Energie Zukunft der Thüringer Fernwärme liegt in Erde, Luft und Wasser

17. November 2023, 05:00 Uhr

In der Thüringer Fernwärmebranche hat ein grundlegender Umbau begonnen. Immer mehr geht es weg vom Gas hin zu erneuerbaren Energiequellen. Doch der Umbau ist teuer - und die Zeit drängt.

Die Spannbreite der Preise bei der Fernwärme ist aktuell noch ziemlich groß. Hat der jeweilige Versorger, also in der Regel die Stadtwerke der Region oder die Teag, das Gas für die Fernwärme zu einem günstigen Zeitpunkt gekauft, profitieren Verbraucher. Ist das nicht gelungen, kann es teuer werden. Zwar greift diesen Winter noch eine Preisbremse von 9,5 Cent pro Kilowattstunde. Doch die gilt nur bis 80 Prozent des früheren Verbrauchs.

Eine Erhebung der Verbraucherzentrale ergab innerhalb Thüringens Arbeitspreise zwischen knapp acht und fast 25 Cent. Wobei einige Anbieter zuletzt Preissenkungen angekündigt haben. Man rechne "mit einer deutlichen Preisreduzierung", schreiben etwa die Stadtwerke Jena auf Anfrage. Wie groß die genau ausfalle, das sei aber erst im Dezember klar. In Erfurt hatten die Stadtwerke ihre Preise zuletzt von September auf Oktober gesenkt.

Umbau in der Fernwärmebranche

Wie es langfristig aussieht, da ist die Lage allerdings ungewiss, denn die Fernwärmebranche hat einen grundlegenden Umbau begonnen. Immer mehr weg vom Gas und hin zu erneuerbaren Energiequellen. Aufgrund eines Landesgesetzes hatten sich die Kommunen hier früher Gedanken dazu machen müssen als andere.

Und so gibt es in Jena Pläne, Wärme aus der Saale zu gewinnen. Derzeit kommt die Fernwärme zu 98 Prozent aus Gas. Bis 2040 soll die Hälfte der Wärme mit Hilfe von grünem Strom aus der Saale gewonnen werden, mittels Wärmepumpe. Das und andere Umbauten der Wärmeerzeugung aber würden nach Angaben der Stadtwerke 260 Millionen Euro kosten.

Branche verweist auf hohe Kosten

Solche Dimensionen sind ohne Förderung allerdings kaum zu leisten. Das hört man auch vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Mario Müller, Geschäftsführer des Landesverbands Mitteldeutschland, sagte MDR THÜRINGEN vor der Fernwärmetagung auf Schloss Ettersburg am 16. und 17. November, aus dem laufenden Betrieb sei das nicht zu bezahlen. Bestehende Fördermöglichkeiten müssten eigentlich vervielfacht werden, um klimaneutral zu werden und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu beenden.

Im Kleinen gibt es bereits Veränderungen. Die Thüringer Wärme Service GmbH (TWS), eine Tochter der Teag, baut zum Beispiel für einen hohen einstelligen Millionenbetrag gerade die Wärmeerzeugung für eine Plattenbau-Siedlung in Weida um. Wo in der Vergangenheit in jedem Haus ein eigener Gaskessel lief, sollen ab Jahresbeginn Erd- und Luftwärme mit Hilfe von grünem Strom gewonnen werden.

Viele Systeme müssen in kurzer Zeit umgestellt werden

"Wir sparen mindestens 50 Prozent des vorangegangenen Gasbedarfs ein", sagt TWS-Geschäftsführer Rico Bolduan. Der Rest kommt aus einem Blockheizkraftwerk, also einem großen Schiffsdiesel. Der kann zudem auch noch Strom erzeugen. "Und wenn die Infrastruktur da ist, können wir bis zu einem Viertel Wasserstoff beimischen." Dann werde die Öko-Bilanz noch besser. Sollen die Klimaziele erreicht werden, braucht es viele solcher Projekte. "Das Problem dabei ist nicht, dass die zu komplex wären. Sondern an der Menge und dem zeitlichen Druck, den es gibt, das umzusetzen. Viele Systeme müssen in kurzer Zeit umgestellt werden", sagt er.

Dass am Mittwoch das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, 60 Milliarden Euro aus umgewidmeten Corona-Hilfen für den sogenannten Klima- und Transformationsfonds zu sperren, will er nicht überbewerten. Das Gericht hatte argumentiert, dass es gegen die Schuldenbremse im Grundgesetz verstoße, wenn die Mittel einfach umgewidmet werden. "Was wir in der Pipeline haben, ist da aber nicht gefährdet", sagt der TWS-Chef. Man müsse jetzt sehen, wie die Regierung reagiere. "Woher das Geld kommt, da müssen wir die nächsten Tage abwarten."

"Sparpotenziale für Mieter oft ausgeschöpft"

Im Frühjahr hatte die Branche vermeldet, sie rechne mit einer Verdoppelung der Preise gegenüber dem von 2020. Also bevor die Preise durch die russischen Lieferstopps explodiert waren. Balduan erwartet ebenfalls steigende Preise, aber sie sollten nicht oberhalb der normalen Inflation liegen, hofft er. Das hofft auch Frank Warnecke, Vorsitzender des Mieterbunds in Erfurt. Für ihn sind die Sparpotenziale für Mieter oft ausgeschöpft.

Viele hätten ihre Verbräuche reduziert, mehr sei kaum möglich. Und einfach den Anbieter wechseln, das geht bei der Fernwärme nicht. "Und die Preise sind leider oft nicht transparent." Immerhin, wenn irgendwann mehr und mehr Wärme über Wärmepumpen gewonnen wird - am besten mit lokal erzeugtem Strom - dann kann zumindest kein Anbieter mehr teures russisches Gas als Grund angeben, wenn die Fernwärme teurer wird.

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MDR (flog/sar)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 16. November 2023 | 19:00 Uhr

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