Kultur Grell und laut: Künstler Marc Jung stellt in Erfurter Defensionskaserne aus

01. Dezember 2023, 10:47 Uhr

Dass seine Bilder bei manchen Leuten so gut ankommen, verwundert ihn manchmal selbst. Doch Marc Jung nutzt die Chancen, die sich ihm seit einigen Jahren immer wieder auftun. Nun zeigt er aktuelle Werke auf dem Petersberg in Erfurt. Eine Werbetafel der besonderen Art weist den Weg.

"Kunst darf aggressiv sein", sagt Marc Jung. "Aggressiv im sportlichen Sinn." Sein lautes Lachen schallt durch die noch leeren Räume der Defensionskaserne auf dem Erfurter Petersberg. Noch warten seine Bilder darauf, von den durchsichtigen Verpackungen befreit zu werden. Doch die grellen Farben wirken so angriffslustig, als wollten sie die Schutzfolie am liebsten schon jetzt von innen zerfetzen.

Für eine große Solo-Ausstellung in seiner Heimatstadt hat Marc Jung sein Atelier geplündert - und im Grunde alles auf den Petersberg gefahren, was er in den vergangenen Jahren erschaffen hat. Und was noch nicht verkauft wurde. Denn seine Bilder, so wissen hiesige Kuratoren, schmücken seit geraumer Zeit die Räume von Galeristen, Kunstfreundinnen und Sammlern rund um den Globus.

Eines seiner Werke zählt zur Kunstsammlung des Deutschen Bundestags, an einem weiteren wurde kürzlich Interesse bekundet. Andere gehören Musikern wie Clueso und Rammstein-Sänger Lindemann. Auch die Managerin von Guns n' Roses-Frontmann Axl Rose erwarb eines seiner Bilder. "Wahrscheinlich hängt es jetzt irgendwo in Malibu in Kalifornien", vermutet Jung und kann das alles manchmal gar nicht glauben. "Ich hätte ja nie gedacht, dass so viele Leute meine Sachen gut finden würden."

Ernsthafte Gedanken an den internationalen Kunstmarkt und Kontakte ins Showbusiness hatte er sich zumindest als junger Erwachsener noch nicht gemacht. Da war er als Profi-Ringer für Erfurt in der zweiten Bundesliga unterwegs und verbrachte die Freizeit mit Basketball, Musik und Sprühdosen, bevor er seine Leidenschaft mit einem Kunststudium in Weimar und Wien in professionelle Bahnen lenkte.

Dubai-Erinnerungen im Schneegestöber

Nun, kurz vor Ausstellungseröffnung am 2. Dezember, steht er abends im Thüringer Schneegestöber auf dem Petersberg und atmet durch. Eingehüllt in eine knallrot glänzende Pufferjacke, springen seine Gedanken und Worte von ersten Ausstellungen in Erfurt zu ausgelassenen Hotelpartys in Dubai, vom Händeschütteln mit dem Bundeskanzler zu Begegnungen mit Hip-Hop-Stars.

Ähnlich energiegeladen wie der Künstler kommen viele seiner Werke daher. Wenn er im Atelier zu Kohlestiften, Sprühdosen, Acryl-, und Ölfarben greift, wummert die Musik oft laut. Und ebenso laut scheinen manche Ergebnisse später von der Leinwand zu schreien, zu leiden und herauszufordern. Seine Graffiti-Wurzeln zeigt der 38-Jährige in fast jedem der mal abstrakten, oft figurativen Bilder.

Verarbeitet wird alles, was beschäftigt. Was aus Internet und Fernseher dringt. Ja, seine Kunst sei auch politisch, sagt Jung. Dies aber selten vordergründig. Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, die Kraft von Worten und Bildern - all das fließt irgendwie mit ein, stößt Gedanken an und konfrontiert mit manchen Sorgen der Gegenwart.

TA-Schriftzug umgestaltet

Wer sich darauf einlassen möchte, findet die Ausstellung auf dem weitläufigen Petersberg recht leicht. Denn vor dem Eingang der Defensionskaserne leuchtet ein Schriftzug, der viele Jahre fester Teil des Stadtbilds war: eine Werbetafel der "Thüringer Allgemeine, die bis zum Umbau des früheren Zeitungshochhauses am Juri-Gagarin-Ring auf dessen Dach leuchtete.

Marc Jung besprühte die defekten Neonröhren des Schriftzugs mit fluoreszierenden Farben. Vor allem im Dunkeln - angestrahlt mit Schwarzlicht - weisen sie nun wieder von weitem den Weg.

"Klasse, dass hier oben inzwischen mehr los ist", sagt Jung und meint damit zum einen die parallel laufende Ausstellung "On a Night Trip" in einem anderen Teil der riesigen Defensionskaserne - und zum anderen das Engagement des Erfurter Investors Frank Sonnabend. Dieser kaufte das Gebäude mit seinen 9.000 Quadratmeter Nutzfläche vor gut zwei Jahren von der Landesentwicklungsgesellschaft und gestaltet es nach und nach mit seinen Partnern um.

Träume von amerikanischen Großstädten am Ozean

Nun zieht Jungs Kunst für einen Monat in einen Teil des 170 Meter langen Gebäudes. Die Vorfreude auf die Vernissage ist groß, auch wenn die Gedanken bereits weiter wandern.

Welche Wünsche hat der Erfurter Künstler bei all den Erfolgen der vergangenen Jahre? "Ich würde gerne Bilder in Los Angeles oder Miami zeigen - das würde ebenfalls gut zusammenpassen", sagt er recht zuversichtlich, um kurz darauf zu lachen. Denn zum Träumen ist keine Zeit. Er zeigt vom Petersberg hinunter Richtung Stadt: "Ich muss jetzt los, zum Fußballspielen mit den Jungs."

Die Ausstellung "Ballast der Republik" wird Samstag, 2. Dezember, 19 Uhr, von Marc Jung und TA-Chefredakteur Jan Hollitzer eröffnet. Auch mit dabei: DJ Beathova und DJ Showifact. Abgesehen von den Feiertagen ist die Ausstellung bis zum 31. Dezember 2023 geöffnet: Mi und Do, 14 bis 18 Uhr, Fr und Sa, 16 bis 20 Uhr, So 14 bis 18 Uhr.

MDR (mm)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | SERVICESTUNDE | 01. Dezember 2023 | 11:00 Uhr

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