transparenten hieß es unter anderem "Dem Rechtsruck entgegentreten". Nach Polizeiangaben gab es keine Zwischenfälle.

Hintergrund der Aktion ist ein Vorfall am vorletzten Juli-Wochenende auf einer Grünfläche vor der Staatskanzlei, bei der eine Gruppe Jugendlicher angegriffen und verletzt wurde. Einige der Angreifer haben nach Angaben der Ermittlungsbehörden einen rechtsradikalen Hintergrund. Die Ermittlungen sind noch nicht abeschlossen.

Quelle: MDR THÜRINGEN/maf,dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 02. August 2020 | 15:00 Uhr

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