Der Redakteur | 31.05.2024 Müller und Kane in Blankenhain - was bringt das für Thüringen?
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31. Mai 2024, 19:11 Uhr
Für eine Woche war Blankenhain der Mittelpunkt der deutschen Fußball-Welt. Für die Gastgeber gab es eine 1+ und Thüringen stand gleich mit im Schaufenster. Aber lohnt sich der Aufwand?
Thüringen hat viel investiert in seinen neuen Leuchtturm, Blankenhain. Dabei müssen wir aber zwei Dinge trennen. Das eine ist das Ressort mit einem neuen Sportplatz. Dort hat der Betreiber investiert, weil er einen Markt sieht für solche Trainingslager. Das andere sind öffentliche Investitionen in die Infrastruktur. Das schiebt man natürlich nicht im luftleeren Raum an, hier hat es im Vorfeld sehr viele Kontakte und letztlich Vereinbarungen gegeben, auch mit dem DFB und dem Freistaat.
Die Aufenthalte der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft und von Englands EM-Team sollen deshalb auch nur der Anfang sein. Ein richtig guter natürlich und das scheint gelungen. Um die 1.000 Leute, die sich im Regen für ein Foto oder Autogramm anstellen, zeigen zudem, dass die Idee auch in der Bevölkerung angekommen ist.
Ich wollte, dass der DFB uns mit den Worten verlässt, wir wären gern noch länger geblieben. Und ich denke, das ist uns gelungen. Wir haben einen guten Eindruck hinterlassen. Alle Thüringer, die sie getroffen haben, haben das getan.
Der Geschäftsführer der Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen (LEG) Andreas Krey legt zudem auch großen Wert auf die Feststellung, dass die aus Steuermitteln investierten 1,5 Millionen in den Schlossvorplatz in Blankenhain und in den Platz des örtlichen Fußballvereins geflossen sind. Davon profitieren einerseits Blankenhain und der regionale Tourismus, andererseits aber auch der Thüringer Breitensport, also die Mannschaften, die hier künftig spielen werden.
Das Ganze wird noch mit einer Marketingkampagne flankiert, hier hat das Thüringer Wirtschaftsministerium noch einmal 300.000 Euro in die Hand genommen, zum Beispiel für Werbebanner im Internet. Streng genommen fließt ausschließlich dieses Geld tatsächlich aus Thüringen ab, der Rest bleibt zur Verschönerung hier, so ähnlich wie nach einer Bundesgartenschau.
Wie wurde für Thüringen geworben?
Eine solche Woche ist marketingtechnisch ein Elfmeter ohne Torwart. Wer diese Chance nicht nutzt, sollte den Job wechseln. So viele Plakate kann man deutschlandweit oder englandweit gar nicht kleben, so viele TV-Spots kann man gar nicht buchen, um diese Reichweite zu erreichen. Im Ergebnis profitiert der Tourismus und bestenfalls profitiert auch der Wirtschaftsstandort. Denn wer nicht wahrgenommen wird, kann auch nicht gefunden werden, auch nicht als Wirtschaftsstandort. Nicht umsonst ist Sport ein riesiger Werbemarkt. Deshalb waren beim öffentlichen Training nicht nur 15.000 Fans im Stadion, sondern es gab parallel eine Veranstaltung für über 200 Vertreter der Thüringer Weltmarktführer.
Das geht in die Kanäle der Wirtschaft hinein. Das ist eine Schneeballgeschichte, die nach außen wirkt.
Die LEG wird die Wirkung auswerten lassen. Als Vergleichswert gilt zum Beispiel Südtirol, also das "Blankenhain der WM 2014" für unsere Fußballer. Der Marketing-Wert lag dort bei zehn Millionen Euro, teilt Andreas Krey mit. Bedeutet: So viel hätte man investieren müssen in TV-Spots oder andere Kampagnen, um die gleiche Werbewirksamkeit zu haben. Dagegen wirkten unsere investierten 1,8 Millionen geradezu bescheiden. Und der Großteil ist ja eben sogar noch da. Das freut besonders die Blankenhainer und ihren Bürgermeister. Der will den Schwung nutzen und den neuen Leuchtturm gleich noch schicker machen.
Die Strahlkraft von Blankenhain ist medial gesehen überwältigend. Wir hoffen natürlich, dass das so lange wie möglich nachhallt und auch bei den Entscheidungsträgern, Stichwort Fördermittelvergabe, künftig eine Rolle spielt.
Wie haben wir unsere Nationalspieler für uns eingespannt?
Es ist nicht so, dass Thüringen einen Influencer unter Vertrag genommen hätte. Aber mit ein bisschen Mühe und Liebe zum Detail, guter Betreuung, guten Trainingsbedingungen, freundlichen bis sogar begeisterten Menschen und einer schönen Landschaft, verleitet man eben auch gestandene Profis dazu, ihren Millionen Followern weltweit Thüringen zu zeigen.
Wir holen so Menschen ab, die sonst nie auf Thüringen gestoßen wären und das ist der Gewinn, den ich sehe.
Wir dürfen auch nicht vergessen, wir stehen im Wettbewerb der Regionen in Deutschland und Europa. Schöne Ausblicke haben alle, da muss ein bisschen mehr kommen. Und Fußball ist ein Magnet, ob der auch nachhaltig anzieht, sehen wir bestenfalls an den Buchungszahlen der Hotels.
Die Bustouren für die Weltpresse
Nun waren während des Trainingslagers der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft insbesondere deutsche Journalisten in Thüringen. Zweihundert Medienvertreter, die von ihren Redaktionen auch immer den Auftrag haben, etwas über Land und Leute zu berichten. Das weiß man und kann man steuern.
Deshalb ist man gut beraten, das Interesse dorthin zu lenken, wo man etwas zu zeigen hat. Das geht praktischerweise mit dem Bus. So wurden und werden bei solchen Ereignissen für die Journalisten Bustouren angeboten, zuletzt nach Weimar, Erfurt, Jena oder Bad Sulza. Das kann man kritisch sehen (Warum werden sie so hofiert?), aber das sind schlicht Multiplikatoren und auch hier ist viel Psychologie im Spiel.
Diese Chance wurde auch vom Landkreis selbst genutzt und man sei mehr als zufrieden, sagt Franziska Thomas, zuständig für Tourismus im Weimarer Land. "Wir waren in aller Munde", sagt sie und will jetzt auch noch die Engländer von der Schönheit der Region überzeugen.
Wir haben uns super präsentiert - auch vor den Journalisten. Die Welt weiß nun, wo das Weimarer Land ist.
Wie fließt nun Geld nach Thüringen zurück?
Es gibt drei Ebenen. Die erste Ebene ist die direkte. Zwar wohnen die Teams natürlich im Ressort und bezahlen dafür an den Betreiber, aber drum herum sind Hotels und Pensionen gut ausgelastet. Es kommen Fans, es kommen hunderte Journalisten, Kamerateams und alle essen, trinken, tanken, kaufen ein, machen Ausflüge. Das sind direkte Einnahmen.
Die zweite Ebene ist Thüringen als Touristik-Land. Hier spielen die vielen Multiplikatoren wie Journalisten, Spieler und die Berichterstattung eine entscheidende Rolle. Die dritte Ebene ist die positive Wirkung für Investitionen. Ganz banal: Wirtschaftsentscheider sind Golfspieler, es ist also nicht die schlechteste Idee, in diese Zielgruppe zu investieren. Für Privatflugzeuge ist der Flughafen Erfurt perfekt gelegen und dass in Blankenhain nun auch ein Hubschrauber landen kann, ist auch kein Standortnachteil. Und Sport ist Emotion, Sport weckt Interesse.
Auch im Geschäft ist es so: 50 Prozent ist Psychologie. Ein Standort, der mit Leistungssport werben kann, steht besser da als einer, der das nicht hat.
Deswegen sind auch Oberhof oder der Rennsteiglauf wichtige sportliche Schaufenster für Thüringen.
Welche Rolle spielen die Leuchttürme?
Es sei ganz wichtig, sich beim nationalen und internationalen Marketing auf wenige Leuchttürme zu konzentrieren und nicht etwa die Vielfalt darzustellen, sagt Christoph Gösel, seit Januar 2023 neuer Geschäftsführer der Thüringer Tourismus GmbH. Salopp gesagt: Kaum jemand kommt nach Thüringen, um sich alleine die Altstadt von Schmalkalden oder das Schloss in Altenburg anzuschauen. Aber der Weg zu einem Leuchtturm kann über solche kleinen Orte führen und das wird auch gezielt gestreut.
Der Leuchtturm führt dazu, dass die Schiffe in den Hafen finden und dort kann man andere Angebote machen.
Wer sich also für Luther in Eisenach interessiert, wird eben gezielt darauf gebracht, dass es auf Schloss Friedenstein eine Luther-Bibel gibt. Wir haben eine der höchsten Dichten an Burgen und Schlössern weltweit auf einem so kleinen Raum - rund 400. Nicht alle sind erhalten, viele nur als Ruinen oder Fragmente, aber sie haben eine Geschichte, die ab Juni in einer neuen Thüringer Marketing-Kampagne erzählt werden soll.
Passend dazu gibt es eine Ausstellung auf der Wartburg, der Leuchtturm-Burg in Thüringen. Und wenn dann die Engländer kommen, dann sollten wir den nächsten Leuchtturm putzen und auf allen Kanälen spiegeln: Eigentlich stammt ihr doch allesamt aus Gotha!
MDR (jn)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 31. Mai 2024 | 16:40 Uhr